Das erste große Glück hat das neue Jahr Dirk Rieb bereits beschert: Vor wenigen Tagen brachte seine Frau Franziska die dritte gemeinsame Tochter zur Welt: Ida Dorothea. Doch der 43-Jährige erhofft sich von 2020 noch ein weiteres Geschenk: einen Sieg bei der Lohrer Bürgermeisterwahl am 15. März.
Rieb ist Kandidat der CSU und der Ansicht, dass sich im Rathaus einiges ändern sollte. "Wir müssen besser werden", lautet der Wahlslogan, mit dem Rieb gegen seine zwei Mitbewerber ins Rennen um den Chefsessel ins Rathaus zieht.
Für den gebürtigen Lohrer, der mit seiner Familie in Wombach wohnt, ist es nicht die erste Bürgermeisterkandidatur. 2011 war Rieb im rund 3500 Einwohner zählenden Wasserburg am Bodensee als externer Bewerber ebenfalls für die CSU ins Rennen gegangen. Er verlor nur hauchdünn.
Seit 2014 sitzt Rieb nun im Lohrer Stadtrat und ist Vorsitzender des Lohrer CSU-Ortsverbandes. Dass er nun erneut nach dem Bürgermeisteramt strebt, erklärt er so: "Mich reizt es, zu gestalten."
Allerdings unterscheide sich die jetzige Kandidatur doch sehr von der vor acht Jahren in Wasserburg. Den dortigen Bürgermeisterposten habe er »mehr als Job gesehen«, sagt Rieb. Er habe sich damals dafür beworben, weil der Chefsessel im Lohrer Rathaus »nicht frei war«.
Bürgermeister in Lohr zu sein, das wäre für ihn mehr als nur ein Job, sagt Rieb. Denn hier verbinde sich der Aspekt seiner beruflichen Qualifikation mit dem Faktor der Verwurzelung: "Hier kenne ich alle, hier bin ich daheim."
Vielfältige berufliche Laufbahn
Rieb sieht sich durch seine beruflich breitgefächerte Vorgeschichte gut qualifiziert für ein Bürgermeisteramt. Er kann eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei der Firma Paulisch und zum Krankenpfleger am Lohrer Bezirkskrankenhaus vorweisen. Beim Technischen Hilfswerk und im Rettungsdienst war Rieb als Ehrenamtlicher im Einsatz.
Zehn Jahre war er Hygieneinspektor am Gesundheitsamt des Landkreises, absolvierte einen Studiengang zum Personalmanagement in öffentlichen Einrichtungen. Seit einigen Jahren ist Rieb nun persönlicher Referent des ärztlichen Direktors des Bezirkskrankenhauses.
Er sei "in der Verwaltung groß geworden", habe Kontakte in alle Bereiche, sagt er mit Blick auf seine Laufbahn im öffentlichen Dienst. Von den Abläufen in der Lohrer Stadtverwaltung hat Rieb ein kritisches Bild: "Sie läuft nicht rund."
Das Klima im Rathaus sei nicht gut, was sich an einem hohen Krankenstand und einer zunehmenden Fluktuation zeige, sagt Rieb. Er wolle dies durch seinen "kooperativen Führungsstil" ändern, die Mitarbeiter mehr mitnehmen. Auch der Informationsfluss zum Stadtrat müsse besser werden: "Es passiert viel im stillen Kämmerlein, wir Stadträte kriegen vieles nur hintenrum mit", sagt Rieb. So habe man nur über Umwege erfahren, dass sich bei der Stadt Kaufinteressenten für das Postareal oder auch die Häuser am Kirchplatz gemeldet hätten.
Auch aus der Wirtschaft wenden sich laut Rieb immer wieder Akteure an die Stadträte mit der Klage, im Rathaus kein Gehör zu finden. "Mit der Wirtschaft wird zu wenig gesprochen", lautet seine Folgerung. Für ihn, so Rieb, wäre die Förderung von Wirtschaft und Handel eine "Kernaufgabe" im Bürgermeisteramt.
Er könne "nicht akzeptieren", dass bei der Schaffung neuer Gewerbeflächen beispielsweise zwischen Lohr und Sackenbach oder im Sandfeld nichts vorwärts gehe, sagt der Kandidat. Er habe den Eindruck, dass sich die Stadt hier immer wieder "selbst Steine in den Weg legt". Ein Bürgermeister dürfe "nicht nur Briefe schreiben", fordert Rieb speziell beim Sandfeld mehr Nachdruck. Ein CSU-Bürgermeister könne bei solchen Themen durch direkte Kontakte in Behörden und Ministerien eher etwas bewegen, glaubt Rieb.
Die Realisierung neuer Gewerbeflächen sei "für Lohr wichtiger als das Digitale Gründerzentrum". Für dieses und andere weniger wirkmächtige Projekte werde im Rathaus jedoch viel Personal gebunden, während sich bei wichtigen Themen nichts bewege.
Eines dieser Themen ist laut Rieb neues Bauland. Neben der Innenverdichtung müsse die Stadt auch neue Baugebiete in nennenswerter Größe anstreben, erhebt Rieb eine Forderung, die vom Gegenlager in der Stadtpolitik als unrealistisch eingestuft wird. Rieb indes sagt, als Bürgermeister alle Baugebiete, die schon mal im Gespräch waren, wieder aus der Schublade holen und prüfen lassen zu wollen. Beispielsweise das in Sackenbach an der Maria-Theresien-Straße – "aber nicht mehr als Ökosiedlung", so Rieb über die vor vielen Jahren begrabene Planung.
Auch bei vielen anderen Themen fordert Rieb mehr Zug im Rathaus, bei der Planung der Nachnutzung des derzeitigen Krankenhausareals ebenso wie beim Verkauf nicht benötigter städtischer Immobilien. "Es tut sich nichts", sagt Rieb mit Blick auf das Postareal oder das Fischerhaus. Wenn die Stadt die Vermarktung selbst nicht bewältigen könne, müsse sie eben einen Makler einschalten, fordert Rieb.
Während die Stadt durch den Verkauf von Immobilien Einnahmen erzielen solle, dürfe sie bei den Ausgaben keine neuen Fässer aufmachen. "Mit mir als Bürgermeister würde es eine Reaktivierung des Stadtbahnhofs daher nicht geben", sagt Rieb. Er wünsche sich eine Meinungsbildung der Stadtpolitik "näher am Bürger". Als Bürgermeister dürfe man "nicht nur aus dem Rathaus heraus" entscheiden. "Ich setze auf Dialog statt Monolog", sagt der Kandidat.
Vorwurf: zu still
Im Stadtrat fiel Rieb in den vergangenen Jahren gewiss nicht durch Monologe auf. Wortbeiträge von ihm waren generell eher eine Seltenheit. Auch in den jüngsten Haushaltsberatungen überließ der 43-Jährige das Reden weitgehend anderen in seiner Fraktion. Den Vorwurf, dass er zu still sei, kennt Rieb. Er sagt dazu: "Ja, andere reden mehr als ich." Auf einem anderen Blatt stehe, wer im Hintergrund die Sacharbeit mache. Ihm sei es noch nie darum gegangen, im Mittelpunkt zu stehen, sondern immer nur um die Sache. Rieb über sich: "Ich bin kein Selbstdarsteller, sondern Macher." Das habe er in all seinen Funktionen schon immer bewiesen. Rieb ist optimistisch, dass seine Art ankommt. Er sagt mit Blick auf die Wahl: "Es wird auf jeden Fall eng. Ich habe eigentlich ein gutes Gefühl."
Rieb spricht vom Rückenwind einer "wahnsinnig starken Stadtrats-Liste der CSU, der stärksten seit mehreren Wahlperioden". Er rechne daher damit, dass die Wahl größere Verschiebungen bei den Fraktionsstärken im Stadtrat bringe. Ziel der CSU sei es, ihre Sitze von derzeit sieben auf zehn zu erhöhen.
Eine solche Verschiebung bei den Machtverhältnissen, so hofft Rieb, könnte im Fall einer von ihm für nicht unwahrscheinlich gehaltenen Bürgermeisterstichwahl Auswirkungen auf deren Ausgang haben. Denn bei einem zweiten Urnengang könnten die Gruppierungen, die keinen Kandidaten (mehr) im Rennen haben, sich so eventuell für ihn als Bürgermeister aussprechen, so Rieb.