Der 1618 ausgebrochene 30-jährige Krieg verschonte das Main-und Spessartgebiet zunächst weitgehend, aber als 1631 der Schwedenkönig Gustav Adolf auf Seite der Protestanten eingriff, wurde die Lage nicht nur für den weltlichen Klerus zunehmend schwierig, sondern erst recht für die Jesuiten, die seit 1603 im Auftrag des Mainzer Kurfürsten den Lohrer Pfarrer bei der Rekatholisierung unterstützten. Zeitweilig war eine geordnete Seelsorge überhaupt in Frage gestellt.

Da sprangen die Kapuziner ein, die seit 1620 ein Kloster in Aschaffenburg unterhielten. Gut 20 Jahre lang legten sie im Spessart zu Fuß weite Wege zurück, um in den Orten Gottesdienst zu halten, die Sakramente zu spenden und Kranke und Sterbende zu besuchen. Einer der bekanntesten war Pater Martin von Cochem, ein berühmter Prediger und geistlicher Schriftsteller, dessen Bücher noch bis ins 19. Jahrhundert neu aufgelegt wurden. Von Marodeuren oder Räubern hatten sie nichts zu befürchten. Die wussten, dass bei den Bettelmönchen nichts zu holen war.

Zu den besonderen Förderern der Kapuziner gehörten der Lohrer Oberamtmann Ludwig von Kerpen und seine Frau, eine geborene von Kronberg. 1633 hatten sie in Lohr aus ihrem eigenen Vermögen in der Kleinen Kirchgasse (heute Kapuzinergasse) ein Häuschen gekauft, das sie nun den Mönchen als Unterkunft bei ihren Aufenthalten in Lohr zur Verfügung stellten. Eine feste Niederlassung war das aber nicht.
Als Begründer des Lohrer Kapuzinerklosterklosters gilt Pater Marcus aus St. Vith. Ab 1620 wurde er von Aschaffenburg aus eingesetzt, um die immer noch evangelischen Bewohner der mainzischen Dörfer im Spessart und im Sinngrund für den katholischen Glauben zurückzugewinnen. Seine wiederholten Gesuche um die Genehmigung zur Errichtung eines festen Klosters in Lohr schlug Kurfürst-Erzbischof Anselm Kasimir Wambold von Umstadt jedoch ab. Er glaubte wohl, die Kapuziner könnten sich in dem ausgeplünderten Lohr nicht halten. Andererseits hätten sich auch die Franziskaner von Gelnhausen gerne in Lohr niedergelassen.
Als der Kurfürst 1647 starb, wurde sein Nachfolger Johann Philipp von Schönborn, auch er ein besonderer Förderer der Kapuziner, der bereits seit 1642 Fürstbischof von Würzburg war. Er war 1648 maßgeblich am Zustandekommen des Westfälischen Friedens beteiligt, der den 30-jährigen Krieg beendete. Am 28. Juni 1649 stellte er die Stiftungsurkunde für das Kloster in Lohr mit vier oder fünf Patres nebst zwei Laienbrüdern aus und stellte dafür die alte Rienecker Burg neben der Stadtpfarrkirche zur Verfügung, die seit 1574 wohl weitgehend leer stand und zu verfallen drohte.
1650 wurde der Grundstein für das Kloster gelegt
Der "Dicke Turm", das Hauptgebäude der alten Burg, wurde mit viel Eigenarbeit und mit Hilfe von Spenden der Bürger so umgebaut, dass er im Erdgeschoss den Chor der neuen Klosterkirche aufnehmen konnte. In den oberen Stockwerken wurden das Refektorium (Speisesal) und der Zellentrakt für die Mönche eingerichtet. Daran schloss sich nach Westen hin das Kirchenschiff in Holzbauweise an. Die Grundsteinlegung fand am 15. März 1650 statt. Am 21. September 1652 vollzog der Würzburger Weihbischof Johann Melchior Söllner die Konsekration des Hochaltars; anschließend feierte der Kurfürst dort persönlich das erste Pontifikalamt.

Der damit geschaffene Zustand war aber nur eine Notlösung. Nun verfolgte man den Plan, an die Klosterkirche einen Trakt für den Konvent anzubauen. Das Gelände war schwierig. Nach Osten zum Main hin und nach Süden zum eng bebauten Fischerviertel fällt es steil ab und das Zentrum des Kirchenhügels beherrscht die Stadtpfarrkirche. Es blieb also nur die Lösung, den Klosterbau auf der Ostseite am Chor der Stadtpfarrkirche vorbeizuführen. Dazu überließ der Stadtrat den Kapuzinern den Zwinger, das Gelände am heutigen Seeweg, unterhalb der Stadtmauer bis zum Lohrtor zur Anlage eines Obstgartens. Heute steht dort der städtische Kindergarten.
Dechantpfarrer Bartholomäus Borrigs legte am 28. Mai 1664 im Auftrag des Kurfürsten den Grundstein. Den Bau leitete der Architekt der rheinischen Kapuzinerprovinz, Pater Matthias von Saarburg. Das Jahr des Baubeginns nennen die meterhohen Riegel der Schlaudern, die den Bau zusammenhalten: "A 1664 D." Am 11. September 1665 konnten die Patres und Brüder ihr neues Kloster beziehen.
Nun drängte die Leitung der Provinz zum Neubau einer geräumigen Kirche. Im Januar 1692 wurde mit der Abtragung des "Dicken Turms" begonnen, dessen Steine das Material für den Neubau lieferten. Im März 1692 legte der Oberamtmann Wolfgang Theodor von Truchseß den Grundstein der neuen Kirche. Der Rohbau war in einem halben Jahr vollendet und schon am 24. August desselben Jahres wurde die Kirche von dem Mainzer Weihbischof Johannes Stark konsekriert.
Schlichte Ausstattung der Kapuzinerkirche
Die Ausstattung der Kapuzinerkirche wurde im Lauf der Jahrhunderte mehrfach verändert, zuletzt 1955. Sie blieb aber stets schlicht, wie es die Ordensregel vorschreibt, und neben dem benachbarten mächtigen Kirchturm von St. Michael nimmt sich der kleine Dachreiter der Klosterkirche mehr als bescheiden aus. Das erste Glöckchen zersprang im März 1888 beim Trauergeläut für Kaiser Wilhelm I.
Lohr, das erst 1814 zu Bayern kam, blieb zwar von den schlimmsten Auswüchsen der Säkularisation zunächst verschont. Der Lohrer Konvent zählte 1816 noch acht Patres und drei Brüder, aber das Kloster war zum Aussterben bestimmt und durfte keinen Nachwuchs mehr aufnehmen. Die älteren Mönche brachen bald unter der Mehrbelastung zusammen und 1820 wohnte in Lohr noch ein einziger Pater und ein Bruder, die schließlich gegen ihren Willen nach Aschaffenburg versetzt wurden. Eingaben der Stadt wurden vom zuständigen Ministerium in München brüsk abgewiesen, das Inventar des Klosters versteigert, die leer stehenden Gebäude regelrecht geplündert.
Zwar erreichten die Lohrer, dass 1822 wieder zwei Patres und ein Bruder nach Lohr kamen, aber der Superior (Obere) starb noch im selben Jahr. Nach mehreren kurzfristigen personellen Zwischenlösungen kam unter König Ludwig I. die Wende: Auf königlichen Befehl wurde 1836 die fränkische Kapuzinerprovinz mit der bayerischen zusammengelegt und es durften wieder Novizen aufgenommen werden. Der neue Superior, Pater Kaspar Vogel, brachte in das völlig verwüstete Lohrer Kloster einen Teil des Inventars aus dem aufgelösten Ochsenfurter Kloster mit. Damit war für über 100 Jahre der Weiterbestand gesichert.
Die Kapuziner vertraten erkrankte Geistliche in den Filialgemeinden und Nachbarpfarreien. Sie waren geistliche Begleiter katholischer Vereine, hielten Religionsunterricht, besuchten Kranke und Gebrechliche zu Hause, hielten Gottesdienste im Krankenhaus und in den beiden Lungenheilstätten und waren vor allem als Beichtväter sehr beliebt.
Der Nachwuchs fehlte
In den 1950er und 1960er Jahren machte sich aber allmählich der fehlende Nachwuchs im Orden schmerzlich bemerkbar. Um 1970 verließ der letzte Kapuzinerpater das Lohrer Kloster. Die Gebäude wurden von der Pfarrei St. Michael übernommen. Der Konventbau in "Bruder-Konrad-Haus" zu Ehren des beliebten Kapuziner-Heiligen Konrad von Parzham unbenannt, beherbergt das Diözesanbüro Main-Spessart und Gruppenräume für die Kolpingfamilie, die KAB und die Kantorei St. Michael sowie Räume für Beratungsstunden verschiedener Institutionen.

In der Kapuzinerkirche bot sich für die Figuren der Lohrer Karfreitagsprozession das Jahr über eine würdige Aufbewahrungsstätte. Zweimal diente die Kapuzinerkirche auch bei Renovierungen in St. Michael als Ausweichkirche. Einige Jahre lang hielten die Kapuzinerpatres aus dem benachbarten Wallfahrtsort Mariabuchen hier noch Gottesdienste, bis der Nachwuchsmangel den Orden zwang, auch dieses Kloster aufzugeben.
Zum Autor: Karl Anderlohr war viele Jahre Redakteur der Lohrer Zeitung und der Main-Post und Vorsitzender des Geschichts- und Museumsvereins Lohr.
Literatur: Friedrich Martin: „Geschichte des Kapuzinerklosters Lohr am Main (Lohr 1949); Josef Schott: „Aus der Geschichte des Landkreises Lohr (Lohr um 1960).