Karlstadt war zwei Tage lang Mittelpunkt für Bau- und Hausforscher aus ganz Bayern. Etwa 70 Fachleute aus der Denkmalpflege, von den Lehrstühlen Bauforschung aus Bamberg und München, Vertreter aus Museen, vor allem aus Freilandmuseen und freiberufliche Bauforscher suchten den Erfahrungsaustausch bei dieser zweitägigen Jahrestagung des Arbeitskreises für Hausforschung.
Im Rathaussaal befassten sie sich mit Themen wie "Dorfkirchen im Landkreis Fürth" oder "Obrigkeitliche Einflussnahme auf das Bauwesen in Bamberg im 19. Jahrhundert", aber auch einen Vormittag lang mit spezifisch Karlstadter Themen. Exkursionen führten in Karlstadt in die Hohe Kemenate, zur Baustelle Hauptstraße 9 (neben Stadtgeschichtemuseum), ins Gebäude der Polizei und die Kirche St. Andreas. Zudem gab es einen Stadtrundgang.
Anfängliche Ablehnung
Bei den Referaten zu Karlstadt erklärte Kreisheimatpfleger Georg Büttner den Teilnehmern den Aufbau der Stadt, die um 1200 am Reißbrett als Verteidigungsstadt für Würzburg geplant wurde. Aus dieser Zeit rührt die bis heute unveränderte Anordnung der Gassen und Plätze. Das Rathaus, in dem die Tagung stattfand, wurde erst rund 200 Jahre später gebaut.
Architekt Alfred Wiener erinnerte an den Beginn der Altstadtsanierung 1977. Damals gab es oft heftige Konflikte zwischen Bauherren, die die "hässlichen Gebäude" abreißen wollten, und dem Denkmalschutz. Etwa zehn Jahre später sei das Baudenkmal Fischergasse 4 (Bauherren Susanne und Axel von Erffa) richtungsweisend für das Vorgehen bei anderen Sanierungen gewesen – von den Voruntersuchungen bis zur Fertigstellung.
Neben vielen anderen Objekten ging er näher auf die Sanierung der Hohen Kemenate ein, die mit Befunduntersuchungen vom Sturm Wiebke 1990 bis zur Einweihung im Jahr 2000 dauerte. Das Gebäude stammt aus der Gründerzeit der Stadt um 1200. Als es errichtet wurde, gab es die Stadtmauer noch nicht. Wiener spricht gerne von der "Baubude Karlstadts". Besonderheiten sind die Bohlenbalkenstube im zweiten Obergeschoss mit originalem Fußboden und die Eckquader mit romanischen Köpfen.
Sensationelles Gebäude
Zum Gebäude Hauptstraße 23/25 sagte er: „Das ist vielleicht die letzte große Sensation denkmalgeschützter Häuser in Karlstadt.“ Hier könnte sich eine bischöflich-ministerielle Pfeilschmiede befunden haben. Auf der einen Seite des früheren Englinski-Schaufensters ist St. Georg dargestellt. Die andere Figur dürfte ein Harnischschmied sein, der selbst einen Harnisch und einen Helm trägt. Eine zerbrochene Scherbe eines Kachelofens aus diesem Haus zeigt Figuren mit Schwertern. Genau dieselben Scherben seien bei einem gut erhaltenen Ofen in Ochsenfurt zu sehen.
Restaurator Edgar Hartmann, der seit 32 Jahren in verschiedenen Gebäuden Karlstadts tätig ist, erklärte, dass diese Hauptstraße 23/25 bei der Erbauung zunächst ein einziges Gebäude war. Rund 40 Jahre später sei es geteilt worden. Dabei seien beispielsweise die Wände des Mittelflurs ausgebaut worden. In der Mitte wurde die Trennwand der beiden Hausteile eingefügt. Der mächtige Rauchfang im ersten Obergeschoss deute drauf hin, dass sich hier tatsächlich eine Schmiede befunden haben könnte.
Heute würde man anders vorgehen
Hartmann demonstrierte, wie im Laufe der Zeit zunächst farblich einfach gehaltene Gefache zwischen den Fachwerkbalken immer aufwendiger ausgemalt wurden und dabei unterschiedliche Arten von Begleitstrichen erhielten. Das Gasthaus „Zur Rose“ am Marktplatz hat seinen Namen von einer aufgemalten Rose an einer Bohlenbalkendecke. „Was unter dieser Rose gesprochen wird, soll nicht nach außen dringen.“ Dieser Satz von Hans Sachs umgibt diese Rose. Bei der Sanierung des Hauses wurde die Rose rekonstruiert. "So würde man heute nicht mehr vorgehen", erläuterte Hartmann. Heute konserviert man solche Funde in der Regel unverändert.
Dass Karlstadt nach Würzburg die bedeutendste Stadt des Bistums war, betonte Architektin Silja Wiener. Und das Gebäude Hauptstraße 9/11 diente als Zufluchtsort für den Bischof, etwa im Pestjahr 1563. Auf diesem Areal stand ab 1376 ein festungsartiges Gebäude mit zahlreichen bauhistorischen Besonderheiten. Der kemenatenartige, zweigeschossige Steinbau an der Hauptstraße war durch eine massive Bruchsteinwand mit dem rückwärtigen, turmartigen Steinbau verbunden. Mit dieser Steinwand war der Innenhof wehrhaft zur Brunnengasse hin abgeschlossen.
Vorne ist im zweiten Obergeschoss als Besonderheit ein großer Saal, dessen Decke am Dachstuhl aufgehängt ist. Nach dem Entfernen des Putzes sind kleeblattartige Maßwerkfenster aus der Erbauungszeit zum Vorschein gekommen. Weitere Spezialitäten sind die zur Brunnengasse hin auskragende Fachwerküberbauung aus dem 16. Jahrhundert sowie die Malereien, Blumenrosetten und Inschriften in den dortigen Innenräumen.