Das Modehaus Koch feiert seinen 150. Geburtstag. Inhaber und Geschäftsführer Martin Krause und seine Frau Sabine wollen dieses einzigartig runde Jubiläum mit ihren Kunden feiern – bis diesen Samstag mit Jubiläumstörtchen und am Samstag, 22. September, ab 14.30 Uhr mit dem Main-Top-Finale mit Modenschau am Marktplatz. Bis 20 Uhr ist dann „After-Show-Shopping-Party“ bei Koch mit Live-Musik von den „Drei Franken mit dem Kontrabass“.
Nicht nur 150 Jahre sind in unserer schnelllebigen Zeit und globalisierten Welt eine außergewöhnliche Zahl, bemerkenswert sind auch die Geschichte des Hauses und die Biografien der Koch-Mitglieder. Die Familie hat nicht nur weitsichtige Unternehmer hervorgebracht, sondern auch zwei Männer der Kirche, die in hohen Ämtern in Schweden dienten.
Johann Matthäus (J. M.) Koch legte am 23. September 1862 den Grundstein mit einer Stoffhandlung in der Alten Bahnhofstraße 7. Er war am 27. Februar 1832 in Wasserlosen geboren worden und kam als Lehrbub 1848 nach Karlstadt in die Eisenwarenhandlung von Bürgermeister Peter Kohlmann in die Hauptstraße 36 (später Conrad Söfjer, heute Sparkasse). Koch heiratete 1862 die Tochter Dorothea Kohlmann. Sie hatten elf Kinder. Der erst 62-jährige Firmengründer Johann Matthäus Koch starb am 9. März 1893.
Zweite Generation
Seine Witwe Dorothea führte den Stoffhandel, bis Sohn Peter Albin, genannt Albin, ihn 1905 übernahm. Er erweiterte sein Geschäft 1908 mit dem Kauf des Hauses Kirchplatz 123 durchgehend bis zur Alten-Bahnhofstraße. Peter Albin Koch heiratete Elisabeta Wittich 1908 in Schlesien. Das Ehepaar Koch umschiffte geschickt alle Klippen, verursacht vom Ersten Weltkrieg mit Kochs Militärdienst, und die anschließende Inflation ab 1923.
Koch gliederte seinem Betrieb noch vor dem Ersten Weltkrieg ein lizensiertes Hapag-Lloyd-Reisebüro an, führte die Geschäftsstelle der Bayerischen Vereinsbank und war Vertreter der Hamburg-Amerika-Linie mit einem Fahrkartenverkauf für Reisen nach Übersee. Seine Brüder Urban und Josef Severin kauften bei ihm 1902 die Schiffspassagen in die USA. In Chicago eröffnete Severin das Hotel Koch, sein Bruder Urban arbeitete als Koch.
Peter Albin und Elisabeta Koch hatten acht Kinder: Albin, Wilhelm, Richard, Johannes und Bernhard, Elisabeth-Charlotte, Maria und Margareta. Der Älteste, Albin, wurde am 18. Dezember 1910 geboren. 1934 trat er als Geschäftsführer in den elterlichen Einzelhandel ein, den er 1950 mit seiner Frau Maria-Anna aus der Konditorei Lang in der Alten Bahnhofstraße 17 übernahm.
Witwe führt Geschäft
Am 19. März 1943 starb Peter Albin Koch. Seine Witwe Elisabeta, unterstützt von ihren Kindern Margareta und Maria sowie Richard als Geschäftsführer, führte den Betrieb weiter, bis Albin aus der Kriegsgefangenschaft kam. Wegen unterschiedlicher Geschäftsauffassungen trennten sich die beiden Brüder.
Albin übernahm 1950 das Textilhaus. Im selben Jahr modernisierte er die Schaufensterfront und vergrößerte das Geschäft in der Alten Bahnhofstraße auf 150 Quadratmeter. Während der Umbaumaßnahmen wurde kurzerhand der Verkauf ins benachbarte Gasthaus „Würzburger Hof“ der Familie Schimmer verlegt. 1952 rissen Albin und Mariechen Koch das Anwesen am Kirchplatz teilweise ab und bauten es um. Als Albin Koch 1959 beschloss, ein neues, großes Modehaus zu bauen, war der Kirchplatz eine Großbaustelle. Die Stadtpfarrkirche St. Andreas war nämlich eingerüstet, weil sie einen neuen Anstrich bekam.
Koch riss das gegenüber der Kirche liegende, von Ernst Stichler dazugekaufte Haus Kirchplatz 124 (später Hausnummer 5 und 6) ab, integrierte das Haus Alte Bahnhofstraße 7 und baute in nur sechs Monaten eine Einheit aus zuvor drei Komplexen: das dreigeschossige Textilhaus J. M. Koch mit Eingang am Kirchplatz und einer 23 Meter langen gläsernen Schaufensterfront. Auf 400 Quadratmetern in zwei Stockwerken boten zwölf Mitarbeiter Oberbekleidung für Damen, Herren und Kinder sowie Gardinen, Stoffe und Kurzwaren an.
Am 25. November 1959 war feierliche Eröffnung. Bürgermeister Christian Krapf nannte das Textilhaus ein Juwel der Kreisstadt.
1973 verlegte Albin Koch den Unternehmenssitz an den Marktplatz. Ein Jahr zuvor hatte er das Eckgebäude an der Hauptstraße 38/40, das frühere Bekleidungshaus Keller, ersteigert. Mitbieter war Landrat Erwin Ammann, der das Landratsamt erweitern wollte. Koch riss die Gebäude ab und ließ ein Eckhaus erstellen mit einer langen Schaufensterfront an Marktplatz und Hauptstraße. Mit einem Volksfest auf dem Marktplatz feierten Familie und Mitarbeiter am 5. September 1973 die Eröffnung des Neubaus mit der 1000-Quadratmeter großen Verkaufsfläche auf drei Stockwerken sowie das 111-jährige Bestehen des Textilhauses Koch.
Unter Johann Matthäus Koch und seinem Sohn Peter Albin wurden noch überwiegend Stoffe, Baumwolle, Wolle und Naturseide verkauft. Die Frauen stickten, strickten und nähten selbst zu Hause. Anleitung gab noch in den 60er Jahren das Koch'sche Kundenmagazin mit Schnittmustern. 1959 warb Albin Koch in seinem Haus am Kirchplatz schon mit Oberbekleidung, Strickwaren, Stoffen, Gardinen, Aussteuerwaren, Betten, Trikotagen, Unterwäsche und Berufskleidung.
Trennung vom Bruder
Richard Koch hatte nach Kriegsende von seinem Bruder Albin die Verkaufsstelle für Schiffspassagen in der Alten Bahnhofstraße 17 übernommen. 1962 baute Richard ein Geschäftshaus in der Alten Bahnhofstraße 24. Er hatte mit seinem Bruder eine strikte Sortimentstrennung vereinbart. Er verkaufte Wolle, Garne und Strumpfwaren, Teppiche, Linoleum und Stragula, und er leitete das eigene ABR-Reisebüro. Am 3. November 1986 starb Richard Koch, erst 68 Jahre alt.
Albin Koch führte das Modehaus mit seinen Töchtern Waltraud und Marianne. Waltrauds Mann Armin Rudolph trat 1978 in den Betrieb ein. 1980 wurde die Einzelfirma J. M. Koch in Modehaus Koch GmbH umfirmiert. 1985 zog sich Albin Koch aus der Geschäftsführung zurück. Er starb am 4. Juni 1997.
1990 modernisierte das Ehepaar Rudolph das Kaufhaus. Schwere Betonleisten über den Schaufenstern wurden abgenommen, dafür Glaserker vorgesetzt. Der Eckeingang mit der kleinen Passage wurde von zwei Eingängen an Marktplatz und Hauptstraße ersetzt. Seit der Erkrankung seiner Frau Waltraud Mitte der 1990er Jahre leitete Armin Rudolph als geschäftsführender Gesellschafter die Firma bis 31. Dezember 2005 allein. Der 58-jährige Rudolph fand in Martin Krause einen Nachfolger, der Kontinuität für das Mittelstandsunternehmen versprach. Der damals 33-jährige Betriebswirt mit Fachhochschulabschluss stammt aus einer Einzelhandelsfamilie aus Gelsenkirchen. Am 1. Januar 2006 übernahm er das Modehaus mit 37 Angestellten. Heute sind es 46.
Drei Biografien der Familie Koch
Der erfolgreiche Unternehmer Albin Koch, der von 1950 bis 1985 das Textil- und Modehaus Koch führte, hatte Brüder mit bemerkenswerten Biografien:
Johannes Koch (1921 bis 2006) studierte Philosophie und Theologie, Kunstgeschichte und Archäologie, zog auf Wunsch des schwedischen Bischofs 1950 nach Schweden und wurde 1956 schwedischer Staatsangehöriger. In Malmö baute er die Erlöserkirche, eine Schule und eine Kindertagesstätte. Der Dompfarrer und Domprobst von Stockholm gründete weitere Pfarreien. Papst Johannes Paul II. verlieh ihm die Titel Päpstlicher Geheimkämmerer, Ehrenkaplan, Präses und Ehrenprälat. Johannes Koch trug das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik.
Bernhard Koch (1929 bis 2005) zog seinem Bruder nach Malmö nach. Der Monsignore war periodenweise Dekan, Mitglied des Priesterrats und des Domkapitels der Diözese Stockholm.
Richard Koch (1918 bis 1987) trat ins elterliche Textilgeschäft ein, war der jüngste Segelfluglehrer Deutschlands, gründete den Luftsportclub mit und war im Krieg Transportflieger im Mittelmeerraum. Er wurde zweimal schwer verletzt. Koch führte eine Schafwoll-Annahme- und Umtauschstelle der Deutschen Wollverwertung Ulm in der Alten Bahnhofstraße 17 und erweiterte es zu einem Handarbeitsfachgeschäft. Er führte ein ABR-Reisebüro, war für die F.D.P. von 1952 bis 1957 Stadtrat und seit 1955 zweiter Bürgermeister. 1954 mietete er die Hauptstraße 59 für sein Bodenverlege- und Handarbeitsgeschäft, für Lager und Strickerei. 1962 baute er in der Alten Bahnhofstraße 24 ein Haus mit „Kochs Hotel garni“ und für ein Handarbeitsgeschäft. Info: Jahrbuch Karlstadt 2006/2007