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Katrin auf der Walz

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Katrin auf der Walz

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    Auch Bäcker gehen auf die Walz: In ihrer typischen Kluft im karierten Pepitamuster war Katrin drei Monate auf Wanderschaft, ehe sie nun in Frammersbach arbeitet.
    Auch Bäcker gehen auf die Walz: In ihrer typischen Kluft im karierten Pepitamuster war Katrin drei Monate auf Wanderschaft, ehe sie nun in Frammersbach arbeitet. Foto: Foto: Yvonne Vogeltanz

    Eigentlich, so gesteht die 25-jährige Katrin aus Zeilitzheim im Landkreis Schweinfurt, war Bäckerin nie ihr Traumberuf. „Ich bin da reingeschlittert. Von vornherein war das nicht mein Wunsch“, lacht sie. Doch nun schlittert sie Dank dieses Berufs in das wohl größte Abenteuer ihres Lebens. Die junge Bäckergesellin ist derzeit auf Wanderschaft, auf der Walz. Drei Jahre und einen Tag wird sie fernab von ihrer Heimat arbeiten, reisen, neue Menschen, neue Traditionen kennenlernen. Für drei Monate macht sie nun Station in Frammersbach und arbeitet bei der Bäckerei „Schecke Bäck“ am Kirchberg.

    Katrin steht in der wohlig-warmen Backstube. Es duftet nach Plätzchen und frisch gebackenen Christstollen. „Ich bin Katrin, fremde freireisende Bäckerin“, stellt sie sich vor. Und schiebt schnell die Erklärung hinterher: „Einen Nachnamen gibt’s keinen mehr auf der Wanderschaft.“ Seit Anfang Dezember arbeitet Katrin bei „Schecke Bäck“ in Frammersbach – ihre erste feste Station auf ihrer langen Reise. Die Zeilitzheimerin hat zunächst den Beruf der Hauswirtschafterin erlernt, ehe sie eine Ausbildung zur Bäckerin in Frankenwinheim und Euerbach absolvierte. Schon während ihrer Ausbildung wurde sie durch eine Fernsehsendung auf die Möglichkeit, auf die Walz zu gehen, aufmerksam und informierte sich ausgiebig im Internet. „Das Traditionelle hat mich gereizt. Man lernt das Bäckerhandwerk in den verschiedenen Regionen und neue Leute kennen und ist fast jeden Tag an einem anderen Ort.“ Als ihr damaliger Chef vor gut einem Jahr ankündigte, seinen Betrieb schließen wollte, ergriff sie die Gelegenheit: „Da hab ich gesagt, ich geh jetzt auf Wanderschaft oder nie.“

    Am 28. August hieß es Abschied nehmen – wie es der Brauch will mit der dazugehörigen Abschiedszeremonie. Im Beisein ihrer Familie und einiger Wandergesellen wurde am Zeilitzheimer Ortsausgang ein Loch gebuddelt. Dann musste eine Flasche Schnaps zur Hälfte ausgetrunken und diese zusammen mit Zetteln mit Wünschen ihrer Freunde und Familie eingebuddelt werden. „Eigentlich klettert man dann noch übers Ortsschild“ erklärt sie. Wie sie lachend zugibt, hat sie das aber aufgrund der feucht-fröhlichen Abschiedsfeier nicht geschafft. Katrin startete in ihr neues Leben. Im Gepäck hatte sie nur das Nötigste, wenige Klamotten, einen Schlafsack. „Und ich hab mir den Luxus einer Isomatte gegönnt. Außerdem Strickzeug, damit ich mir Socken stricken kann und das Buch 'Die unendliche Geschichte'.“

    Gemischt waren ihre Gefühle auf den ersten Metern. „Ich hab mich gefreut, dass es losging, war aber auch traurig, die anderen daheim zu lassen.“ Denn mit dem Verlassen des Ortes wurde selbiger zur Tabuzone. In den drei Jahren und einem Tag der Wanderschaft darf sie ihrem Heimatort nicht näher kommen als 50 Kilometer – auch an Feiertagen oder Familienfesten.

    Drei Monate war sie nun in ihrer typischen Kluft im karierten Pepitamuster mit ihrem Altgesellen unterwegs, lernte von ihm die wichtigsten Regeln auf der Walz. „Wir waren fast jeden Tag woanders“, sagt sie. „Lübeck, Ostfriesland, Gotha, Weimar, Dresden, Ansbach, Bayreuth, Frankfurt oder Nürnberg. Wir laufen und trampen, da kommt man gut vorwärts. Öffentliche Verkehrsmittel sind verpönt.“

    Übernachtet wird dort, wo man Unterkunft findet. Das kann schon einmal mitten in der Natur sein. „In Dörfern oder Städten frage ich meistens den Pfarrer, die unterstützen das meist gut. Eigentlich ergibt sich immer was“, erzählt sie. Kontakt zu ihren Eltern hält sie per Telefon oder E-Mail. „Ich hab aber auch schon Briefe und Postkarten geschrieben.“ Getroffen hat sie ihre Familie kürzlich in Rothenburg – außerhalb des sogenannten Bannkreises.

    „Wenn man auf Wanderschaft ist, hat man schon viel Zeit zum Nachdenken, da kommt man ins Grübeln.“ Besonders jetzt, wo die Tage kurz sind, die Dunkelheit früh hereinbricht und Weihnachten vor der Tür steht. Da gesteht sie, dass sie Familie und Freunde vermisst. Und das Musizieren. Als Klarinettenspielerin war sie in drei Kapellen und Orchestern aktiv. „Und gerade jetzt sind die ganzen Jahreskonzerte …“

    „Auf Wanderschaft hat man viel Zeit zum Nachdenken“

    Katrin, Bäckerin auf der Walz

    Ihre erste Station in einer Bäckerei ist seit Anfang Dezember nun Frammersbach. In einem Forum entstand der Kontakt zu Simon Riethmann, der ebenfalls bei „Schecke Bäck“ arbeitet. Über dem dazugehörigen Café am Kirchberg hat sie ein Zimmer. „Hier gefällt's mir gut, die Leute sind nett. Das passt.“ Drei Monate, länger darf sie als Wandergesellin nicht bleiben, wird sie in Frammersbach leben und arbeiten. Weihnachten wird sie mit der Familie in der Nähe von Frankfurt feiern. Wo es sie nach ihrer Zeit in Frammersbach hinzieht, weiß sie noch nicht genau. Die ersten beiden Wochen soll es in die Schweiz gehen, Ende März ist Bremen anvisiert. „Europa will ich durchreisen. Meine Wunschziele wären aber Kanada und Neuseeland.“ England oder Schottland stehen ebenso auf ihrer Liste wie Südafrika. Katrin steht die Welt offen.

    „Ich möchte noch viele Techniken in unterschiedlichen Backstuben kennenlernen. Sehen, wie woanders gebacken wird.“ Bereits jetzt sagt sie, dass sie die Wanderschaft verändert hat. „Man wird ausgeglichener, lässt vieles einfach auf sich zukommen, ist viel ruhiger.“ Und sie ist von ihrem Tun überzeugt: „Es war die richtige Entscheidung.“

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