Gäbe es das „Intakt“ nicht, müsste man es erfinden. Seit bald fünf Jahren besteht das Sozialkaufhaus in Gemünden und hat mittlerweile Ableger in Marktheidenfeld (seit Oktober 2008), Lohr (Juni 2009) und aktuell Bad Orb gebildet. Leiter der Einrichtungen, die unter dem Namen Gebrauchtwarenzentrum firmieren, ist der Gründer Michael Porzelt vom Soziotherapieverbund Spessart (Deutscher Orden).
Die Grundidee von „Intakt“ geht davon aus, dass die Menschen bei Wohnungsauflösungen oder Neuanschaffungen die bisher genutzten, noch gut erhaltenen Sachen nicht auf den Müll werfen müssen, sondern dem Kaufhaus überlassen können. Der Betrieb des Kaufhauses wiederum bietet Langzeitarbeitslosen und ehemaligen Suchtkranken verschiedene Qualifizierungs- und Arbeitsmöglichkeiten, um somit ihre Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt zu verbessern. Und bei alldem müssen Michael Porzelt und sein Team „eine schwarze Null“ erreichen.
Das Konzept geht auf, berichtet der 47-Jährige, der im Therapieverbund auch Heimleiter des „Hauses Burgsinn“ ist. Der Langenprozeltener startete im Dezember 2007 das Experiment in dem mit eigenen Kräften aus den soziotherapeutischen Einrichtungen (vor allem Burgsinn und Partenstein) sanierten städtischen Gebäude Bahnhofstraße 8 (ehemals Jugendherberge/Aussiedlerwohnheim). Vorangegangen war eine einjährige Vorbereitungsphase, in der unter anderem eine Anschubfinanzierung von 10 000 Euro in den ersten Jahren durch den Landkreis Main-Spessart erzielt wurde.
Bereits 2007 schuf das „Intakt“ in Verbindung mit der Arge (Jobcenter) Main-Spessart und dem Soziotherapieverbund über 60 Arbeitsgelegenheiten. Seit zwei Jahren kürzt die Bundesregierung aber die Arbeitsförderungsmaßnahmen, klagt Porzelt. Der Deutsche Orden kann die Ausfälle nur bedingt durch sein Programm therapeutischer Maßnahmen kompensieren. Die veränderte politische Lage führte beispielsweise dazu, dass das auf Wunsch des Jobcenters gegründete „Outdoor Service Team“ (Pflege von Grünanlagen) trotz der Investitionen und Personaleinstellungen nach nur sechs Monaten wieder gestrichen wurde. Das „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ im vergangenen Jahr kostete weitere 30 Plätze an Arbeitsgelegenheiten. Im kommenden Jahr stehen weitere Kürzungen an.
Aktuell besteht die Führung der vier Kaufhäuser aus 19 Mitarbeitern in Voll- und Teilzeit. Dazu kommen 40 Arbeitsgelegenheiten, die derzeit zu drei Vierteln besetzt sind. Aus den soziotherapeutischen Einrichtungen sind 13 Leute im Rahmen von Arbeitstherapie und Tagesstrukturierung beschäftigt. Darüber hinaus unterstützen zehn ehenamtliche Helfer die Sozialkaufhäuser.
Über ein Intranetsystem sind die Kaufhäuser miteinander vernetzt, sodass zum einen der Warenbestand über die Gemündener Zentrale dokumentiert ist und zum anderen das Angebot der jeweiligen Nachfrage angepasst werden kann. Wie in einem richtigen Kaufhaus ist ein Qualitätsmanagementsystem aufgebaut. Kleinreparaturen an den gespendeten Waren führen die Mitarbeiter selbst aus.
Fünf Kleinlastwagen sind unterwegs, und alle „Intakt“-Häuser verfügen über ein Bistro als Kontaktstelle. Den Kuchen für diese Cafés backen Mitarbeiter zentral in Gemünden. Gern und passenderweise würde das „Intakt“-Team auch einen Entrümpelungsservice anbieten, was aber als Konkurrenz zum regulären Arbeitsmarkt nicht erlaubt ist.
Das abgewohnte alte vierstöckige Gebäude in Gemünden hat „Intakt“ mittlerweile der Stadt abgekauft und die Heizanlage erneuert, was die Stadt nicht hatte leisten können. In Marktheidenfeld hat der Kreis die ehemaligen Berufsschulwerkräume zur Verfügung gestellt, in Lohr ist „Intakt“ Mieter im ehemaligen Norma-Laden, und Bad Orb hat dem Projekt ein kommunales Gebäude überlassen.