Das Alter ist für Ingeburg Kleibömer-Braun, wie die Jubilarin mit vollem Namen heißt, auch kein Anlass sich zu ändern: "Ich hab' mir überlegt: ,Muss ich mich jetzt anders kleiden, darf ich zum Beispiel kein kräftiges Rot mehr tragen?' - Nein, ich bleibe so, so lange es mir gefällt." Das werden alle, die mit Inken Kleibömer zusammenarbeiten, gern hören. Die Hände im Schoß zu halten, davon mag die gebürtige Braunschweigerin nichts wissen - Heimchen am Herd, das ist vielleicht die einzige Rolle, die ihr nicht liegt, privat jedenfalls sicher nicht.
So hat sie schon während ihrer Berufstätigkeit und auch während ihrer Aufgabe als Mutter zweier Kinder stets nebenher Theater gespielt - ihre größte Leidenschaft. Die setzte sie - ohne Mutter aufgewachsen - gegen den Widerstand des Vaters durch. "Ich wollte immer Schauspielerin werden." Eine kaufmännische Lehre - dem Vater zuliebe begonnen - bedrückte sie derart, dass sie permanent krank und schließlich entlassen wurde.
Die 17-jährige Inken fuhr auf eigene Faust nach Göttingen und sprach dem bekannten Theatermann Heinz Hilpert vor, der ihr Talent bestätigte und sie zur Schauspielschule nach Hannover schickte. Dafür musste sie zunächst zum Vormundschaftsgericht, um das Sorgerecht vom Vater auf die verständnisvollere Schwester ihrer gestorbenen Mutter übertragen zu lassen.
Einen klaren Willen zu haben und ihn auch durchzusetzen zu können, zeichnet Inken Kleibömer aus. Wobei sie Geduld aufzubringen vermag. Ein weiterer Jugendtraum war, einen Porsche zu besitzen: "Ich nahm mir vor: ,Mit 40 habe ich den!' - Ich hatte ihn mit 48." PS-starke Autos braucht die Burgsinnerin: "Wenn ich drauftrete, muss auch was kommen." Immerhin, bis auf eine Parkplatzbeule steuerte sie ihre Sportwagen bis jetzt unfallfrei. Und beruflich mit mindestens 1000 Kilometer pro Woche brauchte sie schnelle Autos - Inken Kleibömer war Vertreterin für Schul- und Lehrmittel.
Dieser Beruf war in zweierlei Hinsicht ein Glücksfall: Zum einen erlaubte er ihr, sich von ihrem Mann - das Paar hatte sich auseinander gelebt - zu trennen und ihre noch kleinen Kinder allein großzuziehen, denn mit ihnen war berufsmäßige Schauspielerei unmöglich. Zum anderen führte der Beruf Kleibömer nach Burgsinn, als sie die Vertretung ihrer Firma für Unterfranken und einen Teil Hessens erhielt.
Das war 1977. Ein Jahr zuvor hatte die damalige Kielerin bei einer Kur ihren späteren zweiten Ehemann kennen gelernt: Charly Braun aus Duisburg, lebenslustig, humorvoll, das passte. Seiner Inken zuliebe wechselte er den Beruf, um ebenfalls nach Burgsinn ziehen zu können. Charly Braun, der sich schneller noch als seine Frau im Sinngrund eingelebt hatte und sogar Vorsitzender des traditionsreichen Männergesangsvereins war, starb überraschend vor dreieinhalb Jahren.
"Jetzt kommst du nach Hause, und da ist keiner", sagt Inken Kleibömer. Den Verlust kompensiert sie durch ungebrochene Aktivität. Zwar musste sie die Schauspielerei etwas einschränken, denn lange Jahre war sie regelmäßig in Würzburg im "Chambinzky" und auf der "Werkstattbühne" aufgetreten, aber: "Nach Würzburg fahren und nachts nach Hause? Im Winter tu' ich mir das nicht an . . . früher fuhr Charly mich immer."
Jedoch weitete sie die Arbeit in anderen Bereichen aus: Sie initiierte vor 14 Jahren die Frauen-Union in Burgsinn und gehört seit drei Jahren als erste Frau auch dem Gemeinderat an. Wiedergewählt ". . . mit einem deutlichen Stimmenzuwachs. Ich war erstaunt und erfreut, da ist man doch wirklich anerkannt. Nicht selbstverständlich für eine Zugereiste, Evangelische und - was war noch? - ach ja: Schauspielerin." Inken Kleibömer spielte häufig in der Langenprozeltener "Spessartgrotte" und gehört zur ersten Garde der Gemündener Scherenburgfestspiele, bei denen sie auch schon erfolgreich Regie führte.
Für die MAIN-POST-Redaktion berichtet sie seit fast 16 Jahren als Freie Mitarbeiterin über Land und Leute. "Über die Zeitung bin ich sehr froh, ich würde sonst nicht so viel rausgehen. Und ich habe festgestellt, dass es bei der Zeitungsarbeit nichts gibt, was ich nicht gerne täte."