Es war Augenweide, Ästhetik und Genuss in einem: Am Wochenende gastierte das Kinder- und Jugendballett des TSV Lohr unter Leitung von Ballettlehrerin Cornelia Hoffmann in der prall vollen Nägelsee-Aula. Tanz, Musik und Ausstattung verbanden sich zu einem harmonischen Ganzen und 352 wirbelnde Beine erweckten die Bühne zu dem, was auch Thema der Veranstaltung war: „Das wahre Leben“.
Die Kinder und Jugendlichen besuchen die Bewegungsvorschule bis hinauf zur Oberstufe und dem Ballett für Erwachsene. Für einen erfrischenden Auftakt am Sonntag sorgten die Ballett-Mäuse. Mit vier Jahren sind sie die Jüngsten in der Abteilung. Noch weit entfernt vom Tanz auf den Spitzen lernen sie unter Hoffmann ihre ersten tänzerischen Schritte und üben die Koordination von Armen und Beinen. Während ihrer Darbietungen glitt manches Lächeln von der Bühne ins Publikum zu Mama und Papa. Die stumme Frage darin: „Haben wir es gut gemacht?“ Ja, sie haben.
Lediglich einen jungen Mann zählt die Ballett-Abteilung; es ist Kaja Kuchar aus Wombach. Berührungsängste mit der Damendomäne? Nicht erkennbar, der Sechsjährige tanzte so graziös wie wacker in ihrer Mitte. Auch Kaja besucht die Bewegungsvorschule. Ihr folgen die Jahrgangsstufen 1 bis 4.
An den einzelnen Präsentationen ließen sich Lernfortschritte gut nachvollziehen. Die Schülerinnen der Stufe 2 beherrschen bereits die klassische Armführung; unübersehbar war die Grazie da. Donnernden Applaus ernteten sie für ihren „Holzschuhtanz“. Dass die Elevinnen der Mittelstufe (16 bis 18 Jahre) sich längst sicher auf den Schuhspitzen bewegen, bewiesen sie in einer klassischen Präsentation.
Ballett vom Feinsten garantierten im Anschluss die „Großen“ in einem modernen Tanz, dem „Canon“ oder dem „Irischen Tanz“. Vor der Pause dann ein Augenschmaus für sich: Zehn tanzende Ballett-Mamas ließen die Bühne leben. Cornelia Hoffmann lobte ihre erwachsenen Schülerinnen: „Das war eine geniale Leistung!“
Im zweiten Teil der Veranstaltung setzten die Balletteusen der einzelnen Stufen gefühlvoll Themen um, die das Leben schreibt: „Die Uhr und Zeit“, „Natur und Mensch“, „Streit“, „Liebe und Glück“, „Jung und Alt“, „Erkrankung und Genesung“. Auch ein wehes Thema blieb nicht außen vor: die Nichtachtung durch Mitmenschen. Wozu es führen kann, nicht beachtet und geachtet zu werden, führte Susanne Herbeck in Worten aus. Sie mahnte, in der Verzweiflung nicht Hilfe in den „Freunden“ Alkohol und Drogen zu wähnen, sondern den eigenen Weg zu suchen und ihn mutig zu gehen.
Nach rund drei Stunden tänzerischem Genuss dann das feurige Finale „Feet of Flames“ mit allen 176 Mitwirkenden. Der Titel dürfte den flammenden Füßen mancher noch charmant lächelnden Tänzerin entsprochen haben.
Zum Schluss wartete auf Cornelia Hoffmann eine Aufgabe, die ihr nahe ging: Sie verabschiedete 16 ihrer erwachsenen Ballettmädchen. Nach bis zu 18 Jahren Training verlassen sie Lohr und eine so fachlich wie menschlich geprägte Lehrerin. Der Grund heißt Studienbeginn.
Für die Gestaltung und Organisation der bestens gelungenen Veranstaltung zeichnete Cornelia Hoffmann verantwortlich, ebenso für die Choreografie und das Einstudieren sämtlicher Tänze. Das Bühnenbild schufen Simone Senger und Veronika Dörr; Ton und Beleuchtung übernahm Michael Trunk.