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Schaippach: Alte Kirchturmuhr in Schaippach funktioniert wieder

Schaippach

Alte Kirchturmuhr in Schaippach funktioniert wieder

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    Das restaurierte Uhrwerk in der Vitrine, mit Zeigerleitung und Innenuhr zur Kontrolle.
    Das restaurierte Uhrwerk in der Vitrine, mit Zeigerleitung und Innenuhr zur Kontrolle. Foto: Ferdinand Heilgenthal

    In einem Festgottesdienst segnete Pfarrer Norbert Thoma die von Grund auf restaurierte und nach Jahrzehnten wieder in Betrieb genommene Turmuhr der Schaippacher Kirche Heiligkreuz. Die Orgel spielte Uwe Hann vom Turmuhrenmuseum Großheubach, der als ausgesprochener Experte durch die Vermittlung des Schaippacher Bundestagsabgeordneten Bernd Rützel für das Projekt gewonnen werden konnte.

    Die Geschichte begann vor zwei Jahren, als Rützel bei einem Termin im Wahlkreis auf die Turmuhrenfreunde Großheubach aufmerksam wurde. Er wies auf das verstaubte Uhrwerk auf dem Dachboden der Kirche in seinem Wohnort hin und es gelang ihm, die Neugier der Mitglieder Egon Galmbacher und Uwe Hann zu wecken. Diese machten sich vor Ort ein Bild vom sehr schlechten Zustand des Uhrwerks und waren zunächst skeptisch, was die Wiederherstellung betraf. Wie es weiterging, konnten die Anwesenden in einer ausführlichen und reich illustrierten Präsentation im Sportheim des SV Schaippach genau erfahren.

    "Ehrlich gesagt, mein erster Eindruck war, das Werk ist einfach Schrott", sagt Uwe Hann im Gespräch. Verbogene Wellen, beschädigte Zahnräder und viele Schäden mehr sprachen dafür. "Vielleicht könnte man es noch säubern und in einem Museum ausstellen." Doch der Gedanke von Bernd Rützel, wieder eine funktionierende Uhr an der 1793 erbauten Kirche zu sehen, noch dazu angetrieben von dem originalen Uhr- und Schlagwerk von 1923, hatte bereits weitere maßgebliche Unterstützer gefunden.

    Neben den Spezialisten vom Untermain kamen jetzt auch die handwerklich talentierten Einheimischen aus dem unteren Sinngrund ins Spiel. Allen voran der Kirchenvorstand Werner Brönner und Hans Walter Krauskopf, die sich mit technischem Wissen und handwerklichem Talent, zusammen mit Bernd Jeckel und Herbert Ebner, an die Realisierung des Projekts wagten.

    Viele Probleme zu lösen

    In der chronologischen Abfolge der Präsentation wurde sehr ausführlich dargelegt, welche Probleme im Detail zu lösen waren. Von der Nummerierung und Katalogisierung der Einzelteile, über die Säuberung im Glasstrahlverfahren und die Ausbesserung der einzelnen Stücke, bis hin zur Platzierung auf der Empore in einer aus Eichenholz gefertigten Vitrine.

    Die ehrenamtlichen "Retter" der Schaippacher Kirchenuhr (von links): Hans-Walter Krauskopf, Bernd Rützel, Bernd Jäckel, Uwe Hann, Herbert Ebner und Werner Brönner. 
    Die ehrenamtlichen "Retter" der Schaippacher Kirchenuhr (von links): Hans-Walter Krauskopf, Bernd Rützel, Bernd Jäckel, Uwe Hann, Herbert Ebner und Werner Brönner.  Foto: Ferdinand Heilgenthal

    Wichtig war für alle Beteiligten, dass so ein 100 Jahre altes mechanisches Werk auch für nachfolgende Generationen sichtbar sein soll. Dadurch musste auch die Antriebstechnik neu angelegt werden, weil der Weg zur Uhr weiter war als ursprünglich, als das Werk auf dem Dachboden unmittelbar hinter dem an der Außenwand angebrachten Ziffernblatt stand. Die Lösung war eine zehn Meter lange Zeigerleitung die über Winkelgetriebe, Kardangelenke und Dehnungskupplungen die vergoldeten Zeiger antreibt. Im Gegensatz zu früher muss auch nicht mehr der Mesner einmal am Tag hochsteigen und die Gewichte hochziehen. Das funktioniert jetzt automatisch und der Stundenschlag wird per Funksignal sekundengenau ausgelöst.

    Geblieben ist das typische, gleichmäßige "Tick-Tack" des Werkes, das viele Menschen heute nicht mehr kennen, ähnlich wie den Glockenschlag zur vollen Stunde.

    Es sei eine Herausforderung gewesen, den vorgefundenen Hammer so anzubringen, dass er wieder über Seilzüge und Kippwinkel auf die große Dreifaltigkeitsglocke schlägt, berichtete Hans-Walter Krauskopf. Auch das Problem einer eventuellen Störung der Nachtruhe in der Nachbarschaft sei gelöst, weil man punktuell eine Dämmung angebracht hat.

    Insgesamt wurden weitestgehend Originalteile verwendet, die glasgestrahlt und angestrichen wurden. Lediglich das Gangrad und das Zeigergetriebe waren nicht mehr zu verwenden und mussten originalgetreu ersetzt werden.

    1923 in Lohr gefertigt

    Nachdem zunächst nichts Genaues über das Alter und die Herkunft der Uhr bekannt war, konnte Kreisheimatpfleger Bruno Schneider weiterhelfen. Seine Recherchen anhand alter Protokolleinträge der Gemeinde Schaippach und der Kirchenverwaltung ergaben, dass die Uhr 1923 vom Uhrmachermeister Gehret in Lohr gefertigt wurde, ein gusseisernes Zahnrad stammt nachweislich aus dem Eisenwerk Rexroth. Die Anschaffung der neuen Uhr war ein Millionenprojekt für das Dorf, schließlich kostete sie nach dem Ersten Weltkrieg, mitten in der Inflationszeit, 930 000 Reichsmark.

    Soviel mussten die Schaippacher dieses Mal nicht investieren. Die Ausgaben bewegen sich im unteren vierstelligen Bereich und wurden hauptsächlich für Material benötigt. Zu verdanken haben sie das dem ungewöhnlich starken ehrenamtlichen Engagement aller Beteiligten, die mit Recht froh und stolz auf ihr gelungenes Werk sein können. Uwe Hann war mehr als 20 Mal in Schaippach, einem Ort, von dem er vorher nicht wusste, dass es ihn gibt: "Das hat wirklich Spaß gemacht, es war eine tolle Zusammenarbeit und es ist eine richtige Freundschaft entstanden. Es ist für mich auch ein Unterschied, ob ich eine Uhr für ein Museum restauriere oder eine, die wieder in Betrieb geht."

    Dabei lege er viel Wert auf die Verwendung der originalen Teile, um die Nachhaltigkeit dieser Technik, den Charakter und Philosophie die dahinter steckt, zu betonen. "Das ist eben etwas ganz anderes als eine elektrische Uhr – die wirft man einfach weg, wenn sie nicht mehr funktioniert und kauft eine neue. Eine mechanische Uhr zeigt über Jahrhunderte die Zeit an."

    Spende überreicht

    Stellvertretender Bürgermeister Werner Herrbach überbrachte die Grüße der Stadt Gemünden und dankte für den vorbildlichen ehrenamtlichen Einsatz. Für den SV Schaippach betonte Vorsitzender Andreas Pasberg den Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft und überreichte eine Spende an die Kirchenverwaltung.

    Wer sich für das Zusammenspiel der Räder und Wellen interessiert, kann das Innenleben der Schaippacher Uhr auf der Empore neben der Orgel anschauen. Und wer noch mehr über die Mechanik und die Geschichte alter Turmuhren sehen und erfahren will, dem sei ein Tagesausflug nach Großheubach in das im alten Rathaus untergebrachte Turmuhrenmuseum empfohlen.

    Kontakte und Informationen unter Tel.: (09371) 3612, info@turmuhrenfreunde.de; www.turmuhrenfreunde.de; Führungen nach Vereinbarung.

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