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BERGROTHENFELS: Krippe kontra Küche

BERGROTHENFELS

Krippe kontra Küche

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    Immer mehr Kleinkindgruppen: Seit diesem Kindergartenjahr werden unter Dreijährige im Kindergarten Bergrothenfels betreut. Unser Bild zeigt die Kinder mit den Erzieherinnen Martina Kempf (links) und Melanie Handel.
    Immer mehr Kleinkindgruppen: Seit diesem Kindergartenjahr werden unter Dreijährige im Kindergarten Bergrothenfels betreut. Unser Bild zeigt die Kinder mit den Erzieherinnen Martina Kempf (links) und Melanie Handel. Foto: Foto: Klaus Gimmler

    Guiliano spielt mit Lukas, Sophia mit Jakob und David mit Sebastian. Zusammen mit Kinderpflegerin Melanie Handel und Kindergartenleiterin Martina Kempf walzen sie Knete auf einem Tisch. Die Kinder fühlen sich offensichtlich wohl in dem ehemaligen Turnraum, der im Kindergarten Bergrothenfels für die Kleinkindgruppe umgebaut worden ist. Diese Gruppe gibt es erst seit diesem Kindergartenjahr, aber sie ist schon zu einem festen Bestandteil des Kindergartens geworden. „Sie macht uns allen viel Spaß“, sagt Leiterin Martina Kempf.

    Mit der Einrichtung dieser Gruppe kam die Kindergartenleitung zum einen der dringenden Nachfrage der Eltern nach, zum anderen ging es darum, den Bestand des Kindergartens zu sichern. „Eine unmittelbare Schließung stand zwar nicht bevor“, sagt Kempf. Aber mit der zusätzlichen Aufnahme der Kinder im Alter von über einem Jahr und unter drei Jahren stehe der Kindergarten jetzt wieder sehr stabil da.

    Berufstätige Eltern sind dankbar

    Der Kindergarten in Bergrothenfels ist nur ein Beispiel für viele Kindergärten im Landkreis Main-Spessart. Vor allem in ländlichen Gegenden war die Öffnung für Wickel- und manchmal auch für Schulkinder nötig, um bei zurückgehenden Geburtenzahlen den Fortbestand des Kindergartens zu sichern, sagt Ilona Berberovics von der Kindergartenaufsicht im Landratsamt. Das hat funktioniert, denn dieses Angebot wurde von den Eltern dankbar angenommen. Wenn beide Eltern arbeiten, ist es gut, die Kinder bestens versorgt zu wissen.

    Insgesamt gibt es 89 Kindergärten im Landkreis Main-Spessart, hinzu kommt noch eine eigenständige Krippe (Universelles Leben in Altfeld) und ein eigenständiger Hort (Heilig Kreuz in Gemünden). Die Rechtsaufsicht darüber hat Ilona Berberovics. Sie sieht trotz des allgemeinen Geburtenrückgangs keinen Kindergarten im Landkreis in seiner Existenz gefährdet. In der Regel sind alle gut besucht. Sechs Kinder müssen es mindestens sein, damit ein Kindergarten aufrechterhalten werden kann. Eine Schließung eines Kindergartens droht laut Berberovics nicht in absehbarer Zeit. Für alle Zeit könne sie das freilich nicht ausschließen, sollten noch weniger Kinder geboren werden.

    So hat der demografische Wandel im Landkreis Main-Spessart bislang nicht zu Schließungen von Kindergärten, aber zu einem Wandel in der Betreuung geführt. Waren früher Kinder unter drei Jahren in den Kindergärten die Seltenheit, so bieten jetzt die meisten dafür Plätze an. Dies fordert auch der Gesetzgeber, denn ab 1. August dieses Jahres gibt es einen Rechtsanspruch für einen Krippenplatz für alle Kinder über einem Jahr. Ilona Berberovics sieht die Kindergärten im Landkreis Main-Spessart darauf gut vorbereitet.

    Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn bundesweit sieht die Sache anders aus. Das Bundesfamilienministerium geht von 130 000 fehlenden Krippenplätzen aus. Die kommunalen Spitzenverbände rechnen sogar mit mehr als 200 000. Vorgesehen ist, Krippenplätze für 35 Prozent der Kinder dieser Altersklasse anzubieten. Doch reicht das? Es gibt Schätzungen, die besagen, die Nachfrage sei fast doppelt so groß. Außerdem wird befürchtet, dass es viel zu wenig Erzieher gibt, um den künftigen Rechtsanspruch einlösen zu können.

    Plätze gesichert

    Bundesweite Aufmerksamkeit erregte im vergangenen November ein Fall in München, bei dem ein Vater in einem absurden Wettkampf den Kita-Platz für seinen Sohn erkrabbelte, nachdem dieser zuvor fast 18 Monate auf diversen Wartelisten stand. Die Eltern feierten dies wie einen Lottogewinn. Schon jetzt ist klar, dass es gerade in Ballungsräumen nicht genügend Krippenplätze bis zum 1. August geben wird.

    Der Landkreis Main-Spessart ist dagegen ländlich strukturiert mit sinkenden Geburtenzahlen. Da werden – wie erwähnt – die Krippenkinder oft zur Aufrechterhaltung des Betriebs gebraucht und die Kindergärten haben sich schon frühzeitig darauf eingestellt. Eine Statistik des Landesamts Bayern weist den Landkreis Main-Spessart als gut versorgt aus. Schon jetzt gibt es 49 Krippengruppen, 20 weitere mit insgesamt 250 Plätzen sind im Bau oder in Planung, sagt Berberovics. „Das müsste reichen, um den Rechtsanspruch zu erfüllen.“

    Genau weiß sie es aber nicht. Sie kann es auch nicht wissen. Denn die Entscheidung der Eltern für einen Krippenplatz ist nur schwer zu berechnen. Ausgeteilte Fragebögen zur Bedarfsermittlung hätten sich bislang als wenig aussagekräftig erwiesen. Viele Eltern hätten nicht daran teilgenommen und manche Eltern, die einen Platz für ihr Wickelkind gewollt haben, hätten sich später umentschieden.

    Doch der Rechtsanspruch ist keine Floskel. Es wird bundesweit mit einer Klagewelle von Eltern gerechnet, die keinen Platz für ihr unter Dreijähriges Kind bekommen. Die Kommune hat dann die Möglichkeit, den Eltern einen anderen Platz in zumutbarer Nähe anzubieten. Sollte es auch diesen nicht geben, könnte eine Tagesmutter die Lösung sein. So will jedenfalls der Landkreis Main-Spessart verfahren, sollte es wider Erwarten irgendwo Engpässe geben, sagt Berberovics.

    Allerdings ist eine Betreuung durch eine Tagesmutter teurer, daher soll es einen finanziellen Ausgleich für die Familien geben, der vom Einkommen abhängt. Möglich, dass es auch darüber einen Rechtsstreit gibt. Berberovics hofft aber, dass dieser nicht in Main-Spessart ausgetragen wird. Denn sie sieht den Landkreis bei den Krippenplätzen schon jetzt gut aufgestellt.

    Krippenplatz oder Betreuungsgeld

    Die große Koalition legte im Jahr 2007 fest, dass von August 2013 an der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz gilt. Die Kommune kann versuchen, den Bedarf bei fehlenden Krippenplätzen über die Vermittlung an Tagesmütter zu erfüllen.

    Sollte auch dies nicht helfen, drohen Klagen auf Schadensersatz. Es könnte zum Beispiel ein Verdienstausfall geltend gemacht werden. Möglich auch, dass Eltern selbst nach Kinderfrauen und Betreuungsinitiativen suchen und die Mehrkosten geltend machen, die entstehen, weil dieses private Modell teurer als der von der Kommune angesetzte Krippenplatz ist.

    Aus Angst vor einer Lawine an Prozessen haben vor allem die Kommunalpolitiker der größeren Städte immer wieder eine Verschiebung des Rechtsanspruchs gefordert. Vermutlich wird das von der schwarz-gelben Regierung eingeführte Betreuungsgeld den Bedarf an Krippenplätzen etwas abmindern. Betreuungsgeld erhalten Eltern, die sich dafür entscheiden, die Betreuung ihres ein- oder zweijährigen Kindes selbst zu übernehmen. Es wird für ab dem 1. August 2012 geborene Kinder bezahlt und beträgt ab 1. August 2013 zunächst 100 Euro im Monat, ab dem 1. August 2014 dann 150 Euro/Monat.

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