Seit 20 Jahren befördert die 42-Jährige schon Reisende, fährt Linie oder Sonderfahrten - und das bis heute unfallfrei. Und sie kann den Vergleich ziehen vom Frauen- zum Männerberuf, denn in ihrem "ersten Leben" erlernte sie einen typischen Frauenberuf. Sie arbeitete als Erzieherin und Leiterin in mehreren städtischen Kindergärten in Marktheidenfeld.
Aber, wie so oft beim weiblichen Geschlecht. machte auch ihr die Liebe einen Strich durch die Karriere - also Job an den Nagel gehängt und Mann und Kinder versorgt. Doch die 42-Jährige hatte immer noch ein zweites As im Ärmel: Seit 1986 fährt sie Bus und unterstützt damit ihren Bruder Michael, der das Marktheidenfelder Busunternehmen Greser-Reisen leitet. "Als mein Bruder den Busführerschein machte, erkundigte sich mein Vater, ob ich das nicht auch wolle", erzählt sie.
Natürlich war sie gleich dabei und legte 1984 zuerst die LKW-Fahrprüfung ab und machte zwei Jahre später dann ihren Busführerschein. "Man braucht zwei Jahre Praxis, bevor man den Busführerschein überhaupt machen darf", klärt sie auf. Während dieser Zeit habe sie bei "Leerfahrten geübt". "Ich bin abends die letzte Linie gefahren oder war bei Sonderfahrten dabei und habe dann den leeren Bus zurückgefahren", erzählt die Marktheidenfelderin.
Heute verbindet sie ihre Aufgaben als Hausfrau und Mutter perfekt mit ihrem abwechslungsreichen Beruf. Sie ist sozusagen der "Troubleshooter", wenn's mal brennt oder jemand von den Fahrern ausfällt. "Das geht aber auch nur so gut, weil ich in unserem Familienbetrieb arbeite", weiß sie zu schätzen.
Doch auch heute noch merkt sie, dass es eben noch immer nicht zum Normalbild gehört, dass eine Frau einen Bus steuert. "Es passiert mir immer wieder, dass mich die Leute schon beim Einsteigen fragen, ob da noch jemand kommt, der den Bus fährt", lacht sie. Überraschte, teils auch beunruhigende Blicke ernte sie, wenn sie die Reisenden dann "aufkläre" - vor allem von Männern. "Es gibt auch heute noch Leute, die stehen bleiben und schauen, wenn sie sehen, dass eine Frau einen Bus fährt", hat sie erfahren.
Von ihren Kollegen sei sie bisher noch nie "dumm angemacht" worden, auch nicht, als sie als einzige Frau zusammen mit zwölf Männern ihren Lkw-Führerschein machte. "Da hat noch keiner gesagt: Was willst du denn da?" Im Gegenteil, man habe ihr eine gewisse Anerkennung entgegengebracht.
"Der Busführerschein war da etwas ganz Normales", erzählt sie. Dass es in der Praxis aber doch nicht "normal" ist, eine Frau auf dem Fahrersitz eines Busses zu sehen, erfuhr sie erst während ihrer 20-jährigen Zeit auf der Straße im lustigen, aber auch im negativen Sinn. "Einmal kam mir in einer Engstelle ein Auto entgegen; der Fahrer blickte auf, sah, dass eine Frau am Steuer saß, trat fluchtartig den Rückzug an und verschwand in einer Seitenstraße", lacht sie. Dieses Erlebnis werde sie nie vergessen, schmunzelt sie. Ernst wird sie, als sie die nächste Begebenheit schildert, die sich in ihrem Gedächtnis eingegraben hat. Erst vor kurzem habe sie einen unerfreulichen "Zusammenstoß" mit einem jungen Mann gehabt. "Ich fuhr durch eine enge Ortsdurchfahrt, die immer mit Pkw zugeparkt ist", erzählt sie. "Die meisten Busfahrer wissen, wo das ist." Direkt vor ihr habe ein Auto angehalten, ein junger Mann sei ausgestiegen. "Der große Bus hat einen größeren Wendekreis als ein Auto und ich kam halt einfach nicht vorbei." Sie habe darum den jungen Mann gebeten, doch etwas zur Seite zu fahren. "Die Antwort, die ich da bekommen habe, hätte mich zweifeln lassen, wenn ich nicht schon so lange Bus fahren würde", sagt sie. Wenn sie in diesem Männerberuf überfordert sei, solle sie doch den Beruf wechseln, habe der junge Mann ihr daraufhin zur Antwort gegeben.
Das sei aber bisher die einzige negative Erfahrung gewesen, die sie während ihrer langjährigen Fahrpraxis gemacht habe, sagt Träger-Wiener. "Mit meinen männlichen Kollegen habe ich ohnehin keine Probleme, die sind nett." Da sei der obligatorische Gruß auch völlig normal. "Das ist bei Frauen anders", bedauert die 42-Jährige. "Nur wenige Frauen grüßen, wenn eine Frau am Steuer sitzt", sagt sie. Aber es ist halt so. Trotz alledem würde bei der Frage, ob sie Bus fahren wolle, jederzeit wieder "zuschlagen". "Ich würde es sofort wieder genauso machen", bekennt sie freimütig. "Man kommt raus, hat mit Leuten zu tun. Der Beruf ist sehr abwechslungsreich."