Die Selbsthilfegruppe Main-Spessart für Eltern von Kindern, die von Legasthenie und Dyskalkulie betroffen sind, hatte die Referentin Sabine Ulsamer aus Reichenberg zum Thema „Legasthenie – ein Stressfaktor für die ganze Familie!“ ins Lohrer igL-Haus eingeladen.
Sabine Ulsamer ist eine Dyslexie- und Dyskalkulietherapeutin und arbeitet an einer Ganztagsgrundschule. Gelernt hat Ulsamer Erzieherin und sich zur Montessori- und Motopädagogin weitergebildet. Zuerst lobte sie die anwesenden Eltern, denn mit dem Beschäftigen mit Legasthenie signalisieren sie dem Kind: „Das Problem können wir lösen“ und „Du bist nicht allein, ich bin immer für Dich da“.
Die Eltern sollen bei ihrem Kind nicht nach Fehlern suchen, sondern nach dem, was das Kind gut kann, sowie das Kind darin bestärken, wie weit es schon gekommen ist. Wichtig beim Lesen und Schreiben lernen sei die Emotion, die die Kinder beim Tun erfahren. So ist die Bewegungserfahrung, die ich beim Laufen lernen, beim Fahrradfahren lernen, beim Skifahren lernen, beim Wavebordfahren lernen erfahre, die Bestärkung, etwas zu können.
Für die nötige Konzentration zum Lesen und Schreiben braucht das Kind einen Handlungsplanung im täglichen Leben. Feste Zeiten im Tagesablauf und äußere Ordnung erleichtern die Konzentration. Die Referentin empfahl, sich bei den Hausaufgaben am Konzentrationsbogen zu orientieren: Zuerst sortiert das Kind die Hausaufgaben. Erledigt werden als Erstes die Routinearbeiten, als nächstes kommt die schwierigste Arbeit, zu der es die höchste Konzentration brauche, zuletzt kommt die schönste Hausaufgabe.
Es gibt allerdings noch mehr Stressfaktoren zum Beispiel ADS/ADHS, Diabetes, Emotionale Entwicklungsstörung, Lernstörung und Sprachentwicklungsstörung.
Sabine Ulsamer gab den Rat, die Aufsätze am Computer schreiben zu lassen, denn Legastheniker haben die Wörter im Kopf, aber schreiben handschriftlich im Aufsatz nur Drei-Wort-Sätze aufs Papier, um die Fehlerhäufigkeit zu reduzieren. „Schreiben lernt man durch Schreiben, dafür braucht man Ausdauer!“, so die Referentin. „Aber zeitsparend üben!“
Es gibt Prozess-Schritte zum Lesen und Schreiben lernen. Die Eltern müssen dem Kind klar machen, auf welcher Lese- beziehungsweise Schreibstufe das Kind steht. Wenn zum Beispiel ein Drittklässler liest wie ein Erstklässler, dann müssen die Eltern nicht Drittklassstoff lesen sondern zurück in die erste Klasse gehen und diesen Stoff so lange lesen, bis das Kind die 100 Wörter der 1. Klasse lesen kann. Und erst wenn das Kind die Buchstabenbilder von „Mama“ über die Silbenerkennung sinnentnehmend lesen kann, dann kann der Stoff der zweiten Klasse gelernt werden. „Immer das gleiche Buch lesen!“, empfiehlt Ulsamer. „Die Kinder müssen die Lesemelodie im Arbeitsspeicher abspeichern.“
Legastheniker oder lese-/rechtschreibschwache Kinder gehen am Ende der ersten Klasse im Lesen verloren. Wer nicht lesen will, sollte die Sprachentwicklung über Hörbücher ausbauen. Auch sollten in der Sehschule physische Einschränkungen der Augen beim Wandern und Springen im Text untersucht werden.
Im Schulleben sollten die Eltern die Lehrer bitten, dass Probearbeiten in einem größeren Schriftbild mit Schriftgröße 14 zum Beispiel gestaltet sind. Dadurch können Kinder den Text besser erfassen. Auch sollte es möglich sein, Tafelbilder abzufotografieren, damit die Kinder zu Hause den Hefteintrag in Ruhe abschreiben können. Auch das Kopieren von Hefteinträgen von Mitschülern hilft im Schulalltag. Wichtig für die Beziehung zum Kind ist, dass bei Probearbeiten die korrekten Antworten gelobt werden. Nicht auf dem „herumhacken“, was das Kind nicht kann.
Das nächste Treffen der Elterngruppe findet am Montag, 8. Dezember, um 20 Uhr im Bürgertreff der igLindig statt.
Weitere Informationen bei Karoline Hergenröder, Tel. (0 93 52) 31 23.