Als Willi Brandt 1969 an die Macht kam, sagte er: „Wir wollen mehr Demokratie wagen“. Was er damit meinte, blieb sein Geheimnis, denn zu Volksentscheiden auf Bundesebene oder Vorwahlen wie in Amerika kam es nie, sein „Versprechen“ blieb ein Versprecher.
Grüne forderten stets Basisdemokratie, Rotationsprinzip und das Verbot der Ämterhäufung, als sie noch nicht in den Parlamenten waren. Heute sitzen die Demokratie-Versprecher von damals seit Jahrzehnten auf ihren Pöstchen und übergehen auch mal den Bürgerwillen wie in Lohr bei der Schneewittchen-Wahl oder zwei Bürgerentscheiden zur Stadthalle.
Unser grün-affiner Bürgermeister führte im Zeichen der Transparenz ein Fragerecht für Bürger ein, welches er nach kurzer Zeit wieder kassierte. Nun wird auch noch die Vorabinformation der Bürger über die Sitzungsinhalte des Stadtrates gestrichen. Ja, man bekommt den Eindruck die Grünen schaffen ihre besten Ideen schneller ab, als sie sie einführten.
Frau Röder argumentiert 2020 wie die ehrwürdigen Honoratioren der 50er Jahre, wenn sie einen Blankoscheck für Vertrauen in die Politik erwartet. Sie denkt offensichtlich nicht daran, dass Vertrauen gut, Kontrolle jedoch besser ist in der Politik. Es ist bedenklich, wenn sie ihre Angst vor der Presse und Bürgern, die ihre Meinung äußern, einräumt - auch wenn es nicht die grüne Meinung ist; denn Freiheit ist ja bekanntlich stets die Freiheit des Andersdenkenden. Man kann nach Ansicht von Frau Röder „die Bürger nicht bei jedem Thema mit einbeziehen“. Offen gesagt, mit einer solchen Begründung hätte ich von der AfD gerechnet, nicht jedoch von den angeblich basisdemokratischen Grünen.
Denn Politikvernebelung war vor der Wahl noch nicht erklärtes Ziel grüner Politik. Doch seit man auch von dem Prinzip der Nachhaltigkeit in finanzieller und ökologischer Hinsicht auf gemeindlicher Ebene nicht mehr positiv von sich reden macht, möchte man wohl nicht mehr von der kritischen Presse begleitet werden.
Mittlerweile überrascht mich bei den Lohrer Grünen nur noch wenig, denn auf ihrer Europawahlveranstaltung in Sendelbach wurde mir vom Kreisvorsitzenden nachdrücklich verboten der Abgeordneten eine Frage zu stellen.
Ferner kann ich es bis heute nicht fassen, dass sich vor allem grüne Stadträte und Bürgermeister aus Lohr gegen den Nationalpark im Spessart aussprachen, nachdem seit Jahrzehnten ökologisch interessierte Bürger in Bayern einen dritten forderten.
Ich denke irgendetwas läuft bei den Lohrer Grünen seit Langem in die völlig falsche Richtung, wenn man bedenkt, dass die Hafenlohrer unter ihrem schwarzen Bürgermeister schon seit Jahren mehr „grünen“ Strom ins Netz einspeisen, als sie daraus beziehen. Das wird in Lohr wohl trotz grünem Bürgermeister auch im kommenden Jahrzehnt nicht gelingen.
Man möchte die Grünen bitten, statt global zu reden, endlich lokal ökologisch und finanziell nachhaltig zu handeln, statt der Presse Informationen vorzuenthalten!
Werner Wolf
97816 Lohr