Das Eintauchen in moderne Wirklichkeiten bzw. virtuelle Erscheinungsformen prägt unser alltägliches Leben, und zwar zunehmend mehr: Fake News - Real News, Avatare, die Welt der Werbung, Selbstdarstellung in den sozialen Netzwerken, Influencer. Was ist wahr? Was ist echt? Von welchen Realitäten sind wir umgeben? Und woran erkennt man die Unterschiede zwischen Wirklichkeit und virtual reality?
Die Möglichkeit, zwischen den angenommenen Welten zu unterscheiden, wird immer geringer. Diese Problematik ist fester Bestandteil vieler Computerspiele und Filme. Doch auch die Literatur nimmt sich dieses Themas an. Bei einer Lesung in der Aula stellte der Autor Karl Olsberg die Hauptfigur des Jugendromans "Boy in a White Room" vor.
Aus den ersten beiden Kapiteln erfahren die Schüler: Manuel erwacht in einem weißen Raum, eingesperrt und ohne Erinnerung. Er weiß weder, wer er ist, noch wie er dorthin kam. Über eine computergenerierte Stimme hat er Zugriff auf das Internet, wodurch sich ihm Stück für Stück erschließt, was mit ihm passiert ist. Er liegt im Koma und sein Geist durchstreift das Netz und virtuelle Welten, in denen er auch auf seinen Vater trifft. Schnell stellt sich aber heraus, dass nichts so ist, wie es scheint. Schließlich muss sich Manuel der Frage stellen, was es heißt, ein Mensch zu sein.
Thema und philosophische Gedanken dieses packenden Thrillers regten die Siebt- und Achtklässler zu einem ausgiebigen Gespräch mit dem Autor an. Dieser bindet einen Vortrag über Déscartes und die großen Fragen unserer Zeit, in der aufgrund des technologischen Fortschritts nichts mehr unmöglich scheint, ein. Olsberg selbst promovierte über künstliche Intelligenz. Seine erste Buchveröffentlichung schaffte es auf die Spiegel-Bestsellerliste. "Boy in a White Room" war nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2018.
Die Lesung war ein Gemeinschaftsprojekt zwischen Gymnasium und Mittelschule im Rahmen des Jubiläums "Zehn Jahre Kooperationsvertrag mit der Stadtbibliothek". Ein Dank geht an die Buchhandlung Schöningh in Lohr für die finanzielle und organisatorische Unterstützung. Selten war das kritische Nachdenken über unsere digitale Gegenwart so unterhaltsam und spannend.
Von: Andrea Pöschl (Gymnasium Lohr am Main)
