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Partenstein: Letzte Ruhe für Nobelpreisträger

Partenstein

Letzte Ruhe für Nobelpreisträger

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    Verträumt liegt es da, eingebettet von Natur. Unter den heute rund 3000 Einwohnern von Partenstein hat es schon mancher zu einiger Berühmtheit geschafft. Doch die meisten, wie etwa der aus Partenstein stammende Schriftsteller Alfred Graf (1883-1960), wurden in der Fremde bekannt und sind nur wenigen in der Heimat ein Begriff.

    So weiß vermutlich auch kaum jemand, dass auf dem Partensteiner Friedhof ein Nobelpreisträger begraben liegt: Johannes Hans Daniel Jensen. Obwohl der Wissenschaftler selbst nie in Partenstein gewohnt hat, verfügte er in seinem Testament, dort beerdigt zu werden. Wie es dazu kam, ist eine längere Geschichte. Eine von Erfolg und Freundschaft.

    Die Geschichte beginnt in Hamburg. Dort wurde Jensen am 25. Juni 1907 geboren. Seine Wissenschaftler-Karriere erscheint rückblickend wie ein Wunder: Der Sohn eines Gärtners schaffte es mit viel Intelligenz vom Volksschüler zum Nobelpreisträger. Nach dem zweiten Weltkrieg galt Jensen als einer der renommiertesten Kernphysiker Deutschlands. Doch bis dahin war es ein weiter Weg. Obwohl er nur einen Volksschulabschluss hatte, wurde Jensen 1922 wegen seiner außergewöhnlichen Begabung in die Aufbauschule aufgenommen, die er nur drei Jahre später als 18-Jähriger mit dem Abitur abschloss.

    Die Verbindung zu Partenstein

    Jensen interessierte sich schon früh für Naturwissenschaften und begann – dank eines Stipendiums –1926 an der Universität seiner Heimatstadt, sowie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg (Breisgau) sein Studium in Mathematik, Physikalischer Chemie und Philosophie. Nach seiner Promotion in Physik bekam er sofort eine Assistentenstelle an der Hamburger Universität, wo er 1936 auch habilitierte. 1941 folgte er einem Ruf als außerordentlicher Professor an die Technische Hochschule Hannover. Doch auch dort hielt es ihn nicht. Nach dem zweiten Weltkrieg, 1949, erhielt er von der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg einen Ruf zum ordentlichen Professor. Dort blieb er schließlich 20 Jahre lang, bis er 1969 in Ruhestand ging.

    Und dort kam auch ein gewisser Ernst Bielitz ins Spiel – und mit ihm die Verbindung nach Partenstein. Denn Bielitzs Frau Gudrun, geborene Steigerwald, stammte aus der Spessartgemeinde. Ernst Bielitz lebte damals in Heidelberg und sollte dem Neu-Heidelberger Jensen die Eingewöhnung etwas erleichtern. Dass daraus eine lange, innige Freundschaft werden würde, die sie selbst im Tod nur kurze Zeit trennen würde, konnten die beiden Männer damals noch nicht ahnen. Obwohl sich Jensen in Heidelberg so wohl fühlte, dass er sogar unzählige Rufe internationaler Hochschulen ablehnte, besuchte er in seiner Freizeit gemeinsam mit dem Ehepaar Bielitz oft die Spessartgemeinde Partenstein und verliebte sich dabei wohl in den von der Natur eingebetteten kleinen Ort. Die Freundschaft zwischen dem Ehepaar Bielitz und dem Kernphysiker währte lange Zeit, auch weil sie viele gemeinsame Interessen wie Musik, Literatur und vor allem die Natur teilten.

    Wenn Jensen auch sehr heimatverbunden war, zog es ihn dennoch auch hinaus in die Welt. So hatte er mehrere Gastprofessuren in den USA und wurde 1969 zum Ehrenbürger von Fort Lauderdale ernannt. Höhepunkt seiner Karriere war 1963, als ihm gemeinsam mit der deutsch-amerikanischen Physikerin Maria Goeppert-Mayer der Nobelpreisfür Physik für ihr Schalenmodell des Atomkerns verliehen wurde.

    Bescheiden trotz Erfolg

    Doch selbst während seines größten persönlichen Erfolges blieb Jensen bescheiden und dachte zuerst an seine Studenten. Einer Anekdote zufolge soll er am Morgen nach der Bekanntgabe der Nobelpreisträger vom Ministerpräsidenten des Landes gefragt worden sein, ob er einen besonderen Wunsch habe. Darauf soll Jensen sofort gesagt haben: „Ja, Sie können einem staatenlosen Studenten, der aus dem Irak vertrieben wurde, die deutsche Staatsbürgerschaft erteilen.“ Der Student erhielt sie.

    Überhaupt soll sich Jensen sehr für seine Mitmenschen – und die Wissenschaft – eingesetzt haben. In Heidelberg wurde er zum Motor der Entwicklung der gesamten Heidelberger Physik. Neben seinen Forschungsarbeiten hielt er vielstündige Vorlesungen und Seminare und kümmerte sich um Bibliothek und Verwaltung des neu geschaffenen Instituts. Zeit für Freunde blieb trotzdem. Als Ernst Bielitz 1971 starb, kam Johannes Jensen zur Beerdigung nach Partenstein. Auch danach besuchte er noch oft das Grab seines Freundes, bis er selbst unerwartet am 11. Februar 1973 in Heidelberg starb.

    Da er schon zu Lebzeiten ein bescheidener Mann war, gab es auch keine große Beerdigung. Denn ein Star-Wissenschaftler wollte der Hamburger Gärtnersohn nie sein. Weil er in seinem Testament ausdrücklich auf die Beisetzung in Partenstein bestanden hatte, ließ ihn Gudrun Bielitz neben ihrem Mann begraben. Heute erinnert nur noch eine verwitterte Sandsteintafel mit der schlichten Inschrift „Johannes D. Jensen 1907 - 1973“ an den großen Wissenschaftler..

    Der Nobelpreis und seine Träger

    Der Nobelpreis wurde vom schwedischen Erfinder und Industriellen Alfred Nobel (1833-1896) gestiftet. Seit 1901 wird der Nobelpreis jedes Jahr am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels, verliehen. Traditionell werden der Friedensnobelpreis vom norwegischen König in Oslo und die übrigen Nobelpreise (in den Kategorien Physik, Chemie, Medizin oder Physiologie, Literatur und seit 1969 auch Wirtschaft) vom schwedischen König in Stockholm überreicht. Zu den deutschen Nobelpreisträgern gehören unter anderem Gustav Stresemann (1926, Friedensnobelpreis), Günter Grass (1999, Literatur) , Friedrich Bergius (1931, Chemie), Wilhelm Conrad Röntgen (1901, Physik), Harald zur Hausen (2008, Medizin), Reinhard Selten (1994, Wirtschaftswissenschaften). Zuletzt bekam die Schriftstellerin Herta Müller 2009 den Literaturnobelpreis. Johannes D. Jensen erhielt für seine Arbeit zum besseren Verständnis der Atomkerne 1963 zusammen mit der Physikerin Maria Goeppert-Mayer den Nobelpreis. Sie hatten 1955 gemeinsam das Buch „Elementary Theory of Nuclear Shell Structure“ veröffentlicht und damit zum besseren Verständnis der Atomkerne beigetragen.

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