Auf dem Lohrer Friedhof soll ein Gräberfeld für Beisetzungen nach islamischem Ritus entstehen. Das Rathaus hüllte sich auf Nachfrage noch in Schweigen, weil sich das Projekt erst in der Vorplanung befinde. Solche Gräberfelder gibt es bereits in Karlstadt und Marktheidenfeld.
Öffentlich geworden ist das Vorhaben bei den Haushaltsberatungen des Lohrer Stadtrats. Das Gremium beschloss einstimmig, dass die Stadt für einen notwendigen Bodenaustausch 56.000 Euro bereitstellt. Details zum Erfordernis des Bodenaustauschs wie zu dem Vorhaben selbst wurden nicht genannt.
Auch Rathaussprecher Dieter Daus wollte auf Anfrage nicht näher auf das Vorhaben eingehen. "Wir halten eine Berichterstattung über das vorgesehene islamische Grabfeld zum jetzigen Zeitpunkt noch für verfrüht", erklärte der geschäftsleitende Beamte. Es würde nur ein Diskussionsforum geschaffen, "zu dem wir als Stadt noch keine Fakten beisteuern könnten".
Auskunft erst ab Mai
Das Vorhaben befindet sich laut Daus "gerade mal erst in der Vorplanung". Die Stadt prüfe gerade, welche Genehmigungen hierzu erforderlich sein werden. "Eine Berichterstattung ohne definitiv machbare Aussagen wäre nicht förderlich", so Daus.
Mit dem Türkisch-Islamischen Kulturverein Lohr sei wegen des Vorhabens bereits gesprochen worden, bestätigte Vorsitzender Adnan Altin. Über Details konnte auch er noch nichts sagen: "Soweit sind wir noch nicht." Klar sei aber, dass es Beisetzungen nach islamischem Ritus, also mit in Tüchern gehüllten Toten, geben solle.
Bei der Beisetzung anwesend sein würden neben der Trauergemeinde der Prediger der Moschee und ein Vertreter der Friedhofsverwaltung. Laut Altin sind ihm ganz wenige Fälle bekannt, in denen Verstorbene islamischen Glaubens auf dem Lohrer Friedhof beigesetzt wurden. Die meisten Verstorbenen seien zur Beisetzung in die alte Heimat zurückgebracht worden.
Friedhof Sendelbach geeigneter?
Nach Informationen unserer Redaktion soll das Gräberfeld auf einer freien Fläche des Lohrer Friedhofs in Richtung des früheren Studienseminars Aloysianum im Anschluss an den Urnengarten und die sanitären Einrichtungen entstehen. Ein Bodenaustausch bei Erdbestattungen ist dann notwendig, wenn die Bodenbeschaffenheit so ist, dass die Zersetzung der Verstorbenen nicht sichergestellt ist.
Während der Diskussion im Stadtrat über die Finanzplanung gab es die Nachfrage, ob statt des dafür vorgesehenen Lohrer Hauptfriedhofes nicht der Friedhof in Sendelbach geeigneter wäre. Dort sei der Boden sandig und daher für islamische Bestattungen tauglicher. Seitens der Verwaltung wurde der Vorschlag jedoch verworfen.
Begründung: Es sei der ausdrückliche Wunsch der islamischen Gemeinde, dass die islamischen Bestattungen auf dem Hauptfriedhof stattfinden könnten. Davon war Adnan Altin nichts bekannt. Bei den Gesprächen, die er mit der Stadtverwaltung geführt habe, sei von Sendelbach nicht die Rede gewesen. Es sei immer nur um den Hauptfriedhof gegangen.
Rechtlich zugelassen
Eine Beisetzung nur in Tüchern lässt Paragraf 30 Absatz 2 der bayerischen Verordnung zur Durchführung des Bestattungsgesetzes zu. Dort heißt es: "Der Friedhofsträger kann Erdbestattungen in einem Leichentuch ohne Sarg aus religiösen und weltanschaulichen Gründen zulassen, soweit öffentliche Belange nicht entgegenstehen."
In Karlstadt gibt es nach Auskunft des geschäftsleitenden Beamten Uli Heck und von Petra Simon von der Pressestelle bereits seit 2021 auf dem Ostfriedhof ein islamisches Grabfeld mit zwölf Grabstellen. Es seien lediglich Einzelgrabstätten für Erdbestattungen ausgewiesen. Das Grabfeld sei definitiv bereits genutzt worden. Alle Details zu einer Bestattung würden von den Angehörigen mit der Friedhofsverwaltung der Stadt Karlstadt abgestimmt.
Ein Bestattungsanspruch bestehe laut Friedhofssatzung für Verstorbene mit Wohnsitz in Karlstadt und Verstorbene mit Nutzungsrecht an einem belegungsfähigen Grab. Die Bestattung anderer Personen müsse von der Friedhofsverwaltung im Einzelfall erlaubt werden. Wer die Bestattung abhalte und wie der Ablauf sei, sei der Friedhofsverwaltung nicht bekannt.
In Marktheidenfeld besteht nach Angaben von Rathaussprecher Marcus Meier ein muslimisches Grabfeld auf dem Friedhof am Äußeren Ring, das für rund 25 Gräber ausgelegt sei. Die Beisetzung übernehme meist ein Imam, etwa aus der örtlichen Istiklal-Moschee.
Vorrangig für örtliche Bürger
Alle städtischen Friedhöfe seien vorrangig für die Bewohner von Marktheidenfeld vorgesehen. In Ausnahmefällen könnten auch Personen aus anderen Gemeinden beigesetzt werden. Zum Beispiel seien dies Verstorbene, die in Marktheidenfeld aufgewachsen und verwurzelt seien und in einem Seniorenheim außerhalb von Marktheidenfeld gelebt hätten.