Sie schaute dem Volk aufs Maul, war eine markante Lohrer Stimme. Sie sagte oft unverblümt ihre Ideen und Meinung. Und sie schrieb sie immer wieder in kurz-prägnanten Leserbriefen: Elisabeth Franz, Lohrer Original und kritische Zeitgenossin, ist tot. Sie starb am Sonntag, im Seniorenzentrum St. Martin in Lohr. Dort hatte die ehemalige Verkehrsamtsleiterin noch am 13. November in kleinstem Kreis ihren 90. Geburtstag feiern können.
In Erinnerung geblieben ist die "Franze-Lies" mit einer Bestimmtheit, die verblüffte. Sie nahm kein Blatt vor den Mund, wenn es um Heimatbewusstsein, Denkmalpflege, Stadtverschönerung, Fremdenverkehrsentwicklung und aktuelle Tagesfragen ging.
Bereits in ihrer Zeit als Verkehrsamtsleiterin traute sich die gebürtige Lohrerin mehr als alle anderen. Zusammen mit dem früheren Stadtkämmerer Manfred Walter war sie lange Zeit die wohl wichtigste Ideengeberin aus der Verwaltung. Wenn Gäste heute in Lohr viele hübsche Fachwerkgiebel und alte Kleindenkmale bewundern können, stecken dahinter oft Initiativen, Engagement und Überzeugungskraft der "Lies".
Elisabeth Franz hat viel für die Kultur in Lohr und den Dialekt getan, hat Ausstellungen organisiert und zusammen mit Adele und Waldemar Hauck die Rathauskonzerte angeleiert. Sie war die geistige Mutter der Bayersturmfeste. Scheinbar mühelos konnte sie Leuten, die das Sagen hatten, so lange auf den Wecker fallen, bis sie mit der Verwirklichung ihrer Pläne vorankam.
Friedhof als Kulturdenkmal
Dies praktizierte sie auch im Unruhestand. Wenn man sie häufig auf dem Friedhof antraf, dann nicht, weil sie sich ihr letztes Plätzchen suchte. Sie wollte, dass der nach zunehmenden Einäscherungen immer leerer werdende alte Friedhof als Kulturdenkmal begriffen und gepflegt wird, dass Gräber verkleinert und verbilligt und alte Grabsteine aufgehoben werden.
Sie wollte, dass aus dem Schäfersgarten zwischen Vorstadtstraße und Jugendzentrum ein kleiner Stadtpark wird. Das Gründungsmitglied des Lohrer Geschichtsvereins vermisste große Persönlichkeiten, die für die Stadt wirken wollten. Betätigungsfelder gäbe es genug, meinte sie.
Seit Franz das Rathaus verlassen hat, gab es in Lohr keine größeren Fachwerkfreilegungen mehr. Sie hatte den Hauseigentümern früher sogar die Anträge geschrieben. Aber das Interesse an der Haussanierung hat in Lohr viel bewirkt. Ihr Credo: Die Stadt sollte mehr wert auf Einzelsanierungen legen.
Kampf um Eisengießer
Rathauschefs ließen sie häufig gewähren, auch wenn der Erfolg zuweilen lange ausblieb. So schaffte sie es erst 17 Jahre nach der Entdeckung eines Modells von Hermann Amrhein, dass ein Eisengießer-Denkmal vor dem Rexroth-Herrenhaus errichtet wurde.
Auf dem langen Weg der Überzeugung bekam sie vom Rexroth-Topmanagement zu hören, man brauche ein High-Tec-Denkmal und keinen Lohrer Eisengießer. Wenn es den nicht gegeben hätte, "wären sie alle nicht da", machte die Franze-Lies aus dem Rathaus den Herren unmissverständlich klar.
Elisabeth Franz war oft so etwas wie das gute oder schlechte Gewissen der Stadt. Sie rappelte sich auch im Alter noch auf und mischte sich ein, wenn im alten Lohr etwas schiefzulaufen schien. Das war schon beim Kampf um den Kreissitz so und hinterher nicht mehr so lautstark.
Elisabeth Franz ging von 1937 bis 1941 in die Volksschule in Lohr und dann bis 1945 die Oberschule. Später absolvierte sie die Mädchen-Mittelschule der Franziskanerinnen. Bis 1950 half sie im elterlichen Fahrradgeschäft. Dann lernte sie Zahnarzthelferin. Im August 1953 wechselte sie als Verwaltungsangestellte zur Stadtkasse. Ab August 1970 bis zu ihrer Pensionierung im April 1993 fungierte sie als erste Leiterin des städtischen Verkehrsamtes.
Die Dialektexpertin gehörte seit 1992 zu den Trägerinnen des Frankenwürfels. Sie bekam ihn unter anderem für ihren Einsatz in Stadtverschönerung und Denkmalpflege, wo sie manchmal noch in letzter Minute ihren Einfluss durchsetzte.