Es wirkte ein bisschen wie eine Retourkutsche: Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am Mittwochabend den Vorschlag des Karlstadter Künstlers Peter Wittstadt zurückgewiesen, seine umstrittene Schneewittchenskulptur statt mit der ursprünglich vorgesehenen Stele mit vier Reliefplatten im Umfeld zu verzieren.
Eine deutliche Stadtratsmehrheit bestand darauf, dass Wittstadt die Stele liefert, die dann zusammen mit dem rund drei Meter hohen Schneewittchen vor der neuen Stadthalle aufgestellt werden wird.
Wie hinlänglich bekannt, hatte Wittstadt mit seinem Entwurf eines ziemlich knorzigen Schneewittchens den ersten Lohrer Kunstpreis gewonnen, was zu heftigen Reaktionen und einem enormen medialen Nachhall führte. Auch in weiten Teilen des Stadtrates herrschte Entsetzen über die Skulptur, die die Kunstpreis-Jury der Stadt eingebrockt hatte, ebenso über die Kosten von über 100 000 Euro, die auf bis heute ungeklärte Weise durch das Streichen einer Kostenobergrenze aus dem Ausschreibungstext ermöglicht wurden.
Platte mit Platzwechsel begründet

Wittstadts Entwurf für den Kunstpreis hatte als Ergänzung zu der Figur eine Stele vorgesehen, auf deren Spitze ein Apfel, ein Kamm und ein Gürtel drapiert waren. Damals war der Künstler davon ausgegangen, dass sein Werk in der städtischen Anlage aufgestellt werden würde. Doch dann kristallisierte sich der Platz vor der neuen Stadthalle als Standort heraus. Wittstadt sagte daraufhin, dass statt einer Stele vier Reliefplatten besser dorthin passen würden. Bürgermeister Mario Paul sagte am Mittwoch, dass er diese Argumentation nachvollziehen könne. Die Platten animierten mehr zum Bewegen auf dem Platz und zur Auseinandersetzung mit dem Thema, als eine einzelne Stele. Überdies sollte man „kein zweites Hindernis“ auf dem Platz aufstellen.
Ähnlich argumentierte Kulturamtsleiter Peter Häring. „Mir gefallen die Platten viel besser.“ Er sei froh gewesen, als Wittstadt den Vorschlag unterbreitet habe.
Als Paul die jeweils rund 50 auf 50 Zentimeter großen Platten aus Peter Wittstadts Entwurf dem Gremium vorstellte, wurde jedoch deutlich, dass etliche Stadträte noch immer nicht ihren Frieden mit den Darstellungen des Künstlers gemacht haben. Ob man nicht einfach auf die Platten und die Stele verzichten könne, wurde mehrfach gefragt, auch, ob man sie zwar annehmen, aber danach verschenken könnte.
Erneut kindliche Darstellung
Die vier Platten mit den Titeln „Böse Stiefmutter“, „Prinz“, „Spieglein, Spieglein . . .“ und „Zwergentisch“ sind in ihrer Darstellung eine konsequente Fortsetzung der kindlichen Darstellungsform, mit der Wittstadt auch seine Skulptur begründet hatte. Einige Stadträte vermuteten aber offenbar, dass Wittstadt mit den Platten nur Geld sparen wolle, weil sie eventuell billiger als eine Stele seien. „Ich sehe nicht ein, dass ich dem Künstler jetzt eine einfache Lösung zugestehe“, sagte beispielsweise Richard Eyrich und ergänzte: „Das macht jedes Kindergartenkind besser.“
Dieser Vorwurf sei nicht neu, erstickte Paul den Rückfall in längst überstandene Stereotypen im Keim. Doch auch Ulrike Röder pochte darauf, dass Wittstadt das abzuliefern habe, womit er den Kunstpreis gewonnen hatte. Dabei vergaß sie allerdings, dass schon die nun aktuelle Version der Schneewittchenskulptur längst nicht mehr dem Modell entspricht, das die Jury damals zum Sieger gekürt hatte.
Des Themas überdrüssig

Einige Stadträte wollten das für sie leidige Thema einfach nur vom Tisch haben: „Macht die Platten nei und Ruhe hat's“, sagte beispielsweise Michael Kleinfeller. Matthias Schneider sah es ebenso, „und dann will ich nicht mehr drüber reden“.
Christine Kohnle-Weis regte an, mit Wittstadt nochmal über den Preis zu verhandeln. Wenn die Stele mit 13 Prozent der insgesamt auf gut 100 000 Euro taxierten Kosten veranschlagt sei und die Platten billiger kämen, ergebe sich eventuell noch ein Rabatt.
Doch in derartige Verhandlungen wird die Stadt nicht treten müssen. Denn am Ende stimmten 15 von 20 Stadträten dafür, von Wittstadt die Stele zu fordern. Gegen die Stimmen von Ernst Herr und Ulla Menzel beschlossen sie überdies, dass Schneewittchenskulptur und Stele vor der Stadthalle aufgestellt werden.