Gerade jetzt, da das Corona-Virus Welle um Welle über die Main-Spessarter Wirtschaft hinwegschwappt, zeigen sich die lang vernachlässigten Schwachstellen in den Geschäftsmodellen der Betriebe oder in der Infrastruktur. Man stelle sich kurz ein Unternehmen als Boot vor. Es muss selbst wissen, wohin es auf den Weltmeeren hinschippern will. Es braucht aber auch immer jemanden, der einen robusten Rumpf baut. Und es braucht jemanden, der zumindest alles dafür tut, damit nicht Boot um Boot absäuft, wenn es mal ruppig wird.
Montagmorgen. Landrätin Sabine Sitter hat zur ersten Sitzung des Ausschusses für Landkreisentwicklung und Digitalisierung geladen. "Wir wollen als Landkreis eine Lotsenfunktion übernehmen", sagt Sitter. Dafür hat sie Sebastian Kühl von der Region Mainfranken GmbH für die Wirtschaftsförderung eingestellt. Das Sachgebiet war früher eher auf Tourismus ausgerichtet, mit ihm verschiebt sich der Schwerpunkt in Richtung, naja, Wirtschaftsförderung eben.
Denn Main-Spessart ist industriegeprägt. Dementsprechend abhängig ist der Landkreis davon, dass die Unternehmen nicht absaufen. 54 Prozent der Main-Spessarter arbeiten im produzierenden Gewerbe. Das sind im Schnitt 17 Prozentpunkte mehr als in Unterfranken und 22 Prozentpunkte mehr als in ganz Bayern. Energiewende, Digitalisierung und und und. "Die Industrie steht vor einem massiven Transformationsprozess. Corona ist ein Stück Brennglas dafür", sagt Kühl. Der Ausschuss bereitete nun die Grundlage dafür, die Unternehmen durch diese Transformationsprozesse zu lotsen.
Main-Spessart soll digitalisiert werden
Digitalisierung. Viele führen dieses Wort im Mund, wüssten aber nicht, was es eigentlich bedeutet, sagt Christian Baier (Grüne): "Es ist die Ursache, aber auch die Lösung vieler Probleme." Die Grünen wollen eine Digitalisierungsstrategie für den gesamten Landkreis entwickeln und haben dazu einen Antrag gestellt. Wo ist der Landkreis, wo will er hin? Diese Frage müsse man gemeinsam mit allen Kommunen klären. "Digitalisierung bedeutet immer auch Vernetzung. Wir alle müssen unter fachlicher Leitung zusammenarbeiten. Die Kommunen allein werden die Probleme nicht lösen."
Dieser Antrag ist eine "Initialzündung". So drückte es Landrätin Sitter aus. "Ein gigantisches Projekt, an dem viel hängt", nannte es der Geschäftsführende Beamte Otto Streitenberger. Dementsprechend unkonkret ist diese Digitalisierungsstrategie. Sie soll sich jedoch über Verwaltung, Mobilität, Bildung, Gesundheit, Energie und Wirtschaft spannen. Die Verwaltung soll deshalb erstmal Projektziele definieren und das Interesse an so einem Konzept bei den Gemeinden und Städten abfragen.
Doch es geht auch konkreter. Alles soll schneller gehen können, zum Beispiel durch gemeinsame Software von Kommunen und Landratsamt. Streitenberger: "Von Antrag bei der Gemeinde bis zu Bewilligung des Landkreises könnten alle Schritte digital vonstatten gehen." Schon jetzt ist geplant, Stellen für ein Digitalisierungsamt zu schaffen, damit die Verwaltung Schritt für Schritt papierloser wird.
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Der Landkreis versucht mit einigen kleineren Einzelprojekten in Sachen Digitalisierung bereits aufzuholen. Ein Auszug: Breitband und Glasfaser an allen Schulen: in Arbeit. WLAN an allen Schulen: bis Ende 2021 geplant. Rufbusse per App bestellen: soll bald möglich sein. Kontaktloses Bezahlen im Bus: wird geprüft. Digitale Anzeigetafeln an Haltestellen: wird geprüft. Jede Maßnahme soll den Landkreis am Ende etwas attraktiver und dessen Infrastruktur robuster machen – sollten die Wellen mal wieder höher schlagen.
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