Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten

GEMÜNDEN: Mann steckte Rente der Großmutter ein

GEMÜNDEN

Mann steckte Rente der Großmutter ein

    • |
    • |

    Ein 33-Jähriger, der zum Betreuer seiner Großmutter aus dem Raum Marktheidenfeld bestellt war, hat sich deren Rente auf das eigene Konto überweisen lassen und das Geld behalten. Deswegen stand er nun vor Gericht. Dort ging es nebenbei auch um die Frage, wer als Betreuer eigentlich geeignet ist. „Wenn man genau hinschaut, hätte mein Mandant nicht Betreuer werden dürfen“, sagte der Verteidiger des 33-Jährigen. Der Mann sei von Anfang an überfordert gewesen – und er war vorbestraft.

    Vorneweg sagte der Verteidiger: „Die Verhältnisse in der Familie würde ich als ungewöhnlich bezeichnen.“ Über diese Verhältnisse war im Gerichtssaal zu hören, dass Gewalt vorkomme, die große Familie in einem heruntergekommenen Haus lebt und die Familienmitglieder allesamt nicht gerade hoch gebildet sind. Letzteres war wohl der Grund, warum der 33-Jährige nach einem Schlaganfall der Oma als Betreuer ausgewählt wurde und nicht etwa seine Mutter oder seine gut ein Dutzend Onkel und Tanten. „In meiner Familie ist leider keiner gebildet genug, das zu machen“, so der Angeklagte. Er habe es auch nicht machen wollen, aber sonst hätte es keiner gemacht.

    Und auch der Angeklagte war offensichtlich völlig überfordert. Trotz seiner Vorbestrafung wegen Betrugs und Unterschlagung wurde der Angeklagte 2006 vom Amtsgericht in Gemünden zum Betreuer seiner Großmutter bestellt. Ab 2008 ließ er sich die Witwenrente der Oma, gut 400 Euro, auf sein eigenes Konto überweisen. Das Geld habe er teilweise für sich selbst verwendet, räumte er ein. Ab März 2012 ließ er sich die Witwenrente auf ein anderes Konto überweisen und behielt von da an das Geld offenbar ganz für sich. Von März 2012 bis Juni 2013 kamen so über 7000 Euro zusammen, die er veruntreute.

    Der 33-Jährige rechtfertigte sich vor Gericht damit, dass er arbeitslos war und dass er noch eine Rechnung mit der Großmutter, die damals noch im eigenen Haus wohnte, offen hatte. Sein ausländischer Vater sei nach seiner Zeugung wieder nach Südeuropa verschwunden, allerdings habe dessen Mutter einen größeren Geldbetrag für den fernen Enkel geschickt. Um dieses Geld habe ihn seine Oma betrogen, so der 33-Jährige, nie habe er davon etwas gesehen. Da diese auch heute noch Schulden habe, sei es zudem schwierig gewesen, ein Betreuerkonto für sie bei den örtlichen Banken einzurichten. Auch deshalb habe er die Rente aufs eigene Konto überweisen lassen.

    Der Verteidiger wunderte sich, warum beim Amtsgericht nicht schon vorher aufgefallen war, dass die Betreuung offenbar nicht so ablief, wie sie hätte ablaufen sollen. Zwischendurch war der Angeklagte sogar nach Norddeutschland verzogen. Der im Gesetz geforderte „persönliche Kontakt zum Betreuten“ war so über längere Zeit kaum noch gegeben, erst recht da der Mann zwischendurch seinen Führerschein verlor. Offenbar wurden dem Gericht zudem vorgeschriebene Vermögensberichte nicht oder nur unvollständig vorgelegt. So etwas hätte auffallen müssen, so der Verteidiger. Zumal es aus der Familie immer wieder Beschwerden über den 33-Jährigen gegeben habe.

    Von Anfang an hätte die alte Frau einen Berufsbetreuer bekommen müssen, findet der Anwalt. Den bekam sie erst vergangenes Jahr, nachdem die Veruntreuung durch den Enkel ans Tageslicht kam. Ein Polizist sagte aus, dass der Angeklagte auch nach dem Entzug der Betreuungsvollmacht noch Geld vom Konto seiner Großmutter veruntreut habe, für Bahnfahrten und Telefonrechnungen etwa.

    Angeklagt war der 33-Jährige zudem, weil er von einem Tierarzt seinen Hund hatte behandeln lassen, das Honorar aber schuldig blieb. Die Staatsanwältin forderte 23 Monate auf Bewährung, der Verteidiger 19. Richter Christian Spruß verurteilte den Angeklagten schließlich zu 23 Monaten auf Bewährung und der Auflage, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen.

    Betreuer und die gesetzliche Regelung

    Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist geregelt, wer einen Betreuer bekommt und wie man Betreuer wird. „Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer“, steht im Paragraf 1896. Gegen den freien Willen des Volljährigen allerdings darf ein Betreuer nicht bestellt werden.

    Wer kann Betreuer werden? Geregelt ist dies im folgenden Paragraf 1897. Zum Betreuer wird demnach bestellt, wer „geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen“. Weiter: „Schlägt der Volljährige eine Person vor, die zum Betreuer bestellt werden kann, so ist diesem Vorschlag zu entsprechen, wenn es dem Wohl des Volljährigen nicht zuwiderläuft.“

    Schlägt der Volljährige niemanden vor, „so ist bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen des Volljährigen [...] sowie auf die Gefahr von Interessenkonflikten Rücksicht zu nehmen.“ Ein Berufsbetreuer soll nur dann bestellt werden, „wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist“. Im Paragraf 1898 heißt es: „Der vom Betreuungsgericht Ausgewählte ist verpflichtet, die Betreuung zu übernehmen, wenn er [...] geeignet ist und ihm die Übernahme [...] zugemutet werden kann.“

    Wird jemand erstmals im Bezirk des zuständigen Betreuungsgerichts zum Betreuer bestellt, im Landkreis Main-Spessart ist dies Gemünden, „soll das Gericht zuvor die zuständige Behörde zur Eignung des ausgewählten Betreuers [...] anhören. Die zuständige Behörde soll die Person auffordern, ein Führungszeugnis und eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis vorzulegen.“ Wer nicht mehr geeignet ist oder Abrechnungen vorsätzlich falsch erteilt, ist als Betreuer zu entlassen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden