Alexander Hoffmann ist an diesem Mittwoch ein gefragter Gesprächspartner der Medien von FAZ bis RTL. In der Debatte um die Zukunft der CSU ist der 42-jährige Rechtsexperte der erste Bundestagsabgeordnete seiner Partei, der den Rücktritt von Horst Seehofer fordert.
Nachdem die CSU bei der Bundestagswahl um 10,5 Punkte auf 38,8 Prozent abgestürzt ist, bedarf es auch eines personellen Neuanfangs, so Hoffmann.
Frage: Herr Hoffmann, als erster CSU-Bundestagsabgeordneter fordern Sie den Rücktritt von Horst Seehofer. Keine Angst um die Karriere?
Alexander Hoffmann: Nein, denn ich habe mich nicht ungefragt in die Öffentlichkeit gedrängt. Lediglich auf die Frage, ob ich einen Rücktritt Seehofers für erforderlich halte, habe ich ehrlich geantwortet: Wir haben am Sonntag ein katastrophales Wahlergebnis kassiert. Ein Weiter-so darf es deshalb nicht geben. Wir brauchen auch einen personellen Neuanfang.
Im CSU-Vorstand heißt es: Wir gewinnen gemeinsam – und wir verlieren gemeinsam
Hoffmann: Das stimmt schon. Ich will uns alle auch gar nicht von der Verantwortung freisprechen. Aber die Strategie, mit der wir in den Wahlkampf gegangen sind, stammt maßgeblich von Horst Seehofer. Zuerst hat er Angela Merkel wegen ihrer Flüchtlingspolitik massiv angegriffen, um dann Anfang des Jahres einen kompletten Schwenk zu vollziehen. Das fanden viele unserer Anhänger nicht glaubwürdig. Und zwar diejenigen, die Merkels Flüchtlingspolitik prinzipiell gut finden genauso wenig wie diejenigen, die einen härteren Kurs gegenüber der Kanzlerin – Stichwort Obergrenze – wünschen. Die einen haben diesmal FDP gewählt, die anderen eben die AfD.
Aber lange sah es doch so aus, als würde Seehofers Strategie aufgehen. Anfang September lag die CSU in den Umfragen noch bei 47, 48 Prozent.
Hoffmann: Mal losgelöst davon, dass ich es nicht gut finde, Politik nach Umfragewerten zu machen, haben wir doch im Wahlkampf an den Infoständen und bei anderen Begegnungen mit den Bürgern gerade das beschriebene Spannungsverhältnis wahrgenommen. Die einen, die uns wegen des harten Umgangs mit Merkel nicht gewählt haben, und die anderen, die gesagt haben, Seehofer kündige nur an und handle nicht.
Zumal die guten Umfragewerte den Denkzettelwunsch bei den Wählern noch verstärkt haben könnten.
Da soll ein Putsch helfen?
Hoffmann: Nein, von einem Putsch kann keine Rede sein. Ich möchte eine offene, sachliche Diskussion darüber, welche Person uns die beste Perspektive für die nächsten Jahre verspricht, vor allem auch für die Landtagswahl im Herbst 2018. Seehofer soll nicht über Nacht entmachtet werden. Wir haben Regierungsverantwortung in München und Berlin – und schwierige Koalitionsverhandlungen vor uns. Aber er sollte den Weg freimachen für einen geordneten personellen Neuanfang beim Wahlparteitag im November.
Haben Sie einen Nachfolge-Kandidaten im Blick?
Hoffmann: Aus meiner Sicht ist Markus Söder der geeignete Mann. Aber entscheiden muss das höchste Gremium der CSU: der Parteitag.
Söder als Parteichef oder als Ministerpräsident?
Hoffmann: Für beide Positionen. Ich denke, die Aufgaben sollten in diesen Zeiten in einer Hand bleiben.
Hätte er schon früher nominiert werden sollen?
Hoffmann: Ein schwieriges Thema. Seehofers Rückzug vom Rückzug hat die CSU auf jeden Fall auch Glaubwürdigkeit gekostet. Warum dieses Hin und Her? Das haben wir immer wieder an den Infoständen im Wahlkampf zu hören bekommen.
Und wer soll für die CSU die Koalitionsverhandlungen in Berlin führen?
Hoffmann: Mit Alexander Dobrindt haben wir einen starken Landesgruppenvorsitzenden. Er hat vier Jahre Erfahrung im Kabinett – und ist Sprecher der CSU-Minister. Wir haben eine starke CSU-Mannschaft, mit vielen klugen Köpfen. Wir sind da voll handlungsfähig.
Für eine Jamaika-Koalition wird die CSU in Berlin Kompromisse eingehen müssen, mit der CDU, aber erst recht mit der FDP und den Grünen. Die werden an der Basis nicht nur Begeisterung auslösen.
Hoffmann: Ganz ehrlich, ich kann mir eine Koalition mit den Grünen zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht vorstellen. Aber wir müssen es versuchen. Die Union hat – bei allem Ärger über die Stimmenverluste – einen klaren Regierungsauftrag erhalten. Und den müssen wir ernst nehmen, im Interesse des Landes. Wir können uns nicht leisten, dass es, wie zuletzt in Spanien, über mehrere Monate hinweg keine Regierungsbildung gibt.
Dann gäbe es Neuwahlen.
Hoffmann: Neuwahlen wären der Offenbarungseid. Da würden nur die Radikalen im rechten und dem linken Spektrum profitieren. Wir haben jetzt das Votum des Wählers – und es darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass es Neuwahlen gibt, sobald das Ergebnis einer Wahl nicht passt. Es braucht jetzt ernsthafte Sondierungs- und später Koalitionsgespräche, bei denen alle Seiten über ihre parteipolitischen Schatten springen müssen. Es gibt da Signale in allen Parteien, die mich vorsichtig optimistisch stimmen.
Würde denn die CSU-Basis einen Koalitionsvertrag zum Beispiel ohne Obergrenze akzeptieren.
Hoffmann: Wir werden unsere Forderungen einbringen. Ich will da nichts vorwegnehmen. Im Übrigen halte ich es für den richtigen Weg, den ausgehandelten Koalitionsvertrag den Mitgliedern auf einem weiteren Parteitag zur Diskussion und zur Abstimmung vorzulegen. So lässt sich Vertrauen zurückgewinnen.
Zur Person Alexander Hoffmann ist seit 2013 direkt gewählter Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Main-Spessart/Miltenberg. Bei der Wahl am Sonntag erzielte der CSU-Politiker 46,6 Prozent der Erststimmen. Der 42-jährige Jurist, der unter anderem Ordnungsamtsleiter bei der Stadt Würzburg war, ist seit 2006 CSU-Mitglied, seit 2008 ist er Gemeinderat in seiner Heimatgemeinde Zellingen. Im Bundestag hat sich Hoffmann zuletzt unter anderem bei der Novellierung des Sexualstrafrechts einen Namen gemacht.