Den Gedanken an ein „Nein“ hat es bei Burkard Sauer nie gegeben. 1998 hat er den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern in Binsfeld übernommen. Ein Jahr später hatte er auf Naturland-Richtlinien umgestellt. „Ich habe die konventionelle Landwirtschaft miterlebt und nicht als schlecht empfunden“, sagt er. Dennoch wurde Sauer bereits früh Fan der ökologischen Landwirtschaft, verfasste seine Facharbeit über einen Bio-Betrieb und machte auf solch einem Hof Praktikum.
Sein heutiger Betrieb steht auf zwei Standbeinen: Der Mutterkuhhaltung und dem Ackerbau, welche gekoppelt sind. Auf der Ackerfläche werden Verkaufsfrüchte und die benötigten Futterpflanzen für die Tierhaltung erzeugt, die pflanzlichen und tierischen Abfälle kommen wiederum als Dünger auf den Acker.
Hielt der Vater die Milchkühe noch in klassischer Anbindehaltung, leben die Tiere bei Burkard Sauer seit 2001 im Laufstall. Hier gibt es einen Fressbereich mit Spaltenboden, durch den die Tiere die Gülle durchtreten. Zudem gibt es einen eingestreuten Liegebereich, der zu einer Seite offen ist. Die Auflage für Öko-Betriebe, dass alle Tiere Zugang zu einem Auslauf im Freien haben, erfüllt Sauer mit einem Anbau in diesem Jahr. Im Sommer kommt zudem die Hälfte der Kühe auf die Weide.
„Ziel ist es, einen Stock an erfahrenen Muttertieren mit guter Genetik zu haben.“
Burkard Sauer nimmt die Milch nur zum Kälberfüttern
Auch hat er von Milcherzeugung auf Fleischvermarktung umgestellt. Die Milch seiner Kühe steht ausschließlich ihren Kälbern zur Verfügung. „Ziel ist es, einen Stock an erfahrenen Muttertieren mit guter Genetik zu haben“, beschreibt Sauer. Geschlachtet werden die Rinder nach zwei Jahren. Das Fleisch verkauft Sauer an den Naturland-Verband und direkt an Kunden. Wer bei ihm kauft, nimmt allerdings in Kauf, dass er Fleisch nicht im einzelnen Steak-Format bekommt, denn bei ihm gibt es nur ein 10-Kilo-Mischpaket. Auch muss schon einmal gewartet werden, wann geschlachtet wird. Das erfordert vom Verbraucher eine bewusstere Planung und schließt Spontankäufe aus, erläutert der Öko-Landwirt. „Dafür hat dieser den Vorteil, dass er sehr gute Qualität bekommt und ein hohes Maß an Sicherheit hat“, so Sauer.
Das Getreide nimmt Burkard Sauer zu 100 Prozent sein Verband Naturland ab. Von diesem bekommt er auch Saatgut. In der Bewirtschaftung seiner Felder spielt die Fruchtfolge eine zentrale Rolle. Denn die Richtlinien des Ökolandbaus verbieten den Einsatz von chemischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln.
Einer der wichtigsten Fragen ist dabei immer: Wie bekomme ich genug Stickstoff in den Boden? In der konventionellen Landwirtschaft wird der Nährstoff mittels stickstoffhaltigen Düngemitteln auf die Felder gebracht. Im ökologischen Ackerbau passiert dies durch den Anbau von Leguminosen, also Hülsenfrüchten wie Kleearten, Erbsen und Ackerbohnen. „Sie sind fähig, Stickstoff aus der Luft mit Hilfe von Knöllchenbakterien im Boden anzureichern, so dass es für die nächsten zwei Jahre hält“, erklärt Burkard Sauer. Gleichzeitig werden die Leguminosen als Tierfutter verwendet und kommen so als Dung wieder aufs Feld.
„Eine typische Fruchtfolge wäre zum Beispiel zwei Jahre Luzerne – als Leguminose bringt sie Stickstoff in den Boden, unterdrückt Unkraut und ist Tierfutter“, erläutert Sauer. „Danach kommt Getreide, das nur zieht, dann noch einmal Erbsen, vielleicht noch Sonnenblumen, nach vier bis fünf Jahren ist der Acker leer.“ Durch geschickte Fruchtfolge auf den Äckern soll im Biolandbau auch das Unkrautwachstum verhindert werden. So nimmt die schnell hochwachsende Luzerne dem Unkraut das Licht und ihre Pfahlwurzeln verdrängen Wurzelunkräuter wie Quecken und Disteln. „Problematisch sind Mäuse, die die Luzernenwurzel abknabbern“, erklärt Sauer. Abhelfen können höchstens Sitzstangen für Greifvögel.
Seit der Umstellung auf Ökolandbau hat Burkard Sauer Höhen und Tiefen erlebt. „Problematisch ist manchmal, dass der Ökolandbau nicht auf Kurzfristigkeit gestrickt ist“, so Sauer. Gerade die extremen Wetterbedingungen der letzten Jahre waren da eine Herausforderung. Konnten einige konventionellen Landwirte nach dem eiskalten Februar und dem folgenden trockenen Frühjahr 2012 ihre Felder zum Beispiel auf Mais umstellen, musste er seine Fruchtfolge einhalten und mit niedrigeren Erträgen leben. Genauso aber bekam er im trockenen Jahr 2011 durch seine humusreiche Erde und die Fruchtfolge weniger Probleme mit seinen Böden als konventionelle Kollegen.
„Vor allem, wenn sie Kinder bekommen, fangen sie an, auf Bio zu achten.“
Burkard Sauer über Reaktionen aus dem Freundeskreis
Insgesamt ist er zufrieden mit seinem Öko-Bauernhof. „Der Betrieb läuft kontinuierlich und mich erfüllt das, was ich mache, mit einem guten Gefühl, sprich ich kann mich damit identifizieren“, beschreibt er. Rückhalt bekommt er durch seine Familie und auch von Freunden kommt in den letzten Jahren immer mehr Zuspruch. „Vor allem, wenn sie Kinder bekommen, fangen sie an, auf Bio zu achten“, erzählt Burkard Sauer. Von einem Bio-Trend will er aber nicht sprechen. Selbst der Trubel rund um BSE oder kürzlich den Pferdefleischskandal habe die Zahlen weder nach oben noch nach unten gebracht.
Den Hype auf Bioprodukte sieht er aber auch kritisch. „Die Dinge müssen sich entwickeln“, sagt er. Was passiert, wenn zwar die Nachfrage, aber die Strukturen noch nicht da sind, habe der Bio-Eier-Skandal gezeigt. Hier wollten einige große Betriebe schnell auf Bio-Produktion umstellen. Allen voran aber sieht er im Verbraucher den Schlüssel. Und insofern ist Sauer fast dankbar über jeden Skandal: Denn nichts bestätige dem Verbraucher eindrucksvoller, was er eigentlich gerade in seinem Einkaufskorb liegen habe – oder eben nicht.