Samstagmorgen - der Nebel verzieht sich langsam und gibt die Sicht frei auf Wiesen und Felder. Erste Sonnenstrahlen machen sich bemerkbar und am Himmel ziehen Vogelschwärme ihre Kreise. Plötzlich steigt ein kräftiger Falke schwungvoll mit seinen riesigen Flügeln von der Erde aus empor in die Lüfte. dreht dort einige ungleichmäßig gezogene Kreise und stürzt sich mitten in einen Krähenschwarm. Tumult, wildes Krähengeschrei - dann setzt der Falke mit einer Krähe in seinen Fängen zum Landen an. Die Jagd war erfolgreich.
Was so einfach aussieht, ist harte, oft über Wochen und Monate andauernde, Arbeit. Momentan zieht der Falkner Amrhein zwei junge Bussarde auf. Die Jungvögel sind etwa nach acht Wochen ausgewachsen", erklärt der 41-Jährige. "Dann beginnt die Arbeit." Täglich muss er mit den Jungvögeln trainieren. Zuerst werden Muskulatur und Ausdauer der Vögel trainiert. Erst dann werden sie auf die Jagd getrimmt.
Am liebsten trainiert Amrhein seine Jungvögel mit einer neuen Methode, die aus England stammt. Er lässt einen Drachen steigen, an dem er ein Federspiel mit Putenfleisch bestückt. Der Vogel muss nun darauf abgerichtet werden, das Federspiel vom Drachen loszureißen, was bei starkem Wind ganz schon kräftezehrend sein kann.
Nicht nur um seine zwei Jungvögel muss sich Bernd Amrhein täglich kümmern; auch sechs ältere Raubvögel, die zu seinem Bestand gehören, benötigen immer wieder Zuneigung und Training, damit sie nicht aus der Übung kommen. "Das ist bei den Vögeln genauso wie bei einem Sportler", erklärt Amrhein. "Doch es ist manchmal ganz schön stressig." Länger als zwei Tage können die ausgewachsenen Vögel nicht ohne Ausflug in ihrem etwa zwölf Quadratmeter großen Gehege bleiben. In jedem Gehege sind nicht mehr als zwei Tiere. "Sonst würden sich die Vögel gegenseitig fertig machen. Schon bei zwei Vögeln in einem Gehege wird es manchmal kritisch", sagt Amrhein
Zu seinem Bestand zählen unter anderem Wanderfalken, sowie Rotschwanzbussarde, die aus Nordamerika kommen und besonders gut zur Hasenjagd geeignet sind. "Eigentlich ist der Rotschwanzbussard der einzige meiner Vögel, mit dem ich auf Hasenjagd gehe. Mit den anderen jage ich ausschließlich Flugwild." Wanderfalken werden etwa 50 Zentimeter groß, Bussarde nicht größer als 40 Zentimeter. Wobei das Weibchen immer etwas größer und kräftiger ist als das Männchen, in Fachkreisen auch Terzel genannt."
Die Jagd ist für Amrhein das Schönste an seinem Hobby. Wenn er dem Vogel bei seiner Jagd in der Luft zuschaut, erfreut er sich immer wieder an den Flugmanövern. Vor allem am Sturzflug, bei dem sich der Raubvogel über der Beute befindet und senkrecht auf sie herabstürzt. Bei einem solchen Sturzflug bekommt der Vogel eine Geschwindigkeit von etwa 320 Stundenkilometern."
Auch der Falkner darf nicht jagen wie es ihm passt. Er muss erst den jeweils zuständigen Jagdpächter um Erlaubnis bitten. Außerdem darf er mit seinen Vögeln nur im Zeitraum zwischen Herbst und Frühling auf die Jagd gehen. In der Brutzeit (Ende Frühling bis Anfang Herbst) besteht für alle Jäger Jagdverbot.

Ein großes Plus für die Jagd mit Raubvögeln gegenüber der mit dem Gewehr sieht Amrhein in der natürlichen Auslese. "Ein Raubvogel", so Amrhein, "sucht immer das schwächste Tier aus." Nur die kranken und alten Tiere fallen ihm zum Opfer. Bei der Jagd mit dem Gewehr bekommt das Beutetier nicht die Chance, rechtzeitig zu fliehen. Jedoch gibt es auch Nachteile bei der Beizjagd, wie die Jagd mit Raubvögeln genannt wird. Denn nur die erlegten Hasen kann man für den Eigenverbrauch nutzen. "Das erlegte Flugwild ist nichts für die Pfanne."