Der Mann, der am Sonntag sein Cello in barocker Manier ohne Stachel, fest mit seinen Beinen umschlungen hielt und anspruchsvolle Kammermusik aus der Barockzeit geradezu zelebrierte, war mit den großen Dirigenten zu Gast in den berühmtesten Konzertsälen. Reinhold Johannes Buhl war 28 Jahre lang bis 1996 Solocellist des Symphonie-Orchesters des Bayerischen Rundfunks, spielte unter Leitung von Rafael Kubelik, Sir Colin Davis und Lorin Maazel und gilt als ein Meister historischer Aufführungspraxis.
Darin trifft er sich mit Michael Günther, der zum Europatag zu „einer musikalischen Reise durch Europa“ in den Stucksaal des Schlosses Homburg eingeladen hatte. Buhl, mit 74 Jahren inzwischen im „Unruhestand“, kann es sich leisten, eigenwillig aufzutreten. Niemand verübelt es dem Virtuosen, wenn er sein Instrument minutenlang mit Läppchen so einrichtet, dass er Fehlresonanzen, die vielleicht nur er zu erspüren vermag, ausschließt.
Zunächst stand, vielleicht wenig spektakulär, aber angenehm zum Einhören eine „Sonate in C“ für Violoncello und Basso Continuo des wenig bekannten Italieners Felice Maria Picinetti auf dem Programm. Ferdinand Tobias Richter (1651 bis 1711) kam aus Würzburg und stieg zum Hoforganisten und Musiklehrer am Wiener Hof auf. Günther brillierte mit seiner „Suite in d“ für Cembalo auf einem Instrument, das noch in den Jugendjahren des Komponisten in Florenz entstanden ist. Mit seiner „Sonata in A“ für Violoncello und Basso Continuo führte Buhl zum Kontrast des festlich-französischen Geschmacks des galanten Parisers Joseph Bodin de Boismortier („Sonata in G“).
Zum Schönsten, was Kompositionskunst für das Cello schuf, zählt Buhl die Sonaten von Vivaldi und er blieb den gefühlsbetonten Beweis dafür nicht schuldig. Der am Cembalo begleitende Günther hat in der Schönbornschen Hofbibliothek in Wiesentheid drei frühe Abschriften von Vivaldi-Sonaten entdeckt, darunter war auch jene „Sonata in g“, mit deren Aufführung Buhl und Günther im Homburger Stucksaal ein glanzvolles musikalisches Ausrufezeichen hinter das 50. Jubiläum der Europäischen Union und deren Geistestradition setzten.