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MAIN-SPESSART: Mit dem Traktor nach Luxemburg

MAIN-SPESSART

Mit dem Traktor nach Luxemburg

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    Milchbäuerin Bettina Gerhard (rechts) fuhr bei der Protestaktion des BDM mit.
    Milchbäuerin Bettina Gerhard (rechts) fuhr bei der Protestaktion des BDM mit. Foto: FOTO Kathi Haidt

    Mit einem gekonnten Sprung hüpft Bettina Gerhard von ihrem Schlepper auf den schottrigen Parkplatz. „Heeeey Betty“ ruft ihr Jürgen Förg, ein Milchbauer aus Brückenau zu, drückt sie freundschaftlich und sagt „Schön, dass du wieder mitmachst.“ Ob Protest-Aktionen in der Region oder Demonstrationen in Berlin oder Brüssel, sie ist dabei. Milchbäuerin Bettina Gerhard macht das nicht zu ihrem Vergnügen. An den Entscheidungen der Politiker hängt ihre Existenz.

    Mit dem niedrigen Milchpreis kann sie schon lange keinen Gewinn mehr machen. „Wenn nicht bald etwas passiert, ist es mit vielen Milchbauern aus“, sagt sie. Diesmal fuhren Bettina und ihre Kollegen nicht mit dem Bus, sondern mit ihren Traktoren nach Luxemburg zur Demonstration, aus gutem Grund wie die Bäuerin meint: „Dort in Luxemburg zählt jeder Schlepper, um Druck und Eindruck zu machen. Außerdem haben wir unterwegs schon so viele zum Mitfahren bewegt, die eigentlich gar nicht vorhatten zu fahren.“

    Hupend und stolz auf die vielen anderen Bauern aus ganz Europa fahren die fränkischen Milchbauern die Kennedy-Allee in Luxemburg entlang. Hunderte von Schleppern stehen schließlich kreuz und quer. Aus großen Boxen tönt „No Milk today“ von den Herman's Hermits. Die schmale Straße von der Kennedy-Allee bis zum Eingang des EU Gebäudes ist übervoll mit demonstrierenden Bauern. Mitglieder des Bundesverbands deutscher Milchviehhalter (BDM) versorgen sie an Essensständen mit Spiegeleier auf Toast, Eintopf und Kaffee.

    Solidaritätsbezeugung

    Auch ein Erdbeerbauer aus Eußenhausen und ein Landmaschinenverkäufer aus der Rhön sind aus Solidarität nach Luxemburg gefahren. „Wenn die Bauern pleite gehen, hänge ich auch mit drin. An wen verkaufe ich dann meine Landmaschinen“, erläutert der Maschinenhändler.

    Als BDM-Vorsitzender Romuald Schaber mit einem Lächeln im Gesicht aus dem Gebäude kommt, wo die Agrarminister tagen, sind die Bauern wieder voller Hoffnung: „Die Ergebnisse sind gar nicht so schlecht wie wir erwartet haben“, erklärt Schaber der Menge. „Sie wollen das Marktgleichgewicht wieder herstellen, das sind ganz neue Töne.“

    Die Bauern trauen dem Frieden nicht ganz. Ratlos tappen sie von einem auf den anderen Fuß. Auch Bettina Gerhard ist skeptisch. Als einer der Kollegen sagt: „Das ist alles noch ziemliches Wischiwaschi, die vertrösten uns mit solchen halbherzigen Vorschlägen, bis kein Bauer mehr hier steht“, nickt sie. Romuald Schaber mahnt ebenfalls: „Es gilt jetzt sehr wachsam zu sein, und die Ausarbeitung genau zu beobachten und immer präsent zu bleiben, damit alles so wird, wie wir uns das vorstellen.“

    Tropfen auf den heißen Stein

    Über die Unterstützung von 280 Millionen, mit denen die EU den Bauern unter die Arme greifen will, ist niemand begeistert. „Ein Mückenschiss“ und „nur Tropfen auf heißem Stein“ raunt es in der Menge. Die riesige Summe von 280 Millionen soll nämlich auf ganz Europa verteilt werden. Das entspricht pro Bauer etwa 1000 Euro.

    Schaber dankt den Bauern und ruft sie auf, weiterhin zu den Aktionen und Demonstrationen zu kommen. „Was wir erreicht haben, ist ein erster kleiner Schritt, den wir nur durch eure Arbeit euren Druck, euer Engagement erreicht haben“.

    Nach der Demonstration wollen die Bauern sich in einem Café an der Kennedy-Allee noch einen Cappuccino bestellen. „Es tut mir leid“, sagt die Bedienung, „es gibt keinen Cappuccino und auch keine heiße Schokolade, wir wurden heute nicht mit Milch beliefert, wegen der Demonstration der Bauern.“ Bettina Gerhard hört das gerne: „Leute, jetzt dürfen wir nicht locker lassen. Der Ball rollt, ist aber noch nicht im Tor“.

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