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Marktheidenfeld: Mit Hellebarde und Signalhorn durchs nächtliche Marktheidenfeld

Marktheidenfeld

Mit Hellebarde und Signalhorn durchs nächtliche Marktheidenfeld

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    Spannend und aufregend war für die Kinder die Führung mit dem Nachtwächter Hermann-Josef Väth durch Marktheidenfeld.
    Spannend und aufregend war für die Kinder die Führung mit dem Nachtwächter Hermann-Josef Väth durch Marktheidenfeld. Foto: Elfriede Streitenberger

    Eintauchen in die gute alte Zeit, die manchmal gar nicht so friedlich, beschaulich und vor allem sauber war, durften neun Jungs und Mädchen mit Hermann Josef Väth, dem Marktheidenfelder Nachtwächter. Im Rahmen des Ferienprogrammes der Kommunalen Allianz Marktheidenfeld erhielten die Kinder eine Ahnung vom Leben in der Stadt als Marktheidenfeld noch Heidenfeld (Feld des Heidino) oder fränkisch Hädefeld hieß. Begleitet wurde die Führung von Roland Schwab vom Jugendzentrum MainHaus.

    Viel Wissenswertes wurde da vermittelt, beispielsweise über die Erfindung der Unterhose – die vielleicht sogar die Cholera bekämpfte – oder die Bedeutung der Zünfte. Und die Kinder erfuhren auch, dass das Wasser aus den Stadtbrunnen nicht nur zum Kochen, sondern auch für das Brauen von Bier geholt werden musste.

    Start war an der Alten Schmiede, wo Hermann Josef Väth, der seit fünf Jahren für die Stadt Marktheidenfeld als Nachtwächter unterwegs ist, zunächst wortreich und spannend seine Utensilien vorstellte. "Ein richtiger Nachtwächter trägt eine Hellebarde, mit dem er das Gesinde nachts von den Straßen jagen kann", stellte er seine Waffe vor. Dabei sei auch ein Signalhorn, mit dem er jede volle Stunde anzeigen muss, und natürlich eine Laterne, die ihm den Weg zeigt.

    Die Schlüssel zu den Stadttoren und auch zum Verließ

    Gekleidet war der Nachtwächter immer in einen weiten schweren Mantel und einem großen Hut, der ihm vor allem bei schlechtem Wetter gute Dienste erwies. Der Nachtwächter, das wusste auch sein für diesen Abend gekürter "Hilfs-Nachtwächter" aus Kreuzwertheim, war in der Vergangenheit ein ehrbarer und geachteter Mann. Er hatte die Schlüssel zu den Stadttoren und zum Verließ, damit er des nachts auch Fremde in die Stadt einlassen oder Diebe, die er erwischt hatte, einsperren konnte.

    So schick waren die Unterhosen in der guten alten Zeit. Was der Nachtwächter wohl darüber zu berichten hatte?
    So schick waren die Unterhosen in der guten alten Zeit. Was der Nachtwächter wohl darüber zu berichten hatte? Foto: Elfriede Streitenberger

    Damals wie heute hatte der Nachtwächter immer ein schlaues Lied auf den Lippen. Und er musste zu jeder vollen Stunde rufen: "Hört ihr Leut und lasst euch sagen, die Uhr hat . . . geschlagen." Ganz wichtig auf seiner Runde war die Kontrolle, dass nirgends ein Feuer ausgebrochen war. Feuer war im Mittelalter sehr gefürchtet. Etwas enttäuscht waren die Kinder, dass es kein Verließ mehr gibt, das hätten sie sich gerne angesehen.

    Aber lange hielt die Enttäuschung nicht an, denn Väth schlug sie gleich wieder mit Geschichten und Gschichtli in Bann. Dass der Heubrunnenbach in Marktheidenfeld am Rande vieler kleinen Gassen geflossen ist, überraschte viele und manche gruselte gar beim Gedanken, dass der Bach zum Entsorgen von Abfällen und Fäkalien diente. Der Bach mündete an mehreren Stellen in den Main, der schon seit alters her den Abfall mit auf seine Reise nahm. Der Main, so Väth, war aber nicht nur Abfallentsorger und Lebensader, sondern auch Eis-Lieferant.

    Wie der Kühlschrank von Hädefeld funktionierte

    Die Kinder staunten nicht schlecht, als der Nachtwächter vom Kühlschrank von Hädefeld erzählte. Im Winter wurde das Eis vom Main gebrochen und auf Ochsen oder Pferdefuhrwerke in die Stadt gezogen und zu einer großen Pyramide aufgetürmt oder im Felsenkeller gelagert. Das Eis hielt bis Laurenzi das Bier schön kühl. Väth nahm die Kinder in seinen Erzählungen mit und hatte nicht nur für seinen  Hilfs-Nachtwächter kleine Aufgaben. Die Jungs versuchten sich mit mehr oder weniger Erfolg am Feuerstein. Mit Spielzeugtieren erzählte der Nachtwächter die Geschichte der Bauern, mit Eselsbrücken verhalf er zur Orientierung am Sternenhimmel.

    Etwas unheimlich wurde es, als die Schar durchs "Scheiss-Gässle" zum Lohgraben und Mühlenviertel marschierte und plötzlich wie von Zauberhand die Beleuchtung ausging. Die Dunkelheit vermittelte den Kindern einen Hauch jener Atmosphäre als ihre Ahnen lebten. Die hatten damals so wie wir heute heute mit Pandemien zu kämpfen, nur, so Väth, hatten die damals halt andere Namen. Und auch hierbei hat sich nicht allzuviel geändert: Unzufriedenheit vergiftete das Miteinander und Neid konnte viel Unglück über die Nachbarn bringen konnte. Von alldem hörte der Nachtwächter in der guten alten Zeit – und sein "Nachfahre" berichtet heute noch davon.

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