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RETZSTADT: Mit Lamas zur Ruhe kommen

RETZSTADT

Mit Lamas zur Ruhe kommen

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    Spaziergang bis Therapie: Kerstin Sprott bietet seit 2014 verschiedene Aktivitäten mit ihren Lamas an. Lucky ist eines der fünf Tiere, die auf ihrem Hof in Retzstadt leben.
    Spaziergang bis Therapie: Kerstin Sprott bietet seit 2014 verschiedene Aktivitäten mit ihren Lamas an. Lucky ist eines der fünf Tiere, die auf ihrem Hof in Retzstadt leben. Foto: Foto: Denise Schiwon

    „Ihh, die spucken doch!“ Das ist einer der Sätze, den Kerstin Sprott häufiger zu hören bekommt. Damit gemeint sind ihre Lamas Sarah, Wilma, Lucky, Emma und Samson. Sprotts Lamas spucken sich zwar untereinander an, aber nicht den Menschen. Im Gegenteil: Sie lassen sich sogar durch das Retztal spazieren führen.

    Nachbarn waren zuerst skeptisch

    Seit einem Jahr hält Sprott die fünf Lamas auf ihrem Hof. Mit ihnen bietet sie tiergestützte Therapien, Wanderungen durch die Weinberge und Verhaltenstrainings an. Mittlerweile haben sich auch die Bürger daran gewöhnt, dass sie an der Straße zwischen Retzbach und Retzstadt von den flauschigen Vierbeinern begrüßt werden. Das sei aber nicht von Anfang an so gewesen, erinnert sich die 40-Jährige. Viele seien zunächst skeptisch gewesen. „Was sind denn das für Tiere, die da rumstehen?“ und „Gehören die nicht eigentlich in die Wüste?“ haben einige gesagt. Manche bezeichneten es sogar als „Spinnerei“.

    Besondere Ausstrahlung

    Den Kontakt zu den Lamas schätzt vor allem Moritz Urlaub sehr. Er kommt seit einigen Monaten regelmäßig zu ihnen. „Nach den Besuchen geht es mir immer sehr gut.“ Der 15-Jährige sitzt wegen einer fortschreitenden Muskelerkrankung im Rollstuhl. Irgendwann wird er komplett gehunfähig sein. Für ihn sei es umso wichtiger, positive Erlebnisse im Alltag zu haben, sagt seine Mutter Anja Urlaub. Die Tiere hätten eine besondere Ausstrahlung, die sich auch auf ihren Sohn übertrage.

    Die gleiche Erfahrung hat sie selbst bei einem Lama-Spaziergang gemacht. „Das Tier spürt, wenn man aufgeregt ist. Wenn man sich konzentriert und einmal durchschnauft, ist es ein Erfolg, sobald das Lama wieder gut mitläuft.“ Auch ihr jüngster Sohn Jonathan begleitet seinen Bruder Moritz manchmal zu den Lamas. Dabei lerne der Dreijährige, auch einmal zurückhaltend zu sein, damit die Tiere auf ihn zukämen, erzählt Urlaub.

    Entschleunigung lernen

    Lamas sind soziale Distanztiere, die innere Aufregung bei ihrem Gegenüber sehr schnell wahrnehmen. „Lamas spiegeln das eigene Verhalten wider“, sagt Sprott. Sei man nervös oder gehe man ruppig mit dem Tier um, bleibe es stehen und gehe keinen Schritt weiter. „Man ist gezwungen, bei den Lamas entspannt zu sein.“ Deshalb bietet sich auch eine tiergestützte Therapie mit ihnen an. Wenn sich jemand in Therapie befindet, zum Beispiel wegen einer Depression, können Übungen mit dem Lama die Heilung vorantreiben. Während es für einen Blinden bereits therapeutisch sein könne, ein Lama anzufassen, lerne ein gestresster Manager zu entschleunigen, erklärt die Retzstadterin.

    Tiergestützte Aktivität und Pädagogik

    Darüber hinaus gibt es die tiergestützte Aktivität und Pädagogik, die sich in gewissen Teilen überschneiden. Die Aktivitäten mit den Lamas seien eher freizeitorientiert wie Spaziergänge, Wanderungen oder Kindergeburtstage. Bei der Pädagogik wird das eigene Verhalten gefördert. Mit den Lamas könne man soziale Kompetenzen erlernen. Das Tier zeige gleich, wenn ihm der Kontakt zu nah sei. Der Vorteil gegenüber dem Menschen sei dabei: „Das Lama ist nicht beleidigt.“

    Erste Erfahrungen mit Lamas

    Nach ihrer Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie machte Sprott ein Praktikum in einer Klinik in Bad Kissingen. Davon verbrachte sie einige Wochen auf der Orenda-Ranch, wo ebenfalls tiergestützte Therapien mit Lamas angeboten werden. „Ich habe mich in die Lamas verliebt und fand es toll, was sie in der Genesung bewirken können“, sagt sie. Dort machte sie auch eine Weiterbildung zum Coach für tiergestützte Aktivitäten.

    Speziell ausgebildete Tiere

    2014 erfüllte sich die Retzstadterin dann ihren Traum und kaufte sich eigene Lamas. Weil die Tiere speziell ausgebildet wurden und aus einer guten Zucht stammen, müsse man für ein Männchen etwa 1500 Euro und für ein Weibchen 2500 Euro bezahlen. Eine gute Ausbildung sei auch der Grund dafür, dass ihre Lamas keine Menschen anspucken, so Sprott. Lediglich fehlgeprägte Tiere würden das tun. Dies hatten in ihrer Prägephase – in den ersten zehn Monaten – zu engen Kontakt mit dem Menschen, weshalb sie ihn als Artgenossen ansehen. Die aus Südamerika stammenden Herdentiere brauchen genügend Auslauf, Pflege und einen Unterstand als Schutz vor Sonne und Regen. Außerdem sei regelmäßiges Training sehr wichtig, betont Sprott.

    Abstand vom stressigen Alltag

    Sprott kümmert sich täglich um ihre Tiere, wobei ihr Josef Weisenberger, der Bruder ihres Lebenspartners, und Marina Maggio ab und zu helfend zur Hand gehen. Die Retzstadterin investiert in die Lamas viel Zeit – und das zahlt sich aus. Vor allem die Kindergeburtstage hätten sich herum gesprochen. Aber auch die Nachfrage für Spaziergänge sei groß. „Die Angebote sind nicht nur für Kinder, sondern auch für Jugendliche und Erwachsene geeignet“, hebt sie hervor. „So kommt man einfach mal raus aus dem stressigen Alltag. Das kann eine große Bereicherung sein.“

    Anmeldungen für Lama-Aktivitäten unter Tel. (09 3 64) 7 90 44 11 oder (01 5 20) 9 40 47 25 oder per E-Mail: kerstin.sprott@mail.de

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