„Die Erfahrung zeigt, dass mehr und mehr Kinder Schwierigkeiten haben, gut zu lesen“, erklärt Jürgen Röder, Fachbetreuer für Deutsch am Gymnasium, der mit seiner Kollegin Maria Rohner das Projekt „Mobile Bibliothek“ für das Schöner-Gymnasium entwickelt hat. Also sollte jede Gelegenheit genutzt werden, Schüler ans Lesen heranzuführen. Zeitliche Möglichkeiten dazu eröffnen Vertretungsstunden, in denen die Kinder unter Aufsicht lesen können. Die dafür notwendige Lektüre steht in so genannten „Lesekisten“.
Bereits im Jahr 2006 wurden vom Gymnasium für die Jahrgangsstufen fünf, sechs und sieben je zwei dieser Lesekisten mit Hilfe von Sponsoren angeschafft, von denen jede um die 45 Bücher enthält. Unterstützung kommt jetzt von Seiten der Stadt Karlstadt. Sina Reuschle, Leiterin der Karlstadter Stadtbibliothek, übergab der Schule zwei Kisten mit Literatur für die Jahrgangsstufe acht. Ein halbes Jahr stehen die Bücher der Schule zur Verfügung, wandern zurück in die Hohe Kemenate und gehen neu aufgefüllt wieder ans Gymnasium.
Sina Reuschle hat die Titel in Zusammenarbeit mit der Schule ausgewählt und zum Teil neu angeschafft. Die Kisten sind altersgerecht für die achte Jahrgangsstufe konzipiert. Kunsterzieher Wolfgang Merklein hat den Kontakt zwischen Schule und Stadt hergestellt. Die Idee passte genau ins Konzept der Bibliothekarin, die nach der Übernahme der Büchereileitung die Kooperation mit der Schule stärken wollte.
„Wir wollen die Bücherei nach außen öffnen und freuen uns, dafür Partner zu finden“, sagte Bürgermeister Karl-Heinz Keller. Möglich seien auch Autorenlesungen, ergänzte Jochen Diel, Leiter der Zentralbibliothek der Schule. Direktor Albert Häusler würdigte die Hilfe der Stadt auch unter dem Aspekt, dass die Kommune nicht Sachaufwandsträger des Gymnasiums ist. Er wies darauf hin, dass die Schüler dadurch wiederum an die Stadtbücherei herangeführt würden.
Fällt eine Schulstunde aus, was im Schnitt zwei bis dreimal pro Monat und Klasse passiert, können die Kinder in dieser Zeit lesen. Die Schulstunden in den Kernfächern werden an einem solchen Tag vorgezogen, so dass die sechste Stunde den Büchern gewidmet werden kann. Während des Lesens – unter Aufsicht – müssen die Schüler mucksmäuschenstill sein, erklärt Direktor Häusler. Das funktioniere, auch wenn es die Kinder nicht gewohnt seien. „Da kann man eine Stecknadel fallen hören.“
Die Ruhephase werde aber von den Schülern positiv aufgenommen. Jeder könne sich mit seinem Buch im Klassenzimmer an einem Platz seiner Wahl beschäftigen, dürfe auch ein Kissen mitbringen. Die Sitzordnung sei in diesen Stunden aufgelöst. Damit das Gelesene auch verarbeitet werden kann, wird als Nachweis eine Art Lesetagebuch geführt, dessen Inhalt aber privat bleibe.
Über das Projekt „Lesekiste – mobile Bibliothek“ von Jürgen Röder und Maria Rohner ist in der bundesweit erscheinenden Sammlung „Schule – Leitung und Qualität, Know-how für eine bessere Schule“ ein umfassender Artikel veröffentlicht worden. Der Beratungs- und Umsetzungsdienst liefert aktuelle und praxiserprobte Projekte in Form von Best-Practice-Beispielen. Direktor Häusler zeigte sich stolz, dass das Karlstadter Gymnasium in dieser Publikation häufig vertreten ist.