Eine Reise hat Pfarrer Michael Kelinske den rund 100 Besuchern am Freitagabend im Lohrer Ulmerhaus versprochen. Denn die Veranstaltung bot gewohnt hochklassige Musik des Lohrer Zupf-Ensembles sowie eine Auswahl amüsanter Lyrik. Das Publikum war durch die abwechselnde Darbietung anspruchsvoller Saitenmusik und humoristischer Anekdoten von Eugen Roth und Friedrich Heckel stets hin- und hergerissen zwischen Staunen und Schmunzeln.
"Musik aus fünf Jahrhunderten" hatte das Ensemble, unter der Leitung Petra Breitenbachs, in Anspielung auf die Feierlichkeiten zum 500. Geburtstag Johann Konrad Ulmers zusammengestellt. Den Rahmen bildeten dabei der "große Reformator" selbst mit seinem "Trostlied" sowie die junge Lohrer Komponistin Xenia Trendel, die das Ensemble nicht nur mit einer abwechslungsreichen Auswahl an Stücken, sondern auch an der Gitarre unterstützte.
Ins Mittelalter entführt
Ihre "Drei Cantigas" bildeten dann auch den Einstieg und entführten die Zuhörer angelehnt an das galicisch-portugisische Volkslied direkt ins Mittelalter. Zu Werner Lembergs "Tanz für Violine und Zupforchester" erweiterte Christine Heinz mit einem virtuosen Solo an der Violine das Spektrum der anwesenden Instrumente. Doch auch an der Mandoline wusste die Musikerin im Zusammenspiel mit ihren fünf Mitstreiterinnen zu überzeugen, die zu Trendels zarter "Romanze" einen vibrierenden Klangteppich woben.
Mit "The Serpent & the Rainforest - Nocturnes in Leafy Green" von Richard Charlton knüpfte das Ensemble vor der Pause auch musikalisch die Verbindung zum Thema des Abends. Der Hörer fühlte sich zu der Geräuschkulisse von Trendels Spiel an der Percussion direkt in den australischen Dschungel versetzt. Auf diese Weise daheim die Fremde kennenzulernen, beschrieb sehr treffend das von Kirchenvorsteherin Carolin Esgen vorgetragene Gedicht "Daheimgeblieben".
Lyrik für Daheimgebliebene
Die Tatsache, dass Autoren wie Jules Verne, Karl May und Jonathan Swift es als Verfasser großer Abenteuerromane ähnlich hielten, tröstet vielleicht den, der mit der allgemeinen Reisewut nichts anfangen kann. Das Entfachen derselben durch die allgegenwärtige Werbung von "leuchtend bunten Blumenwiesen" und "strahlend heißen Paradiesen" vergleicht Roth mit einem Buchregal voll ungelesener Bücher: "So in der Welt just mittendrin, weiß man vor Plänen nicht wohin."
Zumindest auf ihrer musikalischen Reise kamen die Besucher zu folkloristischen, klassischen und modernen Klängen auf ihre Kosten. Sie dankten es dem Ensemble, das den Abend als Benefizkonzert zugunsten der renovierungsbedürftigen Orgel der Auferstehungskirche organisiert hatte, mit Applaus und Spenden.