Zweifellos ist es von Vorteil, wenn Hauswände Graffiti-Künstlern keine Freude machen, Textilien leicht von Schmutz zu reinigen sind, kratzfeste Lacke das Herz von Autobesitzern erfreuen oder Brillen nicht reflektieren. In diesen und vielen anderen Fällen steckt Nanotechnologie dahinter. Mit Hilfe kleinster Bauteile und Gerätschaften können Materialien mit neuen, vorher als unmöglich gehaltenen Eigenschaften realisiert werden. Die Größe oder vielmehr Winzigkeit der dabei erzeugten Strukturen lässt sich exakt einstellen und liegt im molekularen Bereich – zwischen einem und 1000 Nanometern (1 Nanometer = 1 Milliardstel Meter). Im Vergleich dazu ist ein menschliches Haar mit seinem Durchmesser von etwa 50.000 Nanometern dick wie Baum.
Anhand einer Flüssigkeit, die Eisenpartikel in Nanogröße enthielt, veranschaulichten Stefanie Osewalt und Alexander Huggenberger von der Nanoinitiative Bayern GmbH den Schülern die verblüffenden Fähigkeiten der neuen Technologie. Das Würzburger Unternehmen managt den so genannten „Cluster Nanotechnologie“, der auf eine Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst zurückgeht.
Mit Hilfe eines Magneten konnte Huggenberger die als Bodensatz in der Flüssigkeit vorhandenen Partikel innerhalb einer Sekunde „einsammeln“ und erhielt so wieder eine klare, durchsichtige Probe. Vor allem in der Medizin werde diese Technik angewendet, erklärte er den Arnsteiner Schülern. Man könne so eisenhaltige Nanopartikel in den menschlichen Körper einbringen, an die richtige Stelle transportieren und schließlich mit einem gezielten Magnetfeld auf 40 bis 70 Grad erhitzen, wodurch Tumore zerstört würden.
An einem Kaffeetropfen unter dem Mikroskop veranschaulichte Huggenberger weiter, dass nicht nur in der vorherigen, speziellen Flüssigkeit Nanopartikel enthalten sind, sondern praktisch in jedem Getränk. Die als Lichtpunkte erkennbaren Reflexionen der Partikel wurden gemessen und ihre Bewegung als Linie auf dem Computermonitor verfolgbar gemacht, so dass die Schüler die Beziehung zwischen Teilchengröße und Temperatur erkennen konnten.
Mittels eines Stoffstückes und Wasser hatten die Zehntklässler anschließend die Gelegenheit, den Lotus-Effekt selbst auszuprobieren. Dieser Effekt basiert auf einer Beschichtung von Oberflächen oder Fasern, um sie gegen Verschmutzungen oder Nässe unempfindlich zu machen. Wie derartige Fasern auf Ketchup reagieren, zeigte Alexander Huggenberger den Schülern ebenfalls. Die rote Masse ließ sich einfach abspülen, was die Klasse sichtlich beeindruckte.
Um welche Größenordnungen es bei der Nanotechnologie geht, erlebten die Schüler bei der Vorführung des Raster-Kraft-Mikroskops, kurz AFM (für Atomic-Force-Microscope). Hier werden mittels eines durch Ätzen hergestellten, superfeinen Silizium-Dorns, dessen Spitze nur aus wenigen Atomen besteht, Oberflächen und Objekte abgetastet. Ein per Laserstrahl abgetasteter Detektor übermittelt dabei ein Bild von der Probe. Auf diese Weise konnten die Zehntklässler bei der zur Vorführung abgetasteten CD jede einzelne Tonspur erkennen - als gezackte, bergrückenartige Erhebung mit tiefen Schluchten dazwischen.
In der Zwischenzeit vermittelte oben in der Aula Stefanie Rehm - ebenfalls von der Nanoinitiative - den geteilten Klassen die theoretischen Hintergründe der Nanotechnologie sowie der umfangreiche Nutzbarkeit in allen Bereichen des täglichen Lebens. Dabei wies sie auch auf Grenzen und Gefahren der neuen Technik hin. Die Veränderung von molekularen Eigenschaften könne zu nicht einschätzbaren Reaktionen innerhalb des Materials, aber auch zwischen Gegenstand und Benutzer führen. Hier gelte es, ähnlich wie in der Gentechnik die Möglichkeiten und Risiken zu untersuchen und gegeneinander abzuwägen.
Das Interesse, sich mit dem Spektrum wissenschaftlicher Fächer intensiver zu befassen, haben die Arnsteiner Realschüler sicher mitgenommen. Vielleicht, so das Fazit der Nanoinitiative, könne man durch derartige Aktivitäten dazu beitragen, dass sich wieder mehr Studenten für den einen oder anderen Zweig der Naturwissenschaften interessieren.