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Neustadt am Main: Diskussion in Bürgerversammlung um Unterbringung von Geflüchteten: Neustadt will sich "nicht in die rechte Ecke" stellen lassen

Neustadt am Main

Diskussion in Bürgerversammlung um Unterbringung von Geflüchteten: Neustadt will sich "nicht in die rechte Ecke" stellen lassen

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    Klosterkirche Neustadt.
    Klosterkirche Neustadt. Foto: Roland Pleier (Symbolbild)

    Bürgermeister Stephan Morgenroth will nicht zulassen, dass Neustadt "in die rechte Ecke" gestellt wird. Das betonte er in der Bürgerversammlung am Mittwochabend. Er wies darauf hin, dass für die Verteilung von Flüchtlingen das Landratsamt zuständig sei und das Thema insofern eigentlich nichts für die Bürgerversammlung sei. Weil aber, wie er berichtete, Stimmung von außen gemacht werde, greife er das Thema trotzdem auf. Hintergrund ist – entsprechende Informationen liegen der Redaktion vor – dass ein Bürger aus einer anderen Gemeinde ein Haus am Ortsrand gekauft und an das Landratsamt als dezentrale Unterkunft vermietet hat.

    44 Geflüchtete in Unterkünften

    Dort wurden vor einigen Wochen 15 Afghanen einquartiert. Vor ein paar Tagen sind fünf von ihnen in eine andere Unterkunft verlegt worden. Dies erklärt sich der Vermieter in einem Schreiben an die Redaktion im Vorfeld der Bürgerversammlung mit "zumindest fremdenfeindlichem Ansatz vom Amtsträger", wobei hier der zu diesem Zeitpunkt amtierende stellvertretende Bürgermeister Klaus Schwab angesprochen war.

    Dieser weist die Vorwürfe im Gespräch mit der Redaktion aufs Schärfste und hörbar betroffen zurück. Er habe gesagt, dass Neustadt bei der Aufnahme von Geflüchteten an seine Grenzen stoße. Das betreffe nicht nur die Gemeinde, die die Geflüchteten integrieren wolle, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich engagieren. Er selbst habe schon Geflüchtete zur Tafel nach Lohr gefahren. Wer ihn kenne, wisse, dass derartige Vorwürfe nicht zutreffen könnten.

    Dass fünf der Bewohner in eine andere Unterkunft verlegt wurden, begründet das Landratsamt auf Anfrage wie folgt: "Eine andere Unterbringungsmöglichkeit hat die Gelegenheit zur besseren Verteilung im Landkreis geboten. Eine Veränderung der Belegung ist ein ganz normaler Vorgang."

    Stand Mittwoch, 26. Juni, waren in Neustadt und seinem Ortsteil Erlach 44 Flüchtlinge untergebracht, gibt die Behörde Auskunft. Dazu kommt laut Bürgermeister Morgenroth eine Großfamilie anerkannter Flüchtlinge. Die Einwohnerzahl liegt einschließlich Erlach bei gut 1200.

    Etliche Neustadter, einschließlich der beiden Bürgermeister, fühlen sich vom Vermieter getäuscht – das wurde bei den Wortmeldungen, dem Vortrag Morgenroths und in den Telefongesprächen der Redaktion deutlich. Nach ihren Schilderungen habe der neue Hausbesitzer der Verkäuferin vor dem Kauf des Hauses versichert, er werde es nicht als Flüchtlingsunterkunft vermieten. Er teilt dazu auf Nachfrage mit, dass er erst drei Tage vor Notartermin von diesem Wunsch erfahren habe. Er habe ursprünglich andere Pläne für das Haus gehabt. Diese hätten sich jedoch zerschlagen. Eine diesbezügliche Zusage habe er nicht gegeben. Die Verkäuferin war bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen.

    Darüber hinaus kritisieren viele Neustädter die Art der Unterbringung in einem für junge Menschen wenig attraktiven Ort. Dass es dann zu Problemen mit lauter Musik komme, sei mangels anderer Freizeitmöglichkeiten nicht verwunderlich.

    Unterkünfte gesucht

    Zur Verteilung auf die Gemeinden teilt die Pressestelle des Landratsamtes auf Anfrage mit, aufgrund des Zugangs von Geflüchteten würden geeignete Angebote in der Regel angenommen. Gleichzeitig sehe sich das Amt in der Verantwortung, eine angemessene Verteilung im Landkreis und die soziale Situation vor Ort in den Kommunen im Blick zu behalten.

    Hierbei sei die Behörde auf Rückmeldungen durch die Mandatsträger angewiesen und dafür auch dankbar. Über gezielte Anfragen, beispielsweise in den gemeindlichen Mitteilungsblättern, sei der Landkreis um eine breite Streuung und angemessene Verteilung im Landkreis bemüht. Dieses Handeln mit Augenmaß habe sich bewährt. Eine fixe Obergrenze für Kommunen festzulegen wäre unseriös, da der weitere Zugang nicht vorhersehbar ist, heißt es weiter in der Antwortmail des Landratsamtes. Sobald dem Landratsamt ein Mietobjekt angeboten wird, werde ein Besichtigungstermin vereinbart. Bei der Besichtigung werde geprüft, ob das angebotene Objekt zur Unterbringung von Geflüchteten geeignet ist und was gegebenenfalls vor einer Anmietung noch zu tun wäre.

    Nach Meinung des Vermieters sind dezentrale Unterkünfte besser als Turnhallen, die damit dem Schul- und Vereinssport nicht zur Verfügung stehen. Das Landratsamt suche auch weiter nach geeigneten Mietobjekten. Er vermiete deshalb ein weiteres Objekt als dezentrale Unterkunft in einer anderen Landkreisgemeinde.

    Bürgermeister Morgenroth stört bei dem Vorgehen des Landratsamtes, dass die Bürgermeister nicht vor der Ankunft von Geflüchteten informiert werden. Das führe dazu, dass schon Anfragen aus der Bevölkerung kämen, bevor er Bescheid wisse. Außerdem könne sich die Gemeinde so nicht auf die Ankunft vorbereiten.

    Direkte Mitteilung an die Bürgermeister gewünscht

    Landratsamts-Pressesprecher Markus Rill bestätigt, dass nur die Verwaltungsgemeinschaften benachrichtigt werden. Dort war nach Auskunft von Morgenroth auch eine Meldung eingegangen und im konkreten Fall die Weitergabe wohl unglücklich gelaufen. Grundsätzlich wünscht er sich eine direkte Mitteilung an die Bürgermeister vor Ankunft der Flüchtlinge, um auf Anfragen reagieren zu können.

    Außer der lauten Musik gab es keine wesentlichen Klagen wegen der Flüchtlinge in der Bürgerversammlung. Auch Johannes Schuhmann, Leiter der Polizeiinspektion Lohr, sieht das so. Körperliche Auseinandersetzungen – bezogen auf das erste Halbjahr 2024 – habe es nur intern in der größeren dezentralen Unterkunft in Neustadt gegeben. Von der Art und Weise entsprächen sie dem, "was überall vorkommt".

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