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Nicht jeder ist gleich ein Zappelphilipp

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Nicht jeder ist gleich ein Zappelphilipp

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    Dr. Uwe Hemminger, Leitender Diplom-Psychologe an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Würzburg, referierte am
Dienstagabend vor 170 Interessierten in der Aula der Lohrer Realschule zum Thema "Kinder, die uns Sorgen machen".
    Dr. Uwe Hemminger, Leitender Diplom-Psychologe an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Würzburg, referierte am Dienstagabend vor 170 Interessierten in der Aula der Lohrer Realschule zum Thema "Kinder, die uns Sorgen machen". Foto: FOTO MARTINA SCHNEIDER

    ADHS, das so genannte "Zappelphilipp-Syndrom", beziehungsweise die Lese-Rechtsschreib-Störung seien Veranlagungen, die unter bestimmten Voraussetzungen und in einem bestimmten Alter zum Ausdruck kommen können, erklärte der Leitende Diplom-Psychologe an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Würzburg. Wichtig sei die Definition einer psychischen Störung.

    An der Seele erkrankt

    "Eine Befindlichkeitsstörung ist normal, geht diese aber über zwei Wochen und länger muss man nachfragen und auch sehr genau hinschauen", so Hemminger, der betonte: "Es muss heute auch möglich sein zu sagen: Ich bin psychisch krank." Die Seele könne genauso erkranken wie sich ein Blinddarm entzünde. Depressionen, Essstörungen, Angsterkrankungen - "Es gibt Kinder, die schwer an der Seele erkrankt sind" - zählte Hemminger auf, der seinen Vortrag anhand einer Power-Point-Präsentation mit Fotos und kleinen Videofilmen untermauerte.

    "Schuld an der Entstehung einer psychischen Krankheit hat niemand", machte der Psychologe deutlich. So hätten die so genannten ADHS-Kinder kein "erzieherisches Defizit". Vielmehr funktioniere bei ihnen der Botenstoff Dopamin "nicht so gut", erklärt Hemminger.

    Dopamin transportiere im Gehirn eingehende Informationen zu den Nervenzellen und steuere die Aufmerksamkeit. Wissenschaftliche Ergebnisse belegten, dass diese so genannten "Andockstellen" den Botenstoff bei ADHS-Kindern nicht aufnehmen können mit der Folge, dass das Signal nicht weitergeleitet wird. "Diese Kinder kann man nicht einfach hinerziehen", betonte Hemminger.

    ADHS-Kardinalssymptome seien Aufmerksamkeitsstörung, Überaktivität und Impulsivität. "Die Kinder haben oft ein gestörtes Sozialverhalten, können keine Regeln einhalten und Ja und Nein nicht unterscheiden", erklärte Hemminger. Die Erkrankung wachse sich auch nicht aus, sie verändere sich mit dem Lebensalter.

    Vererbte Rechtschreibschwäche

    "Die meisten Erwachsenen kommen ganz gut damit zurecht", so der Psychologe. "Leiden diese ADHS-Kinder jedoch auch noch an einer Lese-Rechtschreib-Störung (LRS), haben sie schulisch kaum eine Chance", erklärte Hemminger und zeigte auf, dass 30 Prozent der ADHS-Kinder diese Störung auch noch haben. "Die LRS-Kinder sind nicht minderbegabt, es stimmt auch nicht, dass sie faul sind und einfach nur mehr lernen müssten", erklärte Hemminger. LRS werde vererbt.

    In Deutschland hätten rund sieben Prozent der Kinder diese Störung. Es gibt zwei Möglichkeiten, die ADHS-Symptomatik zu behandeln, führte Hemminger aus. Die eine sei die Verhaltenstherapie, in der Kinder und Eltern lernen, mit dem ADHS zu leben. Das zweite sei die medikamentöse Therapie. "Das Medikament heilt die Erkrankung nicht, macht die Kinder aber aufmerksamer", erklärt Hemminger. "Sie können zeigen, was in ihnen steckt, und so ihre schulischen Leistungen verbessern."

    Medikament als Hilfe fürs Kind

    Kein Medikament sei derartigen Kontrollen und Studien unterworfen, wie das bei ADHS der Fall sei. "Das Medikament ist eine Unterstützung für das Kind, eine Hilfe." Daneben müssten alle Beteiligten mitarbeiten, betonte Hemminger, egal ob Elternhaus oder Lehrer.

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