Um die Osterzeit sieht man sie in fast jedem fränkischen Ort: die mit Tannenzweigen, Eiern und Bändern aufwändig geschmückten Osterbrunnen. Ein besonders schönes Exemplar gibt es seit 1997 jedes Jahr in Steinmark zu bestaunen. Über 800 Eier haben die Frauen des Dorfes damals ausgeblasen und liebevoll bemalt.
Die Idee, den alten fränkischen Brauch wieder aufleben zu lassen, hatte die heute 83-jährige Edelgard Bachmann. Als sie in der Fränkischen Schweiz an Malkursen teilnahm, hatte die aus dem Ruhrgebiet stammende Frau die opulent geschmückten Osterbrunnen kennen und lieben gelernt. „So etwas kannte ich aus meiner Heimat nicht. Vielleicht war ich deshalb so entzückt“, meint sie heute.
Die Schönheit der Brunnen, verbunden mit dem religiösen Hintergrund, beeindruckte sie und so schlug sie dem Obst- und Gartenbauverein Steinmark vor, im Dorf etwas Vergleichbares auf die Beine zu stellen. Sie bekam den Auftrag, sich um die Organisation zu kümmern. Um Unterstützer zu gewinnen, verteilte sie an alle Haushalte im Ort ein Schreiben. „Nachdem im Umkreis wieder einige zaghafte Ansätze zum Schmücken der Osterbrunnen zu erkennen sind, wollen wir doch nicht abseits stehen und diesen schönen Brauch auch bei uns in Steinmark wieder aufleben lassen“, brachte sie das Anliegen damals auf dem Punkt. Heute ist sich Bachmann sicher: „Wir haben auf jeden Fall den schönsten Osterbrunnen im Landkreis Main-Spessart.“
In ihrem Schreiben ging sie seinerzeit auch auf die Geschichte der Osterbrunnen ein. Belege gebe es aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Das Osterwasserholen sei allerdings sogar schon aus dem 18. Jahrhundert bekannt. Der Hauptgrund für das Schmücken der Brunnen und Quellen sei die große Wertschätzung für das Wasser als lebensspendendes Element. In der Fränkischen Schweiz, so Bachmann, habe jedes Dorf einen Osterbrunnen und die Bewohner würden versuchen, sich beim Schmücken gegenseitig zu übertreffen. Ausschließlich echtes Fichtengrün, echte Blumen und echte Eier, die die Frauen während des Winters bemalen, würden dort verwendet – und genau so wollte es die passionierte Malerin auch in Steinmark umgesetzt sehen. „Es tut mir weh, wenn ich mit Plastikeiern geschmückte Brunnen sehe“, sagt sie.
Nachdem Bachmann ihren Brief verteilt hatte, meldeten sich innerhalb von zwei Wochen zahlreiche Helfer. Rund 700 ausgeblasene Eier wurden gesammelt und 22 Frauen und Kinder trafen sich im Gemeinschaftsraum der alten Schule. Obwohl fast alle von ihnen Anfänger waren, entstanden beim Bemalen richtige Kunstwerke.
Als der Schmuck fertig war, trafen sich die Freiwilligen, um die Tannenzweige zu binden. Ein Bauunternehmer schmiedete die Eisenbögen, um die die Zweige nun Jahr für Jahr gewickelt werden. Beim Aufstellen halfen die Männer mit. Anschließend gab es Kaffee, Kuchen und jede Menge Freude über das gelungene Werk. Die Eier am Brunnen würden zusammen mit dem Quellwasser die Kunde von der Auferstehung Christi verbreiten, erklärt Bachmann.
Inzwischen muss bei den alljährlichen Treffen nicht mehr ganz so viel gemalt werden wie 1997. In der Regel ersetzen die Frauen nur gestohlene oder zerstörte Eier. Den Brunnen zu schmücken und die Tannenzweige anzubringen, erfordert allerdings immer wieder viele helfende Hände. Sieben Steinmarker waren in diesem Jahr an den Vorbereitungen beteiligt. Eine Floristin bindet die Krone, die von Bachmann persönlich gesteckt wird. Das macht ihr noch immer große Freude. Allerdings will sie die Organisation 2014 in jüngere Hände geben. Elfriede Haag, die auch heute schon eifrig mithilft, wird sich von da an hauptverantwortlich um den Osterbrunnen kümmern.
Grundsätzlich bleibt ein Osterbrunnen etwa drei Wochen lang geschmückt. In Steinmark bleibt er auf jeden Fall noch bis zum 14. April stehen – dann findet im Dorf die Konfirmation statt und die Kinder und ihre Gäste sollen sich noch an ihm erfreuen können.