Eine Bundeswehrkantine ist kein Feinschmecker-Restaurant; Sterne erwirbt ein Militärkoch höchstens auf der Schulterklappe. Doch auf die „Olympiade der Köche“ hat sich die Nationalmannschaft der Bundeswehr-Köche mehrere Monate lang akribisch vorbereitet. Mit Hilfe des 48-jährigen Alfred Hencke als Co-Trainer hat das Team insgesamt vier Medaillen gewonnen.
„Für das ,Restaurant der Nationen' und die Gemeinschaftsverpflegung haben wir Gold erhalten, für die ,kalte Plattenschau' Silber. In der Gesamtwertung der Militärteams haben wir den dritten Rang belegt“, erzählt Hencke nicht ohne Stolz. In der Sportsprache bewertet er den Wettkampf: „Es war für unsere junge Mannschaft eine absolute Punktlandung. Nach nur vier Monaten Vorbereitungszeit bin ich sehr zufrieden.“
Über 1000 Teilnehmer aus 54 Nationen haben bei dem lukullischen Großwettkampf in den Erfurter Messehallen gekocht. Hencke war als Co-Trainer des Gesamtteams vor allem für den Wettbewerb „Gemeinschaftsverpflegung“ verantwortlich. Innerhalb von fünf Stunden musste das vierköpfige Team mit einem Zuarbeiter 150 Portionen eines Drei-Gänge-Menüs zubereiten, dessen die Zutaten nicht mehr als 3,50 Euro pro Portion kosten durften.
Thema Karibik
„Wir haben uns selbst das Thema ,Karibik' für unser Menü ausgesucht“, erklärt Hencke. Mit „karibischem Tee mit Okraschoten und Garnelen“ als Vorspeise, „Tilapiafilet unter der Kokoshaube an Kürbisreis und Bananenpüree mit Curryschaum“ als Hauptgang sowie „Stachelannonenmousse an einem Schoko-Frucht-Muffin und Ananas-Thymian-Spalten“ als Dessert erkochten sich die Köche mit dem Bundesadler eine Goldmedaille.
Hencke gibt zu, dass dieses Menü so eher nicht in einer Bundeswehrkantine auf den Tisch kommt, „doch die Inspiration dazu kommt aus den Spezialitätenwochen in den über 300 Truppenküchen“. Statt des früher üblichen Eintopfes bieten die Bundeswehrköche heutzutage „fast flächendeckend täglich vier Menüs“ an.
Der Marktheidenfelder steht selbst nicht mehr regelmäßig hinter dem Kantinen-Kochtopf. Als Zivilangestellter bei der Wehrbereichsverwaltung Süd, Dezernat Verpflegung, betreut er die Truppenküchen „von Wildflecken bis Karlsruhe“ und kümmert sich um den Zutateneinkauf, Arbeitsabläufe und Infrastruktur. Mindestens einen Tag pro Woche verbringt er in seinem Büro in München, an den anderen Tagen besucht er die Standorte in seinem Bereich „Nordbayern und Nordbaden“.
Nach zwölf Jahren als Soldat, in denen er die Ausbildung zum Küchenlehrmeister absolvierte, suchte er zunächst nach einer Stelle anderswo. „Doch die nächstgelegene Stelle wäre in Frankfurt gewesen. Die Entfernung zu meiner Familie wäre mir zu groß gewesen.“ Also bewarb er sich um eine Stelle als Küchenlehrmeister bei der Bundeswehr. „Da konnte ich wenigstens die Wochenenden zuhause verbringen“ – das können nur die wenigsten Küchenchefs.
Gefährlicher Auslandseinsatz
In die Ferne zog es ihn dann doch. 1997 meldete er sich freiwillig zum viermonatigen Auslandseinsatz in Bosnien-Herzegowina. Selbst als Verantwortlicher für den Verpflegungsplan der deutschen Truppen habe er dort ein Gefühl der Bedrohung empfunden. „Täglich mussten wir über fünf Kilometer durch die ,Sniper Alley', die Straße der Heckenschützen, fahren. Man konnte sich nicht frei bewegen, war praktisch nie allein“, so Hencke. Er habe in dieser Zeit viel über sich gelernt.
Der nächste Auslandsaufenthalt war angenehmer. Weil Alfred Hencke das Bedürfnis hatte, „mal wieder selbst am Herd“ zu stehen, übernahm er 1998 den Posten des Küchenchefs der größten Bundeswehr-Truppenküche, beim Luftwaffenregiment in Budel bei Eindhoven in den Niederlanden. „Über 3000 Leute wollten dort täglich verpflegt werden.“ Sogar Holländisch lernte Hencke, damit er die 35 niederländischen Mitarbeiter einweisen konnte. Seine Frau Monika und Tochter Ivonne kamen mit nach Holland, die ältere Tochter Bianca blieb wegen ihrer Ausbildung in Marktheidenfeld.
Nach vier Jahren kehrten die Henckes zurück nach Marktheidenfeld. Als Koch hat Hencke weitere Ziele: „2010 findet die Weltmeisterschaft der Köche, die ExpoGast, in Luxemburg statt. Darauf bereiten wir die Bundeswehr-Nationalmannschaft bald vor.“ Er überlegt bereits, mit welcher Taktik er dort weitere Medaillen einheimsen kann. Vielleicht ist Hencke dann schon Cheftrainer des deutschen Teams, weil Coach Günter Blom 2010 in den Ruhestand tritt.
Zuhause schwingt er eher selten den Kochlöffel, „nur wenn Gäste kommen“. Ansonsten sei er „sehr zufrieden mit dem, was mir meine Frau kredenzt“. Während er sich für Wettbewerbe raffinierte Kreationen ausdenkt, genießt er zuhause gern fränkische Kost: „Meerrettich, gekochte Rinderbrust, Tafelspitz . . . köstlich“, schwärmt er.