"Die Organisation und Durchführung einer Altpapiersammlung bietet vielen Vereinen eine lukrative Möglichkeit, die Vereinskasse aufzufüllen", schreibt das Landratsamt in seinem Internetauftritt. Das ist Vergangenheit. Aktuell gibt es 22,50 Euro pro Tonne. Immer mehr Vereine und Institutionen denken über einen Ausstieg nach, einige haben ihn schon beschlossen.
Für den SV Steinbach ende nach über 50 Jahren eine Ära, hat Vorstandsbeisitzer Engelbert Neubauer in einer Pressemitteilung geschrieben. Am Samstag, 28. September, sammle der Verein ab 9 Uhr zum vorerst letzten Mal Altpapier. Für Fleißige stehe der Papiercontainer bis Montagmorgen am Sportheimparkplatz.
Die Sammlung lohne sich einfach nicht mehr, erklärte Neubauer. Zurzeit bekomme der Verein mit 22,50 Euro pro Tonne die "niedrigste Vergütung, die es je gab". Früher seien es 40 bis 50 Euro gewesen, im August noch 24,50 Euro. Und man habe früher mit dem Entsorger, der Firma Kirsch, über den Preis verhandeln können.
Die Blaue Tonne zeigt Wirkung
Doch mittlerweile laufe alles über das Landratsamt, das den Preis vorgebe. Dieser sei nicht verhandelbar. Dazu komme, dass die Mengen seit Einführung der Blauen Tonne immer geringer würden. Pro Sammlung seien zuletzt noch fünf bis sieben Tonnen zusammengekommen.
Der SV Steinbach sammle das Altpapier mit acht bis zehn Leuten und zwei Traktoren mit Anhängern im Dorf ein, berichtete Neubauer. Das dauere rund drei Stunden, anschließend gebe es "ein Bierchen" für die Helfer. Bei diesem Aufwand und dem niedrigen Preis sei "der ganze Verdienst zum Teufel".
Endgültig begraben wolle der Verein die Altpapiersammlung aber nicht. "Wenn der Preis wieder steigt, behalten wir uns einen Wiedereinstieg vor", sagte Neubauer.
Kindertagesstätte steigt vielleicht auch aus
Auch die Kindertagesstätte in der Lindig-Siedlung denke wegen des niedrigen Verdienstes über einen Ausstieg nach, bestätigte ihre Leiterin Christine Dietrich. Der Elternbeirat als Organisator der Sammlung habe aber noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Grund: Das Gremium werde im Oktober neu gewählt, der neue Elternbeirat solle diese Frage entscheiden.
Die Altpapiersammlung müsse nicht über das Landratsamt erfolgen, betonte auf Anfrage Andrea Stiel von der Pressestelle der Behörde in Karlstadt: "Der Verein ist in seiner Entscheidung frei." Der Kreis unterstütze schon immer Vereinssammlungen: "Das ist ein Angebot und keine Anordnung." Wenn der Verein die Sammlung 14 Tage vor dem Termin per Online-Formular mitteile, müsse er sich nur ums Einsammeln kümmern.
Die Logistik rundherum (Containerstellung am Sammelort, Abfuhr der Container, Wiegen) werde vom Entsorger (hier Kirsch & Sohn) übernommen, der vom Landkreis für diesen Aufwand bezahlt werde, erläuterte Stiel. Nach Eingang des Wiegescheins beim Landratsamt erfolge umgehend die Abrechnung und die Gutschrift "basierend auf dem monatlich angepassten Altpapierpreis zum Zeitpunkt der Sammlung".
Angebot hoch, Nachfrage gering
Der Preis richtet sich nach Stiels Angaben nach dem Papierpreisindex, der vom Europäischen Wirtschaftsdienst (Euwid) monatlich veröffentlicht wird. Maßgeblich sei dabei der Index der Großhandelsverkaufspreise des Statistischen Bundesamtes für gemischtes Altpapier. Das Preisgefüge bei der Altpapiervermarktung habe sich seit Jahresbeginn 2018 drastisch verschlechtert.
Gründe seien ein deutliches Überangebot, schwache Nachfrage seitens der Verarbeiter und Preisdruck, so Stiel. Zum einen zeige die Digitalisierung Wirkung. Zum anderen werde die Konjunktur schwächer. Entsprechend geringer falle die Nachfrage nach Verpackungen und sonstigen Papieren und damit auch nach Altpapier aus.