Die Schulleiter Ingeborg Beyer in Querfurt und Herbert Schneider in Karlstadt zeigen, wie intensiv eine Schulpartnerschaft funktioniert, wenn zwischen Rektoren und Lehrern aus beiden Städten die Chemie stimmt – und wie eine Partnerschaft langsam endet, wenn die Rektoren nicht mehr in ihrem Beruf sind. Ingeborg Beyer, 1991 frisch gebackene Schulleiterin genauso wie ihr Karlstadter Kollege Herbert Schneider, erzählt, wie damals – initiiert von der Rudolph-Glauber-Realschule – ein reger Schüleraustausch mit der Konrad-von-Querfurt-Hauptschule begann, der 2006 endete.
„Ich fuhr mit vier Grundschullehrerinnen nach Karlstadt. Unsere erste Begegnung mit den Kollegen war, als würden wir uns schon jahrelang kennen“, erzählt Ingeborg Beyer. Die Querfurter Lehrer waren unsicher ob der Differenzen im Schulsystem und bei den Lerninhalten, bis sie merkten, dass sie gar nicht so weit auseinanderlagen. „Die Kollegen gaben uns Lehrbücher und vor allem technisches Unterrichtsmaterial mit, über das wir noch gar nicht verfügten“, erinnert sich die 59-Jährige bei einem Gespräch in Querfurt.
„1989 und 1990 war eine unbeschreibliche Europhorie. Wir spürten, dass der Wunsch nach Begegnung auf beiden Seiten sehr groß war“, erzählt Herbert Schneider in Karlstadt. Bevor der eigentliche Schüleraustausch 1992 einsetzte, lernten sich die Lehrer bei Privatbesuchen kennen. „Wir tauschten uns über Unterrichts- und Arbeitsmethoden sowie über Pädagogik aus. Die Querfurter Grundschule war nicht schlecht ausgestattet“, erinnert sich Schneider.
In jenem Jahr 1992 setzte mit Unterstützung der Lehrer und Eltern, aber mit Misstrauen und Vorschriften der beiden damaligen Schulämter (Schneider nennt es im Rückblick „Paragrafenreiterei und Sturheit“) an den Wochenenden ein 13 Jahre währender Schüler- und Lehreraustausch ein. Er beeindruckte und begeisterte Schüler beider Städte.
Schüler, Lehrer und Eltern – die Kinder waren immer bei Gasteltern untergebracht – besuchten sich auch bei großen Ereignissen wie die 1111-Jahr-Feier Querfurts 1999 und die 800-Jahr-Feier Karlstadts 2000. „Ob sportliche Wettkämpfe, Fußballspiele, Disco- und Grillabende – die Kinder haben die Begeisterung für diese Treffen in die weiterführenden Schulen getragen und stehen heute noch als junge Erwachsene telefonisch in Kontakt“, berichtet Beyer. Die Kinder, so Beyer und Schneider übereinstimmend, fühlten sich pudelwohl.
Das Ende der Schulpartnerschaft kam 2006, als Ingeborg Beyers Grundschule aufgelöst und sie außerhalb Querfurts als Schulleiterin versetzt wurde. In Karlstadt ging Rektor Herbert Schneider in den Ruhestand. Beide pflegen mit ihren Familien eine private Freundschaft.
Vor 15 und 20 Jahren war Karlstadt für die Querfurter die große, weite Welt. Heute reisen sie ins Ausland und nach Übersee. Herbert Schneider resümiert: „Es hat sich nach fast 20 Jahren alles normalisiert.“ Und Ingeborg Beyer weiß: „Es funktioniert nur, wenn Menschen die Kontakte und Verbindungen mit Herz und Verstand weiterführen.“
Auch wenn die Euphorie verflogen ist, wünschen sich beide, dass die Schulen und Vereine der am 20. Oktober 1990 unterzeichneten Städtepartnerschaft neues Leben einhauchen.
Daten & Fakten
Querfurt hat heute ein Gymnasium in zwei Schulstandorten, die Ganztagsschule Sekundarschule (in Karlstadt ähnlich der Realschule), zwei Grundschulen, davon eine im Stadtteil Schmon, eine Berufsschule und eine Außenstelle der Kreismusikschule Merseburg-Querfurt. Es gibt aktuell keine Verbindung nach Karlstadt.
Online-Tipp
Weitere Berichte im Internet unter www.mainpost.de/Geschichte sowie unter www.querfurt.de