Information, Weiterbildung und intelligentes Energiemanagement sind die Schlüsselwörter bei der Umsetzung der angestrebten und notwendigen Energiewende. So lautet das Fazit eines Pressegespräches mit dem Karlstadter Architekten Werner Haase und Energiefachleuten von Bündnis 90/Die Grünen, den Bundestagsabgeordneten Daniela Wagner und Hans-Josef Fell sowie Kreisrat und Kreisverbandsvorsitzenden Gerhard Kraft.
Zuvor stellte Architekt Werner Haase bei einer gemeinsamen Besichtigung die energetischen Sanierungen in der Schutzengelkirche in Gräfendorf und die Realschule in Gemünden vor.
Allerhöchste Bedeutung misst der Karlstadter Architekt, der mit seinem Büro die beiden Projekte umsetzte, bei der energetischen Gebäudesanierung dem ganzheitlichen Ansatz zu. Es nütze überhaupt nicht, mal hier und mal da etwas zu dämmen oder einzubauen. Es bedürfe stets ein individuelles und fachlich stimmiges Gesamtkonzept. Ziel sei letztendlich die absolute „Null-Emission“ und die sei auch durch den klugen Einsatz der modernen Technologien möglich. Wichtiger Bestandteil sei hier der Einsatz der Sonnenenergie in Form von Fotovoltaik und als Wärmeerzeuger. Mithilfe neuester Entwicklungen wie dem „Eis-Wasser-Speicher“ könne inzwischen sogar Sonnenenergie wirtschaftlich gespeichert werden. Auch die Wärmerückgewinnung – Energierecycling – werde an Bedeutung gewinnen.
Angesichts der neuen Ölpreisspirale lohne sich alternative Energieerzeugung immer schneller. „Wir müssen ganz schnell raus aus diesem Kreislauf, sonst droht uns dasselbe Schicksal wie Griechenland“, meinte MdB Fell. Seine Kollegin Wagner brach eine Lanze für die Kommunen, die hier schon wesentlich weiter seien als der Bund. Bei den Gebäuden des Bundes passiere momentan noch gar nichts, so die Abgeordnete. Stattdessen habe man die Förderungsmittel von 2,2 Milliarden Euro auf 900 Millionen Euro zusammengestrichen.
Diese Entwicklung hielten die Gesprächspartner finanziell für kurzsichtig. Die Energiewende führe langfristig zu deutlichen Kostensenkungen bis hin zur Chance bei den reinen Energiekosten auf Null zu kommen, so ihre Meinung. Die zurzeit extrem niedrigen Zinsen trügen dazu noch bei. Als Schildbürgerstreich sahen sie die überstürzte Senkung der Einspeisevergütung für Solarstrom. Gerade Privatpersonen bräuchten Verlässlichkeit, man könne einen Bürger nicht erst planen lassen und ihm dann die Förderung kurzfristig zusammenstreichen. Werner Haase verteidigte die staatliche Unterstützung neuer Technologien zur Markteinführung.
Gerhard Kraft verwies darauf, dass Main-Spessart schon wesentlich weiter sei als andere Landkreise. Das Ziel sei, bis 2035 seinen Strom vollständig aus regenerativer Energie zu gewinnen. Dies sei auch prinzipiell bei der Wärmeversorgung möglich. Die kommunalen Verantwortungsträger, insbesondere die Kämmerer, sollten langfristig denken und Wärme sowie Strom als Gesamtkonzept sehen und intelligentes quartierbezogenes Energiemanagement betreiben.
Einig war sich die Gesprächsrunde, dass eine Verknüpfung von Energieberatung und Fortbildung für Bürger, Handwerker und Architekten als Sofortmaßnahme unabdingbar sei.
Sanierung der Schutzengelkirche
Die solar beheizte Schutzengelkirche in Gräfendorf mit umlaufender Wandheizung bezieht ihre Energie aus Hybridkollektoren und einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Durch eine Anbindung an das Internet kann die Heizungsanlage von der Heizungsbaufirma Ratio-therm oder vom Architekturbüro Werner Haase in der Karlstadt, das die Sanierung vornahm, fernüberwacht und bei Bedarf die Temperaturvorgaben und Pumpenschaltzeiten von der Ferne aus geändert werden.
Hans-Josef Fell ist Sprecher für Energiepolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag in Berlin und schon seit Jahren in das Konzept der Solarkirche in Gräfendorf eingebunden. Daniela Wagner aus Darmstadt ist im Bundestag in der Fraktion für Bau- und Wohnungspolitik tätig und setzt sich für die Förderung von regenerativer Energie ein. Die Grünen-Politiker schauten sich verschiedene Projekte an im Landkreis an ließen sich ihre regenerativen Wirkungsweisen erklären. Text: w. schelbert