Fische machen keine Geräusche, eine Fischzucht manchmal schon. So lassen sich die Erfahrungen von drei Familien im Zellinger Baugebiet „Lerlach“ mit der teilweise nur einen Steinwurf entfernten Fischzucht zusammenfassen. „Es ist jetzt schon störend“, erklärt Patrick Müller als einer der Anwohner der Fichtenstraße, die sich in den letzten zwei Jahren mehrfach sowohl an den Betreiber der Fischzucht als auch an die Gemeinde und das Landratsamt wandten.
Dass Teichwirt Stefan Wagner, der die Fischzucht von Karl-Heinz Schlereth gepachtet hat, eine Bauvoranfrage für eine Lagerhalle mit Verkaufsladen und Betreiberwohnung einreichte, die im Zellinger Bauausschuss keine einzige Fürstimme fand (die Main-Post berichtete), ließ bei den Anwohnern die Alarmglocken schrillen. Dass der Teichwirt den Betrieb nicht ausbauen will, können sich die Anwohner nicht vorstellen. Mehrfaches direktes Einwirken auf den Betreiber habe keinen hinreichenden Erfolg gezeigt.
Sie forderten in einem Brief an die Verwaltungsgemeinschaft Zellingen und das Landratsamt, dem Betreiber Maßnahmen für einen störungsfreien Betrieb aufzuerlegen und auch zu kontrollieren. Erst wenn der Sommer 2016 für die Anwohner erträglich verlaufen ist, dürfe über die angefragte Lagerhalle entschieden werden.
Die Erfahrungen der Anwohner mit störenden Geräuschen vor allem im Frühjahr und Sommer sind vielfältig: Mal plätscherte Wasser von nicht beruhigten Teicheinläufen, mal gab es bei Niedrigwasser des Baches Schlürfgeräusche einer Saugleitung, mal war die Belüftung der Teiche mit „Paddlern“, Pumpen und Aggregaten zu hören, mal gab es unterbrochenen, hochfrequenten Lärm von Kühlaggregaten im Freien. Dazu kamen noch Baulärm während des Betriebs der Fischzucht selbst und anliefernden Lastwagen mitten in der Nacht. Die Geräuschkulisse bringe manche nicht nur um ihren nächtlichen Schlaf, sondern raube auch die Freude an der Terrasse. Dort könne man sich nicht mehr in normaler Lautstärke unterhalten.
Im Juli 2015 wollte es Patrick Müller genau wissen und griff zu einem professionellen Schallpegelmessgerät. Seine Messung 0,5 Meter vor dem offenen Schlafzimmerfenster über mehrere Minuten ergab einen Mittelwert von 55 Dezibel (A). Spätere offizielle Messungen durch den Immissionsschutz vom Landratsamt Main-Spessart mit geeichten Messgeräten ergaben sogar Dauerpegel vom bis zu 60 dB (A), erlaubt sind im Wohngebiet nachts nur 40 dB (A).
Wie Pressesprecher Holger Steiger auf Nachfrage bestätigte, hat das Landratsamt das Thema „Geräuschbelästigung durch die Fischzucht“ seit August 2014 auf dem Tisch. Insbesondere die Geräusche der Belüftungsgeräte, die bei heißem Sommerwetter Sauerstoff ins Wasser bringen, störten die Anwohner im angrenzenden Wohngebiet. Im Sommer 2014 und auch wieder im Sommer 2015 kamen Beschwerden, auch weil man bei offenen Fenstern nachts kaum schlafen könne.
Schalltechnische Überprüfung
Dass es im Sommer 2015 bei der Fischzucht eine Ortseinsicht durch das Landratsamt Main-Spessart mit Messungen gab, bestätigt der Pressesprecher. Diese hätten gezeigt, dass insbesondere durch den Betrieb der Belüftungsaggregate zur Nachtzeit eine Überschreitung der im angrenzenden Wohngebiet geltenden Immissionsrichtwerte zu befürchten sei. Deshalb hat die Behörde den Betreiber Stefan Wagner zu einer schalltechnische Überprüfung durch ein Sachverständigenbüro aufgefordert. Mithilfe dieses Gutachtens sollen Maßnahmen erörtert werden, die künftig die Einhaltung der Immissionsrichtwerte gewährleisten.
Die Richtwerte müssten natürlich auch nach Realisierung des beantragten Bauvorhabens eingehalten werden. Momentan liegt die Anfrage beim Landratsamt. Wenn dies der Betreiber Wagner plausibel – in Form eines Gutachtens eines zugelassenen Sachverständigenbüros – nachweisen kann, bestehen aus Sicht des Immissionsschutzes keine Einwände gegen das geplante Vorhaben.
Insgesamt hält das Landratsamt den Standort für nicht optimal für die geplante Art von Zuchtbetrieb. Auch wenn es die Fischseen seit Jahrzehnten gibt, die Ausweisung des angrenzenden Gebiets in den 90-ern als Wohnbaufläche habe die Verhältnisse grundlegend geändert. Der damalige Eigentümer habe sich im Aufstellungsverfahren zum Bebauungsplan wohl auch nicht dagegen gewehrt. Ob aus Unwissenheit oder weil er die Seen nur als Hobby (im Nebenerwerb) bewirtschaftete und eine Erweiterung damals nicht geplant war, ist offen. Für den derzeitigen Konflikt sei es auch unerheblich, dass die Seen schon vor dem Wohngebiet bestanden haben: Der Betreiber muss sich an die jetzigen Vorgaben halten.