„Gleich an meinem ersten Praktikumstag durfte ich eine Posaune polieren“, erzählt Teresa (14) stolz. Sie sitzt an einer Werkbank in der kleinen Werkstatt von Josef Gopp in Sackenbach. Über ihrer schwarzen Jacke trägt sie eine blaue Schürze. Heute wartet eine Trompete auf den letzten Schliff. Eifrig beugt sich Teresa über das Instrument und reibt mit einem Tuch über das Schallstück am vorderen Ende der Trompete. Ihr konzentriertes Gesicht spiegelt sich in der versilberten Oberfläche.
Das Polieren macht Teresa Spaß. Überhaupt sei die Arbeit in der Werkstatt so interessant, dass sie sich gar nicht entscheiden kann, was ihr am besten gefällt. Die 14-Jährige besucht die siebte Klasse der St.-Kilian-Schule. Drei Monate lang wird sie Josef Gopp nun jeden Freitag zur Hand gehen. Die Erfahrung, die sie dabei macht, soll ihr später helfen, den richtigen Beruf – vielleicht sogar einen Ausbildungsplatz – zu finden. Ob Instrumentenbauer etwas für sie ist, weiß Teresa zwar noch nicht so genau, aber sie kommt gerne.
Mit Musik aufgewachsen
Bei Josef Gopp kann sie richtig Hand anlegen und die Arbeit mit Instrumenten ist ihr nicht fremd. Teresa ist mit Musik aufgewachsen, spielt selbst Flöte, Trompete und Keyboard. Ihre Mutter gibt seit mehr als 20 Jahren Unterricht beim Musikverein Wombach und ist für die „Sunny Music School“ in Lohr und Burgsinn tätig. Sie war es auch, die Teresa auf die Idee mit dem Praktikum bei Josef Gopp gebracht hat.
Der 36-Jährige entwirft, baut und repariert seit über 20 Jahren vor allem Blechblasinstrumente. Gepackt hat ihn die Liebe zu den Instrumenten viel früher. Auch in seiner Familie musiziert jeder. So begann auch Gopp schon als kleiner Junge Tenorhorn und Posaune zu spielen. Später kamen Basstrompete, Tuba und Euphonium dazu. Mit der Spielleidenschaft allein war es für ihn aber irgendwann nicht mehr getan. Er wollte die Instrumente auch selbst bauen können. „Wenn man viel spielt, weiß man, worauf es einem ankommt und möchte das am eigenen Instrument umsetzen“, so Gopp. Für ihn kommt es vor allem auf eines an: „Die Intonation muss stimmen.“
Auf der Suche nach der perfekten Intonation, also der Feinabstimmung der Töne und ihrer Klangfarben, begann Josef Gopp 1987 in Karlstadt eine Ausbildung zum Instrumentenbauer. Nach verschiedenen Stationen, darunter die Meisterschule in Ludwigsburg, arbeitete er auch in England, Frankreich und der Schweiz. Erfahrungen, die sich auszahlten – vor acht Jahren hat Gopp sich selbstständig gemacht und seine Werkstatt in Sackenbach eröffnet.
Auf rund 70 Quadratmetern drängen sich dort Instrumentenkoffer und Werkzeug, Drehbänke und Regale voller Taschen und Kartons. An der Wand hängen halbfertige Instrumente, die auf ihre Bearbeitung warten, Feilen und Zangen in verschiedenen Größen und Stangen zum Ausbeulen der Instrumente. Auf der Werkbank liegen Schraubenzieher, Öl und Lötkolben griffbereit. In einem kleinen Nebenzimmer sind Polier- und Schleifmaschine untergebracht.
Mittendrin sitzt Teresa. Sie ist fast fertig mit dem Polieren. „Eine Trompete besteht aus 80 bis 90 Einzelteilen“, schätzt Gopp, gezählt hat er sie noch nie. Bis er alle Teile vollständig zusammengesetzt hat, dauert es bis zu 30 Stunden – wenn man schnell ist. „Für ein Bariton braucht es locker 120 Stunden“, so Gopp. Am liebsten baut er zurzeit die Basstrompete, „weil man das nicht mehr so häufig macht.“ Früher sei sie weit verbreitet gewesen, zum Beispiel in Militärmusikgruppen; heute werde sie nur noch selten gebraucht.
Jedes Instrument ist einzigartig
Bei Gopp ist jedes Instrument ein Unikat. An die 200 hat er schon gebaut. Aufträge kommen aus ganz Europa. Sogar bis nach China und in die USA hat er schon Instrumente verschickt. „Ich bin Instrumentenbauer aus Leidenschaft“, sagt Gopp.
Das Geschäft läuft gut. So gut, dass Gopp die Arbeit nicht mehr alleine schafft. Seit zwei Jahren hat er seinen ersten Lehrling. Bernhard Kroning (21) stammt ursprünglich aus Fulda. Wie Teresa hat er während der Schulzeit ein Praktikum in der kleinen Werkstatt in Sackenbach gemacht. Nach zwei Wochen musste Bernhard zwar erstmal zurück nach Fulda, die Liebe zu den Instrumenten aber blieb.
Er kam immer wieder, um in den Ferien bei Josef Gopp zu arbeiten. Als er das Abitur in der Tasche hatte, stand sein Entschluss schon längst fest – er wollte auch Instrumentenbauer lernen. Der Umzug ins unterfränkische Neubrunn hat sich gelohnt: Bernhard wird nach der Ausbildung übernommen. So weit ist Praktikantin Teresa zwar noch nicht, aber Bernhards Beispiel zeigt ihr, wie wichtig ein Praktikum sein kann.
Geduld und Kraft sind gefragt
Gerade bearbeitet die 14-Jährige mit einer Feile den Kamm einer Tuba. An dem kleinen gebogenen Metallstück müssen alle Unebenheiten abgefeilt werden. Und das kann dauern. „Beim ersten Mal hab ich sieben Stunden gebraucht, bis es richtig glatt war“, sagt die Schülerin. Neben Geduld sind Fingerspitzengefühl, aber auch Kraft gefragt, erklärt Josef Gopp. Vor allem für den Bau oder die Generalüberholung von größeren Instrumenten wie Tuben müsse man schon etwas in den Armen haben.
Vielleicht sei das auch ein Grund, warum so wenige Frauen den Beruf des Instrumentenbauers lernen. In Bernhards Berufsschulklasse sind nur Männer. Auch Teresa weiß noch nicht, ob sie das auf Dauer machen möchte. „Ich habe zwar Geduld“, sagt sie, „aber ich glaube, ich bräuchte manchmal noch ein bisschen mehr.“