Er setzt sich gerne selbst ins Polizeiauto, um auf die Einhaltung von Recht und Ordnung zu achten: Hauptkommissar Wolfgang Zimmermann, seit 14 Jahren Leiter der Polizeistation Gemünden. „Mein Büro“, sagt er, „sind auch das Dienstauto und die Straße.“ Was ihn am Streifendienst fasziniert? „Die Freude daran, nie zu wissen, was auf einen zukommt.“ Er arbeitet gerne mit und mag es zu improvisieren. „Ich bin nicht der typische Beamte, kein Pedant“, sagt der 57-Jährige.
Mehrmals schon hat er in seinen 37 Jahren als Polizist zur Dienstwaffe greifen müssen, beispielsweise als ein Täter nach einem Raubüberfall fliehen wollte, erzählt Zimmermann. Bei genauerem Nachfragen stellt sich allerdings heraus, dass der Dienststellenleiter noch nie auf einen Menschen geschossen hat, lediglich die Waffe zur Drohung ziehen oder einen Warnschuss abgeben musste. Nur Tiere muss er nach Wildunfällen hin und wieder erschießen. „Es tut mir dann immer leid, ich bin kein Jäger“, sagt er. Als Tierfreund bringe er es kaum übers Herz, ein angefahrenes Reh erlösen zu müssen.
Was er hingegen öfter einsetzt, ist Pfefferspray. „Das ist momentan das adäquateste Mittel, um jemanden zu beruhigen“, erklärt der Dienststellenleiter. Vor allem bei Betrunkenen braucht er das Spray manchmal. Manche seien aber schon so besoffen, dass ihnen Pfefferspray gar nichts mehr ausmache, wundert sich Zimmermann.
Über eine alte Holztreppe in der Polizeistation gelangt man hinauf in den ersten Stock zum Büro des ursprünglich aus Hofstetten kommenden Polizeichefs. „50 bis 60 Prozent“ seiner Zeit verbringe er dort. „Meine Tür steht immer offen“, sagt Zimmermann. Wenn er aus dem Fenster schaut, blickt er auf den Wald am anderen Mainufer.
In seinem Büro umgibt sich der Polizeichef gerne mit privaten Dingen – Pflanzen, von denen er etliche hat, oder Wandbilder aus Privatbeständen, das Mousepad mit einem Bild der beiden Enkeln oder Fotos, die ihn und seine Frau zeigen. Der Dienststellenleiter ist in zweiter Ehe verheiratet. Ein Andenken an seine gestorbene erste Frau, mit der er über 30 Jahre verheiratet war, hat er ebenfalls noch auf dem Schreibtisch stehen: einen Tonpapagei, der ihm als Stifthalter dient. Auf einem Tischchen neben seinen beiden einfachen Schreibtischen – einer davon für Computer und Drucker – hat er in einem kleinen Körbchen seine Brotzeit für den Arbeitstag stehen: zwei Äpfel, eine Banane und ein gefärbtes Ei. Manchmal nascht er noch einen Schoko- oder Müsliriegel. Er esse auf der Arbeit nicht so viel, erklärt Zimmermann.
Zum einen achtet er auf seine Linie, weil es hier und da schon zwickt, kann er nicht mehr so viel Sport treiben. Zum anderen frühstückt er recht ausgiebig und isst abends zu Hause in Karlstadt, wo er seit seinem 18. Lebensjahr wohnt. Und wer kocht? „Das Endprodukt macht meistens meine Frau, die kann das schneller und schmackhafter“, aber er schnippele oft schon mal vor.
Eine richtige Antiquität hat Zimmermann neben seinem Bildschirm stehen: ein 40 Jahre altes Gerät, um den Funkverkehr mitzuhören. Und das Gerät steht nicht einfach nur herum, es läuft immer mit. Zeitgemäß ist es freilich nicht mehr. Aber noch arbeitet die Polizei in Bayern bekanntlich mit Analogfunk. Der Chef beklagt denn auch die „sehr großen Funkschattenprobleme“ in seinem Bereich. Deswegen haben er und seine Kollegen auf Streife immer ein Handy dabei. Wenn aber mal das EDV-System ausfallen sollte, „können wir nicht mal mehr Streife fahren“, sagt der Hauptkommissar. Die Polizei sei inzwischen völlig abhängig vom Medium Computer, die Hälfte der internen Polizeiarbeit laufe darüber. Er selbst hat einen elektronischen Terminkalender.
Früher habe er sich immer geärgert, wenn Geschwindigkeitskontrollen im Radio gemeldet wurden. „Wir wollen ja keine Leute fangen oder Bürger verärgern“, sagt er. Laserkontrollen würden nur zur Prävention an unfallträchtigen Punkten vorgenommen. „Die Polizei ist ja auch nicht auf den Kopf gefallen und hört auch Radio“, meint er. Dann stellt man sich halt woanders hin. Stolz ist Zimmermann auf die hohe Aufklärungsquote seiner Polizeistation. In Bayern liegt sie im Spitzenbereich.
„Wir wollen ja keine Leute fangen oder Bürger verärgern.“
Er fühlt sich in der Dienststelle nicht als Chef, eher als „vorgesetzter Mitarbeiter“ der 17 Polizeibeamten und Angestellten. Seine Handschellen bewahrt der 57-Jährige zusammen mit dem Einsatzgürtel und der Dienstwaffe im Waffenschrank auf. Bald wird es stabilere Handschellen geben, erzählt er, da „arge Wüteriche“ die jetzigen verbiegen können. Persönlich liegt dem Gemündener Dienststellenchef der Jugendschutz sehr am Herzen. Fast alle Gemeinden und Städte im Dienstbereich haben inzwischen eine „Sicherheitspartnerschaft“ zum Jugendschutz mit der Polizei abgeschlossen.
Einmal im Jahr fährt der bewegungsfreudige Chef – Wolfgang Zimmermann wandert gerne, spielt Tennis und walkt – mit seiner Frau zwei Wochen in den Urlaub. Auf Bali oder den kapverdischen Inseln machen sie einen „halben Entdeckungsurlaub“ mit dem Mietauto. Aber da er auch eine Weile entspannen muss, ist es halt nur ein halber Entdeckungsurlaub.