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Aschaffenburg: Reinhold Messner: "Greta Thunberg ist nicht mein Star"

Aschaffenburg

Reinhold Messner: "Greta Thunberg ist nicht mein Star"

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    Archivbild: Der südtiroler Bergsteiger und Abenteurer Reinhold Messner kommt am 3. Dezember für einen Vortrag nach Aschaffenburg. Im Interview spricht er vorab über sein Verhältnis zur Natur, die Fehler des Menschen und den Klimawandel.
    Archivbild: Der südtiroler Bergsteiger und Abenteurer Reinhold Messner kommt am 3. Dezember für einen Vortrag nach Aschaffenburg. Im Interview spricht er vorab über sein Verhältnis zur Natur, die Fehler des Menschen und den Klimawandel. Foto: Roberto Carnevali

    Reinhold Messner gilt als berühmtester Bergsteiger unserer Zeit. Er bezwang als Erster den Mount Everest ohne Sauerstoff, bestieg alle 14 Achttausender, die jeweils höchsten Berge der sieben Kontinente und durchquerte zu Fuß die größten Eis- und Sandwüsten der Erde. Am 3. Dezember 2019 wird der 75-Jährige in Aschaffenburg in einem Live-Vortrag "Weltberge – Die 4. Dimension" von seinen Abenteuern erzählen. Im Interview vorab sagt er, warum er kein Fan von Greta Thunberg ist.

    Frage: "Weltberge – Die 4. Dimension": Was muss sich der Zuschauer darunter vorstellen?

    Reinhold Messner: Die drei Dimensionen, Breite, Länge, Höhe haben wir im Kopf. Die vierte Dimension ist das, was wir in die Berge hineinlegen. Die Berge sind ja nur da. Sie sind absichtslos. Doch wir legen die Hoffnung hinein, dort hinaufzusteigen. Wir suchen uns im Vorfeld einen bestimmten Weg. Wir sind begeistert oder auch nicht. Daraus entstehen die Erlebnisse, die wir nach Hause tragen.

    Sie sagen, die meisten Menschen nähmen die Berge nur in Postkartengröße wahr. Ein Maß nehmen am Berg gehe nur mit den eigenen Beinen. Warum?

    Messner: Weil Sie nur mit den eigenen Beinen einen Berg ermessen können. Ermessen, nicht ausmessen. Alles, was mit Ziffern beschreibbar ist, ist nicht Bergsteigen, sondern Sport. Das Klettern in der Halle ist ein großartiger Sport, hat aber nichts mit Alpinismus zu tun. Der Alpinist misst sich nicht mit dem Berg, sondern nimmt Maß am Berg: beim Schnaufen, in den Beinen, in den Muskeln, in der Müdigkeit, der Angst, der Verzweiflung, der Hoffnung – in allem, was er dort oben erlebt.

    Sie haben klirrende Kälte und lebensbedrohliche Abgründe überlebt. Fürchten Sie die Natur?

    Messner: Die Natur ist absichtslos. Nur der Mensch macht Fehler. Wenn jemand sagt, die Natur rächt sich jetzt, weil wir 100 Jahre lang fossile Brennstoffe verbrannt haben, ist das falsch. Die Natur ist nur da. Sie verändert sich. Sie ist kreativ. Sie lässt den Menschen auch untergehen, wenn er Fehler macht. Und wenn er noch mehr Fehler als in den letzten 100 Jahren macht, wird er mit seinen Fähigkeiten auf dieser Erde vermutlich nicht überleben.

    Wie ist Ihr Verhältnis zur Natur?

    Messner: Ich sehe die Natur nicht als Gott an, wohl aber als eine göttliche Dimension. Wir werden ihre letzten Weisheiten nie schöpfen können. Es gibt ein Jenseits, zu dem wir keinen Zugang haben. Ich respektiere das. Ich respektiere die Natur.

    Welche Rolle spielt der Mensch im Vergleich zur Natur?

    Messner: Die Erde ist Milliarden Jahre alt. Unsere Menschheitsgeschichte dagegen nur ein paar Hunderttausend Jahre. Unsere dokumentierte Geschichte reicht gerade einmal 5000 Jahre zurück. Was sind 5000 Jahre gegen 1 Milliarde Jahre? Wir sind ein Nichts und haben es in ganz kurzer Zeit geschafft, mit der globalen Erwärmung ein Ungleichgewicht herzustellen. Man kann es überall sehen und riechen. Diese Veränderung ist in den Hochgebirgen noch viel mehr zu spüren als in den Städten.

    Archivbild: Reinhold Messner steht 2005 auf dem Zugspitzplatt in Bayern.
    Archivbild: Reinhold Messner steht 2005 auf dem Zugspitzplatt in Bayern. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Haben Sie Enkelkinder, die sich bei Fridays for Future engagieren?

    Messner: Ich habe eine Tochter, die etwas älter ist als Greta. Sie engagiert sich sehr. Sie fliegt nicht mehr. Sie isst kein Fleisch. Ich lasse sie in Frieden. Denn ich finde diese ganze Hysterie "Die Welt geht unter" und die damit einhergehende Aggression nicht zielführend.

    Das heißt, Greta Thunberg ist...

    Messner: ...nicht mein Star.

    Warum?

    Messner: Wenn wir die Welt in zwei Gruppen teilen – hier die Ökochonder, die sagen "Wir sterben alle" und dort die Verweigerer wie Donald Trump, die sagen "Es ist alles nur erfunden", dann ist das das Schlimmste, was uns passieren kann. Am Ende stünde ein Ökobürgerkrieg. Ich hoffe, dass es nicht so weit kommt. Mehr als alle Autofahrer haben in den letzten Jahren die Kriege die Welt versaut: mit Feinstaub in der Luft, mit der Produktion von Panzern und mit unendlich viel Energie, die verschleudert wurde.

    Was wäre der richtige Ansatz?

    Messner: Eine faire Diskussion. Greta Thunberg hat ein Verdienst. Sie hat das Thema allen Menschen zugänglich gemacht und Vehemenz hineingelegt. Aber als ein Star, der sie für viele ist, trägt sie auch Verantwortung. Sie darf sich nicht benutzen lassen.

    Grundsätzlich sind Sie aber Naturschützer…

    Messner: Nein, ich bin ein grün liberaler Denker. Das Liberale ist mir genauso wichtig wie das Ökologische. Wir Menschen müssen weiterhin frei leben dürfen. Ich mag mir nicht vorstellen, dass ich in einer Ökodiktatur lande. Dann entscheidet ein Mensch, was die anderen zu tun haben.

    Welche Verantwortung hat der Mensch?

    Messner: Der Mensch trägt die volle Verantwortung. Die Natur ist absichtslos. Wir Menschen müssen bei uns anfangen und uns fragen: Was müssen wir ändern? Was können wir im Moment ändern? Dass wir alles von heute auf morgen ändern, würde die Menschheit in eine Katastrophe stürzen.

    Fliegen Sie noch?

    Messner: Ja, ich muss. Das heißt, ich muss gar nichts. Ich könnte mich auch zurückziehen und nichts mehr tun. Ich fliege demnächst nach Kanada, um eine Rede zu halten – auch, um meine Ökovorstellungen vorzubringen. Ich sage "mea culpa". Ich bin auch für meine Expeditionen geflogen. Das war nicht notwendig. Das war meine Leidenschaft. Das Fliegen ist eine große Errungenschaft. Aber wir sollten uns abgewöhnen, nur aus Spaß an der Freude um die Welt zu fliegen.

    Messner live in Aschaffenburg

    Reinhold Messner wird am 3. Dezember ab 20 Uhr in der Aschaffenburger Stadthalle am Schloss in einem Live-Vortrag mit dem Titel "Weltberge – die 4. Dimension" 13 Berge auf bisher unbekannte Weise zeigen. Im Vortrag mischen sich alpinistische Erlebnisberichte mit satellitengestützter Technik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Karten: www.messner-live.de

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