„Das Paradies der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde“, dieser Ausspruch des Schriftstellers Friedrich von Bodenstedt aus dem 19. Jahrhundert gilt heute noch für Pferdefreunde. Und seit einiger Zeit auch für neun Schüler der Staatlichen Realschule Gemünden. Sie nahmen am Schulprojekt Reiten teil und tauschten für einige Wochen PC sowie Play Station gegen Sattel und Zügel aus.
Zu viel Zeit für Medienkonsum
„Viele Kinder verbringen heute zu viel Zeit mit dem Medienkonsum“, meint Reitlehrerin Christiane Beutner. Seit elf Jahren übt sie diesen Beruf aus, seit zwei Jahren beim Reitverein Rieneck. Gemeinsam mit Schulrektor Thomas Feser hat sie das Schulprojekt Reiten an der Staatlichen Realschule in Gemünden ins Leben gerufen. Einen Mitstreiter fanden Feser und Beutner in Herbert Baus, dem Vorsitzenden des Reitvereins Rieneck. Er sicherte sofort seine Unterstützung bei der Umsetzung des Projekts zu.
Pädagogischer Hintergrund
Dieses ist allerdings nicht als Freizeitspaß gedacht, sondern hat einen pädagogischen Hintergrund. Unter dem Motto „Pferd als Freund“ sollten die Kinder lernen, „sich um Lebewesen zu kümmern und für sie die Verantwortung zu übernehmen“, sagte Beutner. Zu dem Konzept gehört, dass die Schüler an dem Verhalten des anderen erkennen, ob es dem Gegenüber gut geht.
Neun Schülerinnen und Schüler, ein Junge und acht Mädchen im Alter zwischen neun und 14 Jahren, meldeten sich spontan für den acht Doppelstunden umfassenden Kurs an, den sie in der Freizeit absolvierten. In Theorie und Praxis wurden sie auf der Anlage des Reit- und Fahrvereins Gut Dürnhof mit dem Lebewesen Pferd vertraut. Dabei lernten die Schüler, dass Reiten mehr ist, als einfach nur rauf aufs Pferd und los. Denn bevor es auf die Reitanlage oder ins Gelände ging, mussten die Schüler ein umfangreiches Vorbereitungsprogramm absolvieren – angefangen von der Begrüßung der Pferde im Stall bis zur Pflege der Tiere.
Intensive Fellpflege
Die Stuten Alaska, ein zwölfjähriger Schimmel-Vollblut-Mix, und die sieben Jahre alte Quennie, ein schwarz-weiß-braun geschecktes irisches Pferd, genossen dabei offensichtlich die intensive Fellreinigung. Auch das Säubern der Hufe gefiel den Vierbeinern anscheinend.
Waren die Pferde dann gesattelt, führten die Schüler sie zum Reitplatz, wo dann endlich der Reitunterricht begann. „Teamarbeit“ hatte Christiane Beutner diesen Teil des Unterrichts überschrieben. Dieser begann mit Vertrauensübungen, bei denen die Tiere durch einen abgesteckten Parcours geführt werden mussten, wobei sich die Zwei- und Vierbeiner auch körperlich nahe kamen. Noch enger wurde die Zusammenarbeit von Ross und Reiter bei den Geschicklichkeitsübungen. Letztere mussten im Vorbeireiten Plastikringe auf am Boden stehende Pylone legen, im Vorbeireiten an einen anderen Reiter übergeben oder sich gegenseitig zu werfen. Steigerung und Höhepunkt des Unterrichts war aber der Ausritt in die Umgebung.
Ausgleich für den fordernden Unterricht
„Weil ich Reiten sehr mag und schon immer mal reiten wollte“, hat sich Siebtklässlerin Monja Schröder zum Reitkurs gemeldet. Die Gemündenerin wollte schon lange mal auf einem Pferd sitzen, hatte jedoch nur selten Gelegenheit dazu. Reiten in der Freizeit sieht sie als schönen Ausgleich zum fordernden Schulunterricht an. Auch nach dem Kurs möchte sie gerne Reitunterricht nehmen.
Zu den fortgeschrittenen Kursteilnehmerinnen gehörte Alena Neuf aus Rieneck. Die Fünftklässlerin hat seit mehr als einem Jahr Reiterfahrung. Dabei hat sie alles, was im Stall und bei der Pflege der Pferde anfällt, kennengelernt. Besonders liebt sie die Ausritte in die Umgebung. Einer ihrer sehnlichsten Wünsche, „natürlich ein eigenes Pferd haben“.
Wer Reiten lernen will, muss laut Christiane Beutner nicht sehr tief in den Geldbeutel greifen. „Ein Helm, es kann ein guter Fahrradhelm sein, Handschuhe und festes Schuhwerk reichen am Anfang aus“, meint die Reitlehrerin, die derzeit auch eine Ausbildung zur Reittherapeutin absolviert. Für die Gemündener Realschüler war der Kurs jedenfalls erschwinglich: Elternbeirat und Förderverein der Realschule haben das Projekt großzügig unterstützt.