Am 22. Oktober wäre Richard Freund 100 Jahre alt geworden. Der Stadtrat ernannte den Steinbacher wegen seines sehr breiten Engagements für die Allgemeinheit im Jahr 2000 zum Lohrer Ehrenbürger. Freund starb 2010 kurz nach seinem 90. Geburtstag.
Freunds Engagement sei nicht nach Jahren, sondern nach Jahrzehnten zu bemessen, sagte Bürgermeister Siegfried Selinger seinerzeit zur Begründung für den nicht öffentlichen Beschluss des Stadtrats. Seitdem Freund aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekehrt sei, engagiere er sich für seine Mitbürger. Es gebe kaum einen öffentlichen Bereich, in dem er nicht tätig geworden sei.
Als Sohn des Adler-Wirts und Steinbacher Bürgermeisters Edmund Freund kam Richard Freund 1920 zur Welt. Der gelernte Metzger, der den Gasthof übernehmen sollte, verlor im Krieg als Panzerjäger vor Moskau den linken Oberarm. Somit konnte er den Beruf nicht mehr ausüben.
VdK-Ortsverband gegründet
Er schulte noch während des Krieges zum Betriebswirt um und arbeitete bis zu seiner Pensionierung bei der Rhein-Main-Donau AG. Nach Kriegsende setzte sich Freund beim Roten Kreuz für Kriegsopfer und Hinterbliebene ein und gründete 1958 mit Gleichgesinnten den Steinbacher Ortsverband des Sozialverbands VdK, den er bis zur Eingliederung in den Lohrer Ortsverband leitete.
Von 1954 bis 1995 war er ehrenamtlicher Sozialrichter, von 1982 bis 1992 Patientenfürsprecher im Bezirkskrankenhaus Lohr. Freund engagierte sich auch noch als Elternbeiratsvorsitzender der Grundschule und des Gymnasiums, als Pfarrgemeinderat sowie als Lektor und Scholamitglied in Steinbach.
Politisch war er zunächst für die CSU aktiv. Von 1956 bis zur Eingemeindung Steinbachs nach Lohr 1972 war Freund Gemeinderat in Steinbach. Danach war er 24 Jahre Stadtrat in Lohr. Nach dem Kreissitzdebakel gründete er 1973 die Main-Spessart-Union (MSU) mit. Vom 11. Mai 1989 bis 30. April 1990 war Freund als Zweiter Bürgermeister "ständiger Vertreter" für den erkrankten Bürgermeister Gerd Graf.
Nach dem Krieg half Freund mit, den Sportverein Steinbach wieder zu gründen, dessen Vorsitzender er von 1969 bis 1991 war. In diese Zeit fällt unter anderem der Sportheimbau gegen viele Widerstände. Jahrzehntelang war er im Rehasport aktiv – als Sportler und Vorsitzender der Lohrer Gruppe. Vielfach erwarb er das Sportabzeichen.
Ausgezeichnet wurde Freund 1977 mit dem Bundesverdienstkreuz, 1981 mit der Goldenen Ehrennadel des Landessportverbands und der Dankurkunde für Verdienste in der Kommunalpolitik, 1998 mit der Bayerischen Ehrenmedaille. Mit seiner Frau Lucia war er seit 1946 verheiratet. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor.
Die Würde eines Ehrenbürgers verleiht die Stadt Lohr seit 1866. Auf der aktuellen Liste stehen zurzeit 36 Personen, davon 25, die vom Lohrer Stadtrat ernannt wurden, und elf aus Stadtteilen, die früher selbstständig waren. Dazu kommen sieben Ehrenringträger.
Vorschläge für mögliche Ehrenbürger und Ehrenringträger seien bislang mehrheitlich aus den Reihen des Stadtrates gekommen, seltener von Bürgerinnen und Bürgern, informierte auf Anfrage dieser Redaktion Rathaussprecher Dieter Daus. Derzeit lägen keine offenen Vorschläge vor.
Keine Liste im Rathaus
Das Spektrum der Leistungen und Verdienste, die zur Ernennung von Ehrenbürgern und Ehrenringträgern geführt haben, ist laut Daus riesig. Eine individuelle Prüfung der Leistungen sei jedes Mal aufs Neue erforderlich. Das Anlegen einer Liste mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten mache daher wenig Sinn.