„Gas geben“, forderte Stadtrat Bernd Lengler den Rienecker Bürgermeister Wolfgang Küber in der Stadtratssitzung auf. Gas geben, damit die Rienecker weiter in ein paar Minuten nach Gemünden fahren können. Denn ihnen droht im kommenden Jahr eine dreimonatige Komplettsperrung der Staatsstraße in die Nachbarstadt.
Der Bürgermeister hatte dargelegt, was in einer Besprechung in der vergangenen Woche mit dem Staatlichen Bauamt erläutert wurde. Demnach soll die Fertigstellung der Ortsumgehung Rienecks mit einer Vollsperrung der Straße nach Gemünden einhergehen. Dafür sind Mai, Juni und Juli vorgesehen, sagte Küber. Die Fachleute hätten gesagt, ohne Vollsperrung gehe es nicht.
„Du musst auf Alternativen drängen“, forderte die dritte Bürgermeisterin Edith Reuter Wolfgang Küber auf. „Ich bitte und erwarte vom Bürgermeister, dass er sich dafür einsetzt, dass es keine Vollsperrung der Staatsstraße geben wird“, sagte sie.
„Unzumutbare Verhältnisse“
Die Rienecker müssten nach Gemünden zum Arzt, sagte sie, sie müssten aufs Amt, wollten ihre Besorgungen erledigen. Das seien nicht nur 50 Kilometer mehr zu fahren, sondern koste auch viel Zeit. Küber hatte dargelegt, dass der Verkehr in Richtung Gemünden nur über Burgsinn und Gräfendorf umgeleitet werden könne sowie über die Bayerische Schanz in Richtung Lohr. Beide Strecken seien jeweils 25 Kilometer länger. Von Rieneck sind es über Burgsinn und Gräfendorf nach Gemünden 31 Kilometer, statt 6 Kilometer auf direktem Weg.
„Du bist das Ortsoberhaupt, aber du stellst dich hin und nimmst das in Kauf, statt zu sagen ,Leute, so geht's nicht!‘“, kritisierte Stadtrat Bernd Lengler. Er sprach von „unzumutbaren Verhältnissen“ im Fall einer Komplettsperrung. Man müsse eine andere Lösung finden, so Lengler.
Busse fahren über Hohenroth
Die einzigen Schlupflöcher in Richtung Gemünden wären die Straße über Hohenroth, der Radweg durchs Sinntal und eventuell ein Forstweg auf der anderen Seite der Staatsstraße. Die Strecke nach Hohenroth sei jedoch eine Privatstraße. Sie werde zwar genutzt, bleibe aber Einsatzfahrzeugen von Polizei und Feuerwehr sowie den Bussen vorbehalten, erläuterte Bürgermeister Küber. Durchgangsverkehr könne man der SOS-Dorfgemeinschaft nicht zumuten.
„Eine Umleitung über Forstwege geht nicht“, war Stadtrat Lukas Küber klar. Bliebe der Radweg, der dann zu Beginn der Sommersaison nicht für die Radler zur Verfügung stünde. „Schließen wir eine Vereinbarung mit der Stadt Gemünden, dass dort kein Fahrrad gefahren wird in dieser Zeit“, flüchtete sich Bürgermeister Küber in Galgenhumor. Der Radweg sei schmal, könne also allenfalls in eine Richtung befahren werden. Der Bürgermeister sagte, er habe deswegen überlegt, ihn während der Bauphase vormittags in eine Richtung zu öffnen, nachmittags in die andere.
Fachleute haben schon anderes geschafft
Dass es kaum möglich sein wird, die Baustelle nur auf halber Straßenbreite einzurichten, um die andere Hälfte der Fahrbahn weiter zu nutzen, das leuchtete Peter Elzenbeck noch ein. Dass die Baustelle in einem Wasserschutzgebiet liegt, ließen er und andere aber Stadträte nicht als Argument dafür gelten, dass dort keine provisorische Umgehung eingerichtet werden könne, wie Küber bei der Besprechung erfahren hatte. Allenfalls der Aufwand könnte höher sein. Schließlich führe die Straße jetzt auch durchs Wasserschutzgebiet, ebenso wie die benachbarte Bahnlinie, so Elzenbeck.
Der stellvertretende Bürgermeister Hubert Nickel machte darauf aufmerksam, dass es nicht Aufgabe des Rienecker Stadtrats sei, fertige Lösungen aufzuzeigen. Man sollte „dem Bauamt aufgeben, uns ordentlich zu bedienen“. „Kämpfen für eine gute Sache kann sich immer wieder lohnen“, erinnerte er unter anderem daran, dass der direkte Zugang zum Sportplatz nach der Fertigstellung des neuen Kreisverkehrs auch erst auf Intervention beim Straßenbauamt wieder hergestellt wurde.
Auch die Gemündener Mainfähre sei als Lösung während des Brückenbau erst dann gekommen, als es einen Aufschrei in Hofstetten und Massenbuch gab. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, so Nickel. Wenn sich das Baumt die Sache leicht mache, „dürfen wir das nicht akzeptieren“. Man müsse statt dessen die Fachleute daran erinnern, dass sie schon ganz anderes geschafft hätten. „Sie können auch für uns eine Lösung präsentieren.“
Musikverein feiert, Sportverein auch
Stadträtin Christina Neuf könnte sich vorstellen, dass eine Verschiebung der Sperrung nach hinten, in die Ferienzeit, in den August, eine gewisse Entspannung brächte. Allerdings wäre dann die Kirchweih mitbetroffen, so Hubert Nickel, der sich vor allem Sorgen um die beiden großen Feste machte, die Rienecker Vereine in der Zeit geplant haben, die für die Sperrung ins Auge gefasst ist.
Der Musikverein hat zum Jubiläum 50 Musikkapellen der Region eingeladen, der Sportverein erwartet beim Juniorensportwochenende viele Mannschaften von auswärts. Beide hätten für ihre Veranstaltungen schon viel Geld investiert. Zur Deckung der Ausgaben bräuchten sie Gäste auch aus dem Maintal. Aber fährt jemand nach Rieneck, wenn er dafür 50 Kilometer Umweg in Kauf nehmen muss, fragte Nickel. Er wies auch auf einige der vielen anderen Betroffenen hin: die Rienecker Firmen, die Gäste des Hotels.
Bürgermeister Wolfgang Küber versicherte, dass er die Bedenken vorgetragen habe, auch schriftlich. Er könne es sich aber doch nicht anmaßen, dem Staatlichen Bauamt zu sagen, „so geht's nicht“. „Die Bürger erwarten von dir, dass du dich nicht damit einverstanden erklärst“, insistierte jedoch die dritte Bürgermeisterin Edith Reuter – sonst werde die von Silvester Krutsch ins Spiel gebrachte Unterschriftensammlung kommen, versicherte sie.