Ziemlich schnell - und sehr gründlich - mussten der Karlstadter Bauhof und die Vertragsfirmen der Stadt in diesem Sommer arbeiten, um seit Jahren ungenutzte Räume der Pfarrei Heilige Familie in zwei Kinderkrippen-Räume umzubauen. Dass es so schnell gehen sollte, war ein Ansporn für Rüdiger van Baal, Leiter der städtischen Hochbautechnik, und die Arbeiter. Krippenleiterin Tina Ehrenfeld und Pfarrer Simon Mayer sind begeistert über die neuen Räume und den Einfallsreichtum, der nötig war, um alles bis zum Start des Kindergartenjahres umzusetzen.
Der Neubau neben dem bestehenden Kindergarten wurde bereits Ende 2016 beschlossen. Die 3,1 Millionen Euro teure Maßnahme wurde in Ruhe geplant und ausgeführt. In den nun bezugsfertigen Bau passen drei Regelgruppen und eine Krippengruppe. Bis zum Beginn des kommenden Kindergartenjahres soll der bisher genutzte Altbau saniert werden, hinterher ist das komplette Kinderhaus aufgehübscht und erweitert.
Der Pfarrer hatte die rettende Idee
Allerdings wäre der Platzbedarf für das laufende Kindergartenjahr nicht abgedeckt. Der ist nämlich wegen Zuwanderung und steigender Geburtenrate höher als noch vor einigen Jahren erwartet. Die Kindergartenleitung, die Stadt Karlstadt und die Pfarrei suchten also händeringend nach einer Lösung. Pfarrer Simon Mayer hatte eine Idee: Die früheren Mönchszellen in der Heiligen Familie, die zuletzt als Hausmeisterwohnung dienten, waren seit rund zwei Jahren ungenutzt. Allerdings war das Dach darüber undicht.

Nachdem die Diözese Würzburg als Eigentümer des Gebäudes zustimmte, das Dach zu sanieren, machte sich Rüdiger van Baal daran, den Umbau der Räume zu planen. Da das Ganze nur eine Übergangslösung für ein Jahr sein soll, sollten die Kosten möglichst niedrig gehalten werden. Der Stadtrat genehmigte maximal 80 000 Euro. Gleichzeitig verlangte aber das Landratsamt "das volle Programm, keine Provisorien", wie van Baal sagt. Also war Einfallsreichtum gefragt.
Während die Krippenkinder im vergangenen Jahr im Altbau Toiletten normaler Größe mit kindgerechten Aufsätzen benutzten, verlangte das Landratsamt in den neuen Räumen kleinkindgerechte Toiletten. "Für ein weiteres Jahr mit den Aufsätzen bekamen wir keine Genehmigung", erklärt Tina Ehrenfeld. Also mussten die teuren Kleinkind-Toiletten rein. Wenn die Räume in einem Jahr wie geplant der Kirche als Büroräume dienen, müssen die Kinderklos gegen Toiletten normaler Größe getauscht werden.
Auch die Waschbecken sollten in kindgerechter Höhe angebracht werden. "Aber es waren bereits Anschlüsse in normaler Höhe vorhanden. Und die jetzt umzubauen und nächstes Jahr wieder, würde viel Geld kosten", so van Baal. Also setzte er nicht die Becken tiefer, sondern den Boden höher. Durch eine Stufe und einen um einige Zentimeter erhöhten Holzboden sind die Becken nun kindgerecht erreichbar. Der Zwischenboden lässt sich nächstes Jahr einfach rausnehmen.

Gewitzte Lösungen
Die neuen Räume sind im Erdgeschoss. Falls eine Evakuierung nötig sein sollte, "würden sich die Betreuerinnen die kleinen Kinder durch das Fenster reichen", sagt Tina Ehrenfeld. Das Landratsamt forderte dennoch Fluchttreppen, die zum Fenster führen. Also fertigte der Bauhof diese Treppen ebenso aus Holz an wie die Verkleidung der Heizungen.
"Die Trennwände der früheren Mönchszellen wurden herausgenommen, damit große Krippenräume entstehen", sagt Pfarrer Mayer. Wenn die Räume zu Büros werden, kommen die Wände wieder hinein. Das gleiche Prinzip gilt bei der Eingangstür, die sich bisher nach innen öffnete, laut Vorschrift aber als möglicher Fluchtweg nach außen aufgehen sollte. Statt eine neue Tür zu bestellen, drehten die Bauhof-Mitarbeiter einfach die komplette Türfassung. Optisch fällt das kaum auf, und auch das ließe sich im nächsten Jahr wieder rückgängig machen.
Angespornte Arbeiter

Als die Kinderhausleiterin, einige Gruppenleiterinnen und Pfarrer Mayer in den letzten Ferientagen durch die Räume streifen, sind sie hellauf begeistert. "Das ist viel schöner als erwartet", sagt Tina Ehrenfeld. "Viel mehr als eine Übergangslösung." Über dieses Lob freut sich Rüdiger van Baal. Er reicht es an die Arbeiter weiter. "Dass es so schnell gehen musste, hat alle angespornt", erzählt er. Auch die Vertragsfirmen, die die Elektrik und Wasserinstallationen übernommen haben, hätten voll mitgezogen. "Hier wurde auch freitagnachmittags und samstags gearbeitet. Manche haben sogar ihren Urlaub verschoben." Für die künftige Büronutzung seien auch schon Datenleitungen gelegt worden.
Eine Ganztags- und eine Halbtagsgruppe werden die neuen Räume mit Leben füllen. Zum Mittagessen und zum Sport gehen die insgesamt 20 Kinder über den Pfarrsaal in den Neubau. Nach der Freigabe durch das Landratsamt am Dienstagvormittag werden die Kinder im Laufe der Woche die neuen Räume beziehen. Und sobald sowohl im Neubau als auch in diesen Krippenräumen alles seinen geregelten Gang geht, beginnen die Sanierungsarbeiten im Altbau. "Danach aber", sagt Pfarrer Mayer "ist die Fläche ausgereizt." 100 Kindergarten- und 45 Krippenplätze wird das Kinderhaus Heilige Familie ab August 2020 anbieten.