So unvereinbar die Interessenlage bei Betreibern und Gegnern von konventionellen Christbaumkulturen scheinen, so weitgehend fair gingen sie dennoch bei der Podiumsdiskussion in der Mittelsinner Turnhalle miteinander um. Knapp 350 Sinngründer waren der Einladung der Interessengemeinschaft Christbaumanbauer Sinngrund gefolgt. Dem Beifall nach zu urteilen, hielten sich Befürworter und Gegner in etwa die Waage.
Kritik „nicht nachvollziehbar“
Dass in drei Stunden all das zu klären wäre, was sich in drei Jahrzehnten an Vorbehalten und Misstrauen aufgebaut hat, hatten die Veranstalter des Abends nicht erwartet. Sie setzten die Aufklärung über den „fachgerechten Anbau“ gegen die „für uns nicht nachvollziehbare Kritik“, wie Moderator Hans-Ekkehard Rösch eingangs sagte. Diese Kritik resultiert aus der bislang staatlich geduldeten ungeregelten Ausweitung des Anbaus in Freihalteflächen und im Wald, aus der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch Monokulturen, aus den Einschränkungen durch weitläufige Zäunung und vor allem aus den möglichen Gefahren durch Spritzmittel.
Immerhin signalisierten beide Seiten Gesprächsbereitschaft. Moderator Rösch zog aus dem Abend die Erkenntnis, dass „wir (Christbaumbauern) gezielter arbeiten und sensibler mit der Natur umgehen“. Ebenso entgegenkommend zeigte sich der Bundesvorsitzende der Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger, Bernd Oelkers (Wenzendorf bei Hamburg) im Schlusswort: Alle sollen an einen Tisch und miteinander „ein gesundes Konzept ausarbeiten“.
Drei Referenten
Mit Oelkers, Oberlandwirtschaftsrat Peter Uehre (Leiter der Gartenbauschule Münster-Wolbeck), der unter anderem Methoden für den Christbaumanbau testet, und Notker Wolf (Spritzmittelberater der BayWa aus Büchold) standen drei Referenten Rede und Antwort. Zu ihnen gesellte sich noch der bayerische Verbandsvorsitzende Thomas Emslander aus Unterglaim bei Landshut. Bernd Oelkers produziert auf 361 Hektar Weihnachtsbäume. Er zeigte sich zu Beginn der Diskussion „verwundert, dass hier in der Region ein wenig Missstimmung aufgekommen ist“. Es sei doch ökologisch zu begrüßen, dass Deutschland mit 25 Millionen Christbäumen im Jahr einen Selbstversorgungsgrad von 90 Prozent erreicht habe, dass weniger Bäume aus dem Ausland transportiert werden, dass der Verbraucher zu 95 Prozent dem fast kohlendioxidneutral produzierten Naturbaum den Vorzug vor dem Plastikbaum gebe. 5500 Produzenten bewirtschaften im Haupt- und Nebenerwerb 35 000 Hektar mit 80 000 eigenen und 50 000 Saisonarbeitskräften.
Peter Uehre nannte den kargen Sinngrundboden ideal für den Christbaumanbau. Die anonym verbreiteten Zahlen (die Main-Post berichtete) zum Einsatz von Dünger und Unkrautvernichtungsmitteln seien maßlos übertrieben. Der Stickstoffbedarf liege bei 80 Kilogramm je Hektar und Jahr – Weizen zum Vergleich benötige 240 Kilogramm. Notker Wolf ergänzte, die so genannten Pflanzenschutzmittel würden auch und in weit größeren Mengen in der Nahrungsmittelproduktion eingesetzt.
Höhnisches Gelächter erntete Uehre, als er beteuerte, noch nicht von der Gefährlichkeit der Spritzmittel wie Roundup für Menschen gehört zu haben: „Die Mittel sind zugelassen. Wenn sie giftig sind, sagen Sie's der Bundesforschungsanstalt!“ Er versprach, sich kundig zu machen und darüber zu berichten. Auf die Frage ans Publikum „Sie wollen Pestizide prinzipiell nicht?“ folgte ein lautes Ja. Dem hielt Peter Uehre entgegen: Öko kann sich nicht jeder leisten.
ONLINE-TIPP
Mehr Berichte zum Thema unter www.mainpost.de/regional/main-spessart/gemuenden.