Nach fünf Jahrzehnten endet zum Jahresende in Sackenbach eine Familienbetriebsgeschichte: Die Freie Tankstelle Schmidt gibt auf. Grund ist der in den vergangenen Jahren stetig gewachsene Preisdruck durch die Mineralölkonzerne. Er führte dazu, dass die Tankstelle als Familienbetrieb nicht mehr rentabel war.
Benzin wird aber auch in Zukunft aus den Zapfhähnen an der Sackenbacher Straße fließen: Die Firma Walther, ein Großanbieter aus Schweinfurt, wird die Tankstelle übernehmen. Ungewiss ist indes die Zukunft des Taxiunternehmens der Familie Schmidt.
„Es tut natürlich weh, nach so vielen Jahren ein Stück Familiengeschichte zu beenden“, so Petra Bernard, Tochter des Firmengründers Walter Schmidt. „Aber wenn am Monatsende nichts übrig bleibt, dann ist es sinnlos weiter zu machen.“ In den kommenden Jahren wären Investitionen zum Beispiel in die Tanks notwendig geworden. Das Geld sei „bei der aktuellen Preisentwicklung niemals wieder zu verdienen“, erklärt die 53-Jährige die Gründe der Aufgabe. Sie hatte die Tankstelle in den vergangenen Jahren als Pächterin geführt und auch den Taxibetrieb unter dem etablierten Namen Taxi-Schmidt aufrecht erhalten.
Seine Stammkunden hat das Unternehmen Schmidt bereits per Brief über die Veränderungen informiert. Der Familienbetrieb zählt seit der Nachkriegszeit zu den etablierten in Lohr. Bereits in den fünfziger Jahren hatte Walter Schmidt zusammen mit seinem Vater eine KFZ-Werkstatt gegründet. Damals waren die Kunden bis aus München gekommen oder die Fahrzeuge von dort abgeholt worden, um sie in Lohr instand zu setzen.
In den sechziger Jahren kam die Tankstelle und in den siebziger Jahren das Taxiunternehmen hinzu. „Unsere Tankstelle zählte immer zu den modernsten in der Region“, erinnert sich Gertrud Schmidt (70), Ehefrau des Gründers. Den ersten Münztankautomat „weit und breit“ habe es in Sackenbach gegeben. Oder einen Tankkartenautomaten, der das Tanken rund um die Uhr möglich gemacht hat. Auch die erste automatische Wagenwäsche war in den siebziger Jahren noch etwas Besonderes.
Nach einer abwechslungsreichen Geschichte der Tankstelle, die einst als FINA-Filiale startete, nahm die Familie den Benzinverkauf nach einer kurzen Betriebszeit unter der Regie der Firma Kultau aus Gelnhausen schließlich Ende der neunziger Jahre erneut in die eigenen Hände. 1998 eröffnete die Freie Tankstelle Schmidt wieder im Automatenbetrieb.
Doch jetzt war es Zeit einen Schlussstrich zu ziehen. Denn, so Bernard, „es war trotz aller Kostenminimierung nicht einmal mehr möglich die laufenden Betriebskosten zu decken.“
„Wenn am Monatsende nichts übrig bleibt, dann ist es sinnlos, weiter zu machen.“
Petra Bernard, Tochter des Firmengründers Walter Schmidt
Auch die Zukunft des Taxiunternehmens ist ungewiss. Man müsse „genau schauen, ob es Sinn macht“, den Taxibetrieb ohne Tankstelle und Werkstatt in der Hinterhand weiterlaufen zu lassen, sagt Bernard. Dass es in Lohr zuletzt wieder eine Diskussion um das Angebot an Taxen gab, kann sie nur schwer nachvollziehen. „Lohr ist keine Großstadt und entsprechend sind auch die Verhältnisse nicht zu vergleichen“, sagt Bernard. Sie könne den Unmut von Hotels oder Gaststätten zwar verstehen, wenn spät am Abend kaum ein Taxi zu bekommen sei. Aber für zwei oder drei Fahrten stehe es einfach nicht in Relation, die halbe Nacht auf den Beinen zu sein. Noch dazu, wo die Betreiber der Taxen ja schon den ganzen Tag unterwegs seien.
Insgesamt sei die Nachfrage nach Taxifahrten deutlich zurück gegangen. Vor allem, nachdem die Versicherungen die Finanzierung von Krankentransporten immer mehr eingeschränkt hätten. „Da hilft alle Freundlichkeit bei den Kunden nicht weiter“, so Bernard. „Jeder schaut auf sein Geld. Und wenn die Kasse nicht zahlt, wird der Transport eben privat organisiert.“
Wie beim Betrieb der Tankstelle suchte die Familie Schmidt auch beim Taxigeschäft nach Wegen um modern und innovativ zu bleiben. So wurde zum Beispiel in den frühen Siebzigern ein Kleinbus in Betrieb genommen, um die damaligen Rexroth-Schichtarbeiter täglich von Rothenfels nach Lohr und zurück zu fahren. Auch die Installation eines eigenen Funksystems für die Fahrzeuge war damals keine Selbstverständlichkeit.
Für die KFZ-Werkstatt der Familie waren Änderungen und eine Umstrukturierung bereits vor Jahren vollzogen worden. Das Hauptgebäude, das inzwischen einen Getränkemarkt beherbergt, wurde zuerst an die Rexroth-Modellwerkstatt vermietet, ehe dann eine Dreherei aus Neuendorf einzog. Der Karosseriebetrieb wurde danach im hinteren Betriebsteil im deutlich kleineren Rahmen aufrecht erhalten.
„Es war insgesamt eine lange, sicher nicht immer einfache Zeit. Aber irgendwann muss eben mal Schluss sein“, bilanziert Gertrud Schmidt. Ihre Tochter ergänzt: „Der Kontakt zu den Kunden wird uns sicherlich fehlen, aber jetzt gilt es den Blick nach vorne zu richten.“
Ab Januar wird mit der Erik Walther GmbH & Co. KG aus Schweinfurt ein Großer der Szene die Sackenbacher Tankstelle weiterführen. Walther betreibt nach eigenen Angaben eines der größten Netze an freien Tankstellen in Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Thüringen. Neben den Tankstellen unterhält der Großhändler auch noch zwei Tanklager in Schweinfurt und Aschaffenburg sowie sechs eigene Tankschiffe. Im Raum Lohr ist Walther bereits mit einer Tankstelle in Partenstein vertreten. In Sackenbach wird voraussichtlich bereits im Januar ein neuer Tankautomat installiert, der das Zahlen nicht nur mit einer Kundenkarte, sondern auch per EC-Karte ermöglicht. Text: Ric/jun