Seit Oktober ist der 15 Jahre alte Louis Eck samstags immer ab 9 Uhr in der zum SOS-Kinderdorf Hohenroth gehörenden Villa Adelmann anzutreffen. Dort unterstützt Louis, der sonst seine Freizeit mit Tischtennis, Gitarrenspielen und dem Dienst als Ministrant verbringt, das Personal.
In der Villa Adelmann hilft er den Betreuten beim Anziehen, beim Zubereiten des Essens, liest aus der Zeitung vor und geht mit ihnen zum Einkaufen. Der Jugendliche besucht die Staatliche Realschule in Gemünden und wurde dort auf das EMIL-Projekt des Landkreises aufmerksam, bei dem im Laufe eines Schuljahres 80 Stunden ehrenamtlich bei einer sozialen Einrichtung zu leisten sind. Die Teilnahme daran ist den Schülern freigestellt und hat keine Auswirkung auf die Noten.
Im Heimatort Burgsinn
Louis war klar, dass er auf jeden Fall an diesem Freiwilligen Sozialen Schuljahr teilnehmen möchte, und wo er dieses absolvieren wollte – nämlich in der Villa Adelmann in seinem Heimatort Burgsinn. Allerdings war diese Einrichtung nicht auf der in der Schule verteilten Liste der teilnehmenden Einrichtungen aufgeführt. Doch davon ließ sich der Schüler nicht abhalten. Er sprach bei Birgit Grimm, Leiterin der Villa Adelmann, vor – mit Erfolg. Nachdem die Formalitäten erledigt worden waren, konnte er den Dienst dort beginnen.
Einige Minuten vor 9 Uhr betritt Louis die Villa Adelmann und geht gleich in das Esszimmer, um zu sehen ob beim Frühstück Unterstützung gebraucht wird. Am Tisch fehlt Manfred, er ist noch im Bad. Louis schaut nach ihm und hilft ihm dabei, sich fertigzumachen. Nach dem Frühstück geht der Jugendliche mit den Betreuten auf Einkaufstour. Heute herrscht Frost, deshalb zieht Louis Manfred eine dicke Jacke an, legt ihm einen Schal um den Hals und setzt ihm eine Mütze auf den Kopf.
Dann geht es in den nahen Getränkemarkt, um einige Flaschen Limonade zu kaufen. Anschließend läuft der Jugendliche mit Dietmar in den Einkaufsmarkt, wo sich dieser eine Fernsehzeitung und eine CD besorgen will. Dann ist es etwas ruhiger, dies nutzt der Schüler und tauscht in der Flurbeleuchtung zwei defekte Glühbirnen aus. Dann möchte Ingo einen Brief abschicken, und so läuft Louis mit ihm ins Dorf zum Postladen.
Mit etwas Skepsis, sagt Birgit Grimm, habe sie die Anfrage von Louis Eck zunächst betrachtet. Denn in der Villa Adelmann habe es bis dahin keinerlei Erfahrungen mit dem Freiwilligen Sozialen Schuljahr gegeben. Mittlerweile ist Grimm aber begeistert und sagt: „Louis ist eine Bereicherung für alle im Haus und eine Steigerung der Lebensqualität für die Pflegebedürftigen.“ So macht den Betreuten der wöchentliche Einkauf mit Louis großen Spaß, und dieser hat sich zu einem richtigen Erlebnis für die Bewohner entwickelt, berichtet Grimm weiter. Früher wurde eine Einkaufsliste zusammengestellt, nach der ein Betreuer die Artikel eingekauft hatte. Dank Louis kann nun jeder Bewohner selbst einkaufen. Wegen der positiven Erfahrungen mit dem 15-jährigen Louis Eck steht Grimm künftigen Bewerbern für ein Freiwilliges Soziales Schuljahr in der Villa Adelmann aufgeschlossen gegenüber.
Was er einmal beruflich machen möchte, weiß Louis noch nicht genau: „Mechatroniker, Technischer Zeichner oder vielleicht ja auch einen sozialen Beruf“, erklärt er. Es ist schon nach 11 Uhr, somit hat Louis die von ihm zu leistenden zwei Stunden bereits erfüllt. Aber: „Ich bleibe meistens drei Stunden, es macht mir einfach Spaß hier bei den Leuten“, sagt der Jugendliche. So möchte er, wenn er die 80 Jahresstunden erreicht hat, bis zu den Sommerferien seine Samstagvormittage mit den Menschen der Villa Adelmann verbringen.
Die sieben Bewohner haben Louis ins Herz geschlossen, das ist deutlich zu spüren. Zum Beispiel wenn Reinhard dem Jugendlichen seine Familienfotos zeigt, ihn spontan in die Arme nimmt und sagt: „Ich freue mich so, dass du hier bei uns bist“.
Soziales Schuljahr
An allen Mittelschulen und Realschulen im Landkreis Main-Spessart wurde im Schuljahr 2012/2013 das Freiwillige Soziale Schuljahr (FSSJ) für Schüler der achten und neunten Klassen eingeführt. Alle Schüler, die sich 80 Stunden außerhalb der Schulzeit ehrenamtlich engagieren, bekommen ein qualifiziertes Zeugnis, das der Schirmherr der Aktion, Landrat Thomas Schiebel, unterzeichnet hat. Dieses Zeugnis kann den Bewerbungsunterlagen beigelegt werden. EMIL, die Freiwilligenagentur des Landkreises, koordiniert das FSSJ, das Staatsministerium für Arbeit, Sozialordnung und Familie unterstützt es finanziell.