Für den Wahl-Frammersbacher Kolja Liebscher hat sich ein Lebenstraum erfüllt: Am Sonntag, 20. März, ist die offizielle Eröffnung seines Zimmertheaters mit Schatten- und Puppenspielbühne im ersten Stock der ehemaligen Tennisklause (heute Domizil des Gesangvereins) in der Orber Straße 106. Tags darauf, am weltweit begangenen Tag des Puppenspiels der internationalen Puppenspielorganisation UNIMA, ist von 10 bis 18 Uhr Tag der Offenen Tür in der heimelig anmutenden Spielstätte.
Große und kleine Besucher können das Schattenspiel „Fundevogel“ (Märchen der Gebrüder Grimm) miterleben. Seine Ideen schöpft „Schattenkolja“ aus Märchen, Geschichten und Heimatsagen. Im Gespräch mit dem Künstler wird schnell klar, dass das Schattenspiel für ihn Herzensangelegenheit ist. „Den moralischen Zeigefinger hebe ich nicht“, sagt der 60-Jährige. Er baue auch lustige Szenen ein oder biege es hin, dass die Macht der Liebe siege.
Seine Stimme hat einen warmen Klang. Bühne, Kulisse und die filigranen Schattenfiguren an Zügen hat der gelernte Tischler selbst entworfen und aus Sperrholz gearbeitet. Auf technische Ausstattung verzichtet er. Als Aktiver im Gesangverein Frammersbach sind für ihn das Erzeugen von Klanggeräuschen oder Gesang ein Leichtes. Bei der Ausstattung des Theaters hat er sich an der Tradition des europäischen Schattentheaters als familiäres Unterhaltungsvergnügen in Wohnzimmern und „Guten Stuben“ orientiert und die Platzzahl auf 15 bis maximal 20 Stühle beschränkt.
Aus Thüringen
Kolja Liebscher stammt aus Schleusingen in Thüringen. Dort und in Suhl hatte der einzige professionelle Schattenspieler Thüringens zwei eigene Bühnen und gestaltete pro Jahr gut 120 Auftritte. Am 1. September begeht er sein 15. Schattenspieljubiläum. „Da wollen meine Kollegen nach Frammersbach kommen“, freut er sich. Bis heute geht Liebscher im ganzen Bundesgebiet auf Theatertournee und tritt bei namhaften Festivals oder Veranstaltungen wie den Deutschen Märchentagen in Lübeck auf. Sein „Dornröschen“ (nach Gebrüder Grimm) wurde in Bochum mit dem Fritz-Wortelmann-Preis ausgezeichnet.
Bundesweit gebe es nur zirka 50 Schattentheater, sagt er. Im Vergleich dazu seien 150 Berufspuppenspielbühnen im Deutschen Puppenverbund. Das Puppentheater mit Marionetten, Handpuppen und Kasper im Bauchladen ist auch „Schattenkoljas“ zweite Schiene. Gefragt sind die Auftritte vor allem bei Freiluftfesten oder privaten Veranstaltungen.
Kolja Liebscher zog 2012 zu seiner Lebensgefährtin Martina Friedmann nach Frammersbach. „Im Ort wurde ich mit offenen Armen aufgenommen, dafür bin ich dankbar“, sagt er. Friedmann, Anton Nonnenmacher und Brigitte Lotz und Robert Amrhein vom Vorstand des Gesangvereins hätten ihn in der Umsetzung der neuen Spielstätte bestärkt.
Auftragsarbeit „Anno 1314“
Zur 700-jährigen erstkundlichen Erwähnung des Ortes Frammersbach hat er als Auftragsarbeit die mittelalterliche Heimatsage „Anno 1314 – Die Abenteuer des kleinen Konrad“ geschaffen. Das 50 Minuten dauernde Stück ist für Erwachsene und Kinder ab fünf Jahre geeignet. Es handelt von Freimann von Herbertshain, dem Leben der Menschen im Spessart und den Zwistigkeiten der herrschenden Grafen von Rieneck.
An den Osterfeiertagen spielt Liebscher das Märchen „Trollblume“. Für die Zukunft plant er Workshops für Kinder, bei denen er das Bauen von Schattenfiguren lehrt. Am 3. April ist er beim Garten- und Blumenmarkt in Frammersbach vertreten.
Im Zimmertheater sind Reservierungen erforderlich unter Tel. 01 57–59 63 53 77 oder per E-Mail an info@schattenkolja.de. Informationen auf www.schattenkolja.de.