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FRAMMERSBACH: Schlechtes Gewissen mit Alkohol weggedrückt

FRAMMERSBACH

Schlechtes Gewissen mit Alkohol weggedrückt

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    Der Griff zur Flasche, um das Leben überhaupt bewältigen zu können, erscheint einem Alkoholiker oft als einziger Ausweg.
    Der Griff zur Flasche, um das Leben überhaupt bewältigen zu können, erscheint einem Alkoholiker oft als einziger Ausweg. Foto: FOTO DPA

    Es gehe ihm nicht darum, Alkohol zu verbieten, sondern über die Gefahren aufzuklären, gab Andreas Räth den 25 Jugendlichen im Frammersbacher Jugendtreff Magic-Box am Dienstagabend zu verstehen. Der 44-jährige Arnsteiner weiß, wovon er spricht, denn er hat selbst eine Karriere als Alkoholiker hinter sich. Mit 14 habe er zum ersten Mal Bier getrunken, mit 16 habe er bewusst Alkohol eingesetzt, um lockerer zu werden.

    Eigentlich sei er sehr schüchtern gewesen und habe sich in der Tanzstunde kaum getraut, ein Mädchen anzusprechen. Mit einem Bier im Bauch und der entspannenden Wirkung des Alkohols im Kopf sei er mutiger geworden. „Zuerst habe ich nur am Wochenende gesoffen, später auch unter der Woche“, zeigt Räth schonungslos seine Biografie als Alkoholiker auf. Als 19-Jähriger war er schließlich schon „ganz unten“. Seine Arbeit als Elektriker bei Siemens hatte er verloren, weil er nicht mehr zur Arbeit ging.

    Hätte ihn sein Vater nicht aufgenommen, wäre er als Penner unter der Brücke gelandet. Auch nach der Hochzeit hat er weiter getrunken. Nach seiner packenden Schilderung der damaligen Situation hat seine Frau sehr unter seinen Alkoholexzessen, Kontrollverlusten und Ausfälligkeiten gelitten. Selbst die Geburt seines Sohnes hielt ihn nicht vom Trinken ab. Es gab Momente in denen ihm bewusst wurde, dass sein Trinkverhalten nicht normal ist, aber das schlechte Gewissen habe er mit Alkohol weggedrückt. Es sei schwer, einem Süchtigen mit Argumenten oder Druck beizukommen, denn „Alkoholiker sind notorische Lügner. Sie belügen sich selbst und ihre Umwelt“, gab Räth zu verstehen.

    Erst ein Unfall, bei dem glücklicherweise niemand verletzt wurde, und das erschrockene Schreien seines dreijährigen Neffen auf dem Rücksitz des Autos seien Auslöser für eine Kehrtwende gewesen. Als ihm nach dem Ex-Trinken von eineinhalb Gläsern Bier bewusst geworden war, dass sich in seinem Leben etwas ändern muss, habe er sich an die Telefonseelsorge gewandt und dort die Adresse vom Blauen Kreuz in Würzburg erhalten. Nach einer Entgiftung und einer Therapie habe er es schließlich geschafft, die Finger vom Alkohol zu lassen.

    Heute ist Räth selbst als Ehrenamtlicher für die Abstinenzlergruppe der Diakonie unterwegs. „Ich mache das auch für mich selbst“, räumt er offen ein. Denn obwohl er seit mehr als 16 Jahren trocken ist, ist die Rückfallgefahr allgegenwärtig. „Ich weiß nicht, was morgen ist,“ sagt er bescheiden, „der Suchtdruck ist immer noch da. „Einmal Alkoholiker, immer Alkoholiker.“ Es geht ein Stück Lebensqualität verloren, wenn man nie mehr ein Glas Wein genussvoll trinken kann, gesteht er ein. An die Jugendlichen appellierte er: „Trinkt mit Verstand und Genuss und nicht mit Gewalt. Wer sich sinnlos beim Komasaufen zulaufen lässt, wird schneller abhängig und schädigt seine Gesundheit.“

    Eine hitzige Diskussion entwickelte sich zum Thema „Alkohol und Kinder“. Kreisjugendpflegerin Andrea Schön appellierte an die älteren Juze-Besucher, verantwortungsvoller mit Alkohol umzugehen. „Ihr habt es doch selbst in der Hand, ob Ihr Eurem kleinen Bruder Alkohol gebt oder nicht“, gab sie zu verstehen. Auch Eltern oder Verkäuferinnen, die Kindern den Konsum ermöglichten, machten sich mitschuldig. Die Sozialpädagogin bedauerte, dass nicht ein einziger Erwachsener ins Jugendzentrum gekommen war, um sich zu informieren.

    Schön hatte zusammen mit dem Frammersbacher Jugendbetreuer Christoph von Maltzahn die Veranstaltung im Rahmen der Suchtwoche organisiert.

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